Am 25. April 2018 verlängerte das Bezirksgericht Staropromyslowskij in Grozny die gegen Ojub Titiev, Leiter des Menschenrechtszentrums Memorial in Grozny, verhängte Untersuchungshaft um einen Monat bis zum 9. Juni 2018, wie das Menschenrechtszentrum Memorial meldet.

 

 

Die Anwälte Titievs wurden über das Datum der Verhandlung nicht informiert. Dass der Termin für den 15. April, 15.00 Uhr, anberaumt worden war, wurde erst bekannt, als Titievs Anwältin Marina Dubrovina auf eigene Initiative bei Gericht anrief. Auf der am selben Tag in Moskau stattfindenden Pressekonferenz erklärten die Anwälte Petr Zaikin und Ilja Novikov, dass der Ermittler, der im Voraus von ihrer Reise nach Moskau wusste, versichert hatte, dass es in den nächsten Tagen keine Aktionen im Verfahren Titiev geben werde. Die Richterin v. A. Gortschanova führte die Verhandlung; Titiev wurde von der Anwältin Marina Dubrovina verteidigt, die das Menschenrechtszentrum Memorial engagiert hatte.

Zu Beginn der Verhandlung hatte Ojub Titiev die Verschiebung auf einen späteren Zeitpunkt beantragt, damit seine Anwälte Petr Zaikin und Ilja Novikov, die sich an diesem Tag in Moskau befanden, teilnehmen könnten. Das Gericht aber wies den Antrag zurück. Danach stellte Marina Dubrovina den Antrag, dem Beschuldigten zu gestatten, neben dem Anwalt Platz nehmen zu dürfen, das Gericht lehnte auch diesen Antrag ab. Die Vertreter der Ermittlung beantragten, Titievs Haft um einen Monat zu verlängern. Der Antrag wurde damit begründet, dass Titiev eines Verbrechens angeklagt wird, das als „schweres Verbrechen“ gilt. Besonders zynisch aber klingt das Argument der Ermittler, Titiev könne vor der Untersuchungsbehörde und dem Gericht fliehen, kriminellen Tätigkeiten nachgehen, Zeugen und andere in das Gerichtsverfahren Involvierte bedrohen, Beweise vernichten oder auf anderem Weg das Strafverfahren behindern, weil „die Familienangehörigen des Beschuldigten Titiev O. S. sich außerhalb der Grenzen der Republik Tschetschenien aufhalten und Titiev dort, wo er gemeldet ist, keinen Wohnraum (kein Hauseigentum) hat.“

Wir erinnern, dass das „Hauseigentum“ Ojub Titievs dort nur deswegen nicht vorhanden ist, weil es zu den Häusern gehörte, deren Bewohner ohne jegliche Rechtsgrundlage aus ihnen vertrieben und deren Häuser selbst von den Behörden der Republik Tschetschenien zum Abriss bestimmt wurden. Ihren Bewohnern wurde eine Kompensation oder eine Bereitstellung von Wohnraum in der Zukunft versprochen, allerdings wurden keine Dokumente, die eine Kompensation garantierten ausgefertigt und unterschrieben. Bis zum Zeitpunkt des Erhalts der Entschädigung wird ersucht, bei Verwandten zu wohnen oder auf eigene Kosten eine Unterkunft zu mieten.

Am 13. Februar hatten Mitarbeiter der Bezirksverwaltung Kurtschaloj Ojub Titiev in der Untersuchungshaft besucht. Sie informierten ihn über den Abriss und boten ihm in der Zukunft eine andere Unterkunft in Kurtschaloj an. Nach Titievs Worten sah das Angebot akzeptabel aus und er nahm es an, Dokumente zur Unterschrift allerdings bot man ihm nicht an. Auf diese Weise verlor Titiev seinen Wohnsitz erst nach seiner Verhaftung, und diese Tatsache wird nun als Argument benutzt, seine Haft zu verlängern. Ojub Titiev und seinen Anwältin wandten sich gegen die Entsprechung des Antrags des Ermittlers zur Haftverlängerung und forderten eine Zwangsmaßnahme in Form von Hausarrest. Das Gericht stimmte den Argumenten der Ermittlung zur Schwere des Verbrechens ebenso zu wie dem Argument, der Beschuldigte könnte fliehen oder auf andere Weise die Untersuchung des Falls auf andere Weise behindern, und beschloß eine Verlängerung der Haft bis zum 9. Juni 2018.

Wie wir bereits berichteten, wurde Titiev am 9. Januar 2018 verhaftet, weil angeblich bei einer Kontrolle seines Wagens ein Paket mit Marihuana gefunden worden sei. Am 10. Januar wurde er gemäß § 228.2 StGB RF (Erwerb und Besitz von Drogen in großem Umfang) angeklagt. Ojub Titiev bekennt sich nicht schuldig. Seine Kollegen sind überzeugt, dass das Verfahren vollständig fabriziert ist und die Beweise untergeschoben sind.

 

1. Mai 2018

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