"Politische Tätigkeit" neu definiert

Am 20. Mai wurde der im Februar eingebrachte Änderungsentwurf zum „Agentengesetz“ in zweiter und dritter Lesung mit großer Mehrheit (drei Gegenstimmen) von der Staatsduma angenommen.

Es ging um eine Präzisierung des Begriffs der „politischen Tätigkeit“. Hierzu gehört in der neuen Fassung alles, was in irgendeiner Form mit der Staats- und Gesellschaftsordnung der Russischen Föderation zu tun hat - Außenpolitik, Verteidigung, lokale Selbstverwaltung, gesetzliche Regelung der bürgerlichen Rechte und Freiheiten.

Die Formen „politischer Tätigkeit“ werden in einer langen Liste aufgeführt. Dazu zählen u. a. Versammlungen, Kundgebungen, Demonstrationen, Mahnwachen, jede Art von Öffentlichkeitsarbeit, öffentliche Appelle an Staatsorgane und Amtspersonen, Mitwirkung bei der Bildung von Wahlkommissionen, Wahlbeobachtung oder der Beobachtung von Referenden, Meinungsbildung, Durchführung und Veröffentlichung von Meinungsumfragen sowie anderer soziologischer Untersuchungen.

Nichtregierungsorganisationen, die „politisch tätig“ sind und finanzielle Unterstützung aus dem Ausland erhalten, werden bekanntlich als „ausländische Agenten“ registriert.

Gegen diese Neufassung des Gesetzes hatte es etliche Proteste und Alternativentwürfe gegeben, nicht zuletzt von Seiten des Menschenrechtsrats, dessen Vorschläge von der Präsidialverwaltung jedoch zurückgewiesen wurde, da sie widersprüchlich seien und nicht im Einklang mit der geltenden Gesetzgebung stünden. NGOs befürchten, dass bei einer derart umfassenden Auslegung "politischer Tätigkeit" jede NGO unter diesen Begriff fallen könnte.

24. Mai 2016
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