MEMORIAL und andere internationale Menschenrechtsgruppen kehren nach Tschetschenien zurück

Vor fünf Monaten verloren die Menschenrechtler in Russland und in der ganzen Welt eine Freundin und Kollegin - Natalja Estemirowa. Sie war eine führende Mitarbeiterin von MEMORIAL in Tschetschenien. Nach ihrer Ermordung am 15 Juli 2009 setzte MEMORIAL seine Arbeit in der Kaukasusrepublik aus. Seither haben die Machthaber in Tschetschenien nicht aufgehört, Menschenrechtler und all jene, die versuchen Gerechtigkeit im Angesicht der Willkür zu erlangen, zu verfolgen und einzuschüchtern. Einige von ihnen mussten Russland verlassen, weil ihr Leben dort in Gefahr war.  
So gab es niemanden mehr, an den sich Menschen in Tschetschenien wenden konnten, wenn ihre Rechte verletzt wurden. Gleichzeitig treffen weiter Berichte über Menschenrechtsverletzungen in Tschetschenien ein, darunter das Verschwinden von Menschen, Folter und brutales Vorgehen von Sicherheitsorganen, aber auch sogenannte „außergerichtliche" Hinrichtungen. Häuser von Verwandten derer, die im Verdacht stehen, gekämpft zu haben, werden abgebrannt. Die Verantwortlichen für all diese Verbrechen bleiben straflos.  
Unter diesen Umständen wird  das Vakuum, das MEMORIAL mit dem Verlassen von Tschetschenien hinterlassen hat, besonders schmerzhaft empfunden. Im November haben über 80 russische Menschenrechtsorganisationen an MEMORIAL appelliert,  nach Tschetschenien zurück zu kehren und zugesagt, alles in ihren Kräften Stehende zu tun, um MEMORIAL dabei zu unterstützen. Einige dieser Organisationen haben sich zusammengeschlossen, um eine Kommission ins Leben zu rufen, die die Hilfsleistungen für Opfer von Menschenrechtsverletzungen in Tschetschenien organisieren soll. Sie haben bereits begonnen, dort zu arbeiten.   Heute, am 16. Dezember 2009, hat das Europaparlament MEMORIAL in Person von Oleg Orlow und Sergej Kowaljow sowie Ludmila Alexejewa von der Moskauer Helsinki Gruppe mit dem Sacharow-Preis „Für Gedankenfreiheit" ausgezeichnet. Es erfüllt uns mit Trauer, dass unsere Freundin Natalja Estemirowa diesen Tag nicht mehr erlebt hat.  
In seiner Nobelpreisrede hat Andrej Sacharow gesagt, dass „wir heute für jeden einzelnen Menschen kämpfen müssen, gegen jeden einzelnen Fall von Ungerechtigkeit, gegen Menschenrechtsverletzungen. Davon hängt viel zu viel in unserer Zukunft ab“.  Wir, Amnesty International, Human Rights Watch, die Internationale Föderation der Menschenrechte (FIDH), MEMORIAL, die Civil Rights Defenders und die Moskauer Helsinki Gruppe, werden mit russischen und internationalen Menschenrechtsgruppen beim Monitoring der Situation in Tschetschenien zusammenarbeiten. Das Monitoring und die Verbreitung von Informationen über Menschenrechtsverletzungen in der Tschetschenischen Republik ist unsere gemeinsame Verpflichtung. Wir werden die Arbeit fortsetzen, um den Menschenrechtsverletzungen dort ein Ende zu bereiten und nach Kräften alles tun, damit die Verantwortlichen für diese Verbrechen vor Gericht gestellt werden. Den Einwohnern von Tschetschenien darf nicht die Möglichkeit genommen werden, ihr Recht vor Gericht einzuklagen.  

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