Am 11.-13. März führte die Polizei in Perm eine Reihe „operativer Maßnahmen“ in Geheimdienstmanier – Festnahmen, Haussuchungen, Verhöre – gegen ehemalige Aktivisten der dortigen Memorial-Verbands durch, den die Behörden 2022 aufgelöst hatten.

 


Foto: Alexander Tschernyschov


Einer der Aktivisten von Memorial wurde angerufen und aufgefordert, auf die Straße zu kommen – dort wurde er in ein Auto gezerrt und ins „Extremismus-Zentrum“ (E-Zentrum, das berüchtigte Zentrum zur Extremismus-Bekämpfung) gebracht. In einem „Gespräch“ fragte man ihn aus über den ehemaligen Leiter der Organisation, Robert Latypov, der sich derzeit im Ausland aufhält. Mitarbeiter des E-Zentrums zwangen den Freiwilligen, in seinem Namen von seinem Mobiltelefon aus mehrere Mitteilungen an Latypov zu schicken, um von letzterem Informationen zum Archiv von Memorial Perm zu enthalten, für die sich das E-Zentrum interessierte.

Der Freiwillige wurde zwei Tage in Haft gehalten, am 13. März verurteilte man ihn wegen angeblichen Widerstands gegen die Staatsgewalt zu einer Geldstrafe von 3.000 Rubeln. Man brachte ihn danach umgehend in seine derzeitige Wohnung, wo momentan auch Eigentum des aufgelösten Memorial-Verbands aufbewahrt wurde. Zwei Dutzend Polizisten nahmen aus der Wohnung alles mit, was nur ging: Bücher, darunter Gedenkbücher, Dokumente, mehrere Wanderausstellungen, die Memorial in den letzten Jahren gezeigt hatte. Dem Freiwilligen wurden Arbeitsmaterialien weggenommen – Datenträger, Computer, Telefone, Simkarten.

Kurz zuvor hatte das E-Zentrum bereits den Leiter des Permer Zentrums für historisches Gedenken Alexander Tschernyschov festgenommen. Nach einem Verhör nahmen sie auch in seiner Wohnung eine Haussuchung vor und beschlagnahmten Arbeitsmittel, d. i. Computer und Datenträger. Am Sonntag, 12. März, folgte die nächste Durchsuchung – im Büro des Zentrums für historisches Gedenken, wieder unter Mitnahme von Festplatten und Computern.

Haussuchungsbefehle wurden in keinem Fall vorgelegt, Kopien von Protokollen der Durchsuchungen nicht herausgegeben, Anwälte anzurufen wurde nicht gestattet.
Offenbar interessierte sich das E-Zentrum in erster Linie dafür, dass Memorial Perm nach seiner Auflösung sein Archiv nach Moskau übermittelt hatte.

16. März 2023

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