Gegen Oleg Orlov (Vorstandsmitglied des Zentrums zum Schutz der Menschenrechte Memorial) wurde im März ein Verfahren wegen wiederholter Diskreditierung der Armee eingeleitet (Art. 280.3 des StGB der RF).

Nach den Festnahmen und stundenlangen Verhören mehrerer Moskauer Memorial-Mitglieder am 21. März war Orlov der einzige, gegen den konkret Anklage erhoben wurde. Er war bereits vorher zweimal – wegen Einzelkundgebungen mit Plakaten gegen den Krieg - in Ordnungsverfahren belangt worden (Art. 20.3.3 Ordnungsstrafrecht). Am 29. April wurde ihm die Anklageschrift ausgehändigt.

Das Verfahren wird jetzt einem Moskauer Bezirksgericht übergeben. Orlov teilte mit, dass er von Personen denunziert worden sei, die mit der Führung der Bewegung "Veteranen Russlands" in Verbindung stehen. Zur Last gelegt wird ihm vor allem sein Artikel zum Faschismus in Russland, der zunächst auf Französisch bei Mediapart erschienen war und den er bei Facebook gepostet hatte. Laut Anklage hat der Artikel das Ziel "auf das Bewusstsein der Leser einzuwirken“ durch einen Text, der "ein positives Bild von der Russischen Föderation zerstört“.

Das "Experten"-Gutachten wurde von einschlägig bekannten "Fachleuten" erstellt - darunter die Mathematiklehrerin Natalija Krjukova, die auf eine längere "Gutachter"-Karriere zurückblicken kann. Sie hat sich bereits in etlichen politischen Prozessen mit Einschätzungen hervorgetan, die - wunschgemäß - immer negativ für die Angeklagten ausfielen (nicht zuletzt bei Jurij Dmitriev).

Im März  wurde die Gesetzgebung noch einmal verschärft (jetzt können bis zu fünf Jahren Haft verhängt werden), aber da es hier um einen Vorfall geht, der vor der Gesetzesnovelle stattfand, dürfte das hier keine Rolle spielen.

2. Mai 2023

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