Am 30. Oktober wurde in Moskau das Denkmal für die Opfer der sowjetischen politischen Verfolgungen eingeweiht – die „Mauer der Trauer“. Sie befindet sich an der Kreuzung des Sacharov-Prospekts und des Gartenrings in Moskau. Zur Einweihung sprachen Präsident Putin und Patriarch Kirill.

Das Denkmal stellt menschliche Figuren – die Opfer der Repressionen – dar, darauf steht das Wort „Gedenke“ in 22 Sprachen. Das Terrain um das Denkmal ist mit Steinen gepflastert, die aus ehemaligen Lagern und Gefängnissen des GULAG stammen.

Mit der Aufstellung des Denkmals wird eine der zentralen Forderungen erfüllt, mit denen MEMORIAL seinerzeit angetreten war.

Aufgrund der aktuellen Menschenrechtssituation in Russland war die Reaktion hierauf zwiespältig. Ein heftiger Protest kam von einer Reihe ehemaliger politischer Häftlinge, die angesichts der heutigen politischen Situation und der Tatsache, dass es auch heute politische Gefangene in Russland gibt, kategorisch jede Kooperation mit dem Staat im Zusammenhang mit Gedenkaktionen ablehnen: „Man kann sich nicht an Gedenkmaßnahmen der Machthaber beteiligen, die die Opfer des Sowjetregimes verbal beklagen, in der Tat jedoch die politischen Verfolgungen fortsetzen und die Freiheit im Land unterdrücken. Man darf nicht zulassen, dass die autoritäre Regierung einerseits Denkmäler für Opfer von Verfolgungen einweiht und andererseits Willkür und Gesetzlosigkeit schafft. Eine Zusammenarbeit mit der Regierung in dieser Frage ist zumindest unmoralisch.

Der „Kongress der Intelligenz“ wies in einer Erklärung darauf hin, dass es in der heutigen gesellschaftlichen Atmosphäre besorgniserregende Parallelen zu jener in der Zeit vor Beginn des Stalinschen Terrors gibt.

Das Denkmal sei „ein Zeichen der Anerkennung der Verbrechen, die in den 30er Jahren begangen wurden. Leider ist diese Tragödie noch immer nicht zu einem Ende gekommen.
Bekanntlich nahmen die Stalinschen Verfolgungen mit einer Hetzjagd gegen Oppositionelle in der Presse und auf Parteiversammlungen ihren Anfang, und sie endeten mit den Foltern in den Kellern der Lubjanka, mit Hinrichtungen durch Genickschuss und mit Massenerschießungen. Heute, achtzig Jahre später, möchten wir die Regierung darauf aufmerksam machen, dass die Atmosphäre in den letzten Jahren, seit 2012, zu Besorgnis Anlass gibt: Anstelle der alten Begriffe – ‚Volksfeind‘, ‚Spion‘ oder ‚Schädling‘ wurden neue Termini eingeführt, die sich von den vorigen allerdings kaum unterscheiden: ‚ausländischer Agent‘, eine ‚unerwünschte Organisation‘, ‚fünfte Kolonne‘.(...)


Die Aufstellung eines Denkmals für politisch Verfolgte des Stalin-Regims muss eine Garantie dafür werden, dass unsere Nachkommen nach achtzig Jahren nicht ein weiteres Denkmal einweihen müssen, für die Opfer der Verfolgungen der Zehner und Zwanziger Jahre des 21. Jahrhunderts.

Diese Erklärung wurde von über 2000 Personen unterzeichnet.

Am 30. Oktober veröffentlichte das Menschenrechtszentrum Memorial aktualisierte (naturgemäß unvollständige) Listen politischer Gefangener (mit Stand vom 29. Oktober), in denen insgesamt 117 Personen verzeichnet sind.

31. Oktober 2017
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