Eine fotografische Dokumentation von Tomasz Kizny

Sonderausstellung vom 6. März bis 19. April 2015


 


In der Reihe der stalinistischen Verbrechen in der Sowjetunion war der „Große Terror“ in den Jahren 1937 und 1938 beispiellos in seinem Ausmaß. Ganz im Gegensatz zu den damals unter großem Propagandaaufwand geführten öffentlichen Moskauer und lokalen Schauprozessen vollzog sich der „Große Terror“ unter dem Siegel strengster Geheimhaltung. In nur 16 Monaten fielen ihm etwa 1,5 Millionen Sowjetbürger zum Opfer. Landesweit und aus allen sozialen Schichten verschwanden Menschen für immer – in geheimen Operationen verhaftet, von geheimen Standgerichten ohne Verteidigung, oft sogar in Abwesenheit als „Volksfeinde“ abgeurteilt. 750.000 Opfer wurden sofort ermordet und in geheimen Massengräbern verscharrt.


 


Letzte Zeugnisse dieser Menschen sind Gefängnisfotos, die im Rahmen der polizeilichen Routine, ein, zwei Tage, manchmal nur wenige Stunden vor ihrer Ermordung gemacht wurden, dann für Jahrzehnte in Geheimarchiven verborgen lagen und erst Anfang der 1990er Jahre öffentlich bekannt wurden.


 


Seit 2006 hat der polnische Fotograf und Journalist Tomasz Kizny viele dieser Aufnahmen gesichtet. Er machte Orte von Massengräbern ausfindig und fotografierte sie. Er führte Interviews mit betroffenen Familien, die oft noch bis zum Zusammenbruch der Sowjetunion 1991 im Ungewissen geblieben waren über das Schicksal ihrer verschwundenen Angehörigen. Denn, so Kizny: „Im Russland Stalins folgte der physischen Vernichtung eines Menschen die Tilgung seines Bildes, die Auslöschung aller Spuren seiner Existenz, die Verurteilung zur ‚damnatio memoriae’ – zur Verdammung des Andenkens.“


 


Die Ausstellung holt einige der Millionen Opfer des stalinistischen Terrors aus der Anonymität zurück. Sie gibt ihnen ihr Gesicht wieder und bereitet ihnen so ein nachträgliches Andenken. Gezeigt werden 80 Gefängnisfotografien der Opfer in vergrößerten Abzügen sowie weitere 200 als audiovisuelle Projektion, jeweils mit kurzen biografischen Angaben.


 


Über Medienstationen sind acht Video-Interviews abrufbar, in denen sich Augenzeugen – meist die Kinder von Ermordeten – erinnern: an die Verhaftungen, an die quälende Ungewissheit und ihre vergeblichen Versuche, letzte Spuren ihrer verschwundenen Angehörigen ausfindig zu machen. Eine Projektion zeigt Fotografien, die Tomasz Kizny von 40 geheimen Hinrichtungsstätten und Massengräbern in Russland, der Ukraine und Weißrussland aufgenommen hat.



Nach Stationen in Polen, der Schweiz, Frankreich und Russland ist die Ausstellung nun erstmals in Deutschland zu sehen.

Autor der Ausstellung: Tomasz Kizny
geb. 1958, Fotograf und Journalist, Mitbegründer der Unabhängigen Fotoagentur Dementi, die 1982 nach der Verhängung des Kriegsrechts in Polen gegründet wurde und bis 1989 im Untergrund tätig war.
In den 1990er Jahren realisierte Tomasz Kizny ein Fotoprojekt über den sowjetischen GULAG. Das daraus entstandene Buch "GULAG" erschien 2003 und wurde in sieben Sprachen veröffentlicht.
Für das Projekt "Der Große Terror" fotografierte und recherchierte Tomasz Kizny in den Jahren 2008-2010 in Russland, der Ukraine und Weißrussland. Sein Buch "La Grande Terreur en URSS 1937-1938" erschien 2013 auf Französisch und Polnisch.
Thomas Kizny lebt in Wrocław.

Ausstellungskuratoren
Dominique Roynette und Piotr Wójcik

 


 


Projekt und Ausstellung
Das dokumentarische Projekt Der Große Terror 1937–1938 wurde in den Jahren 2008–2011 aus Mitteln der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur und der Gerda Henkel Stiftung finanziert.
Tomasz Kizny hat das Projekt während seines Forschungsaufenthaltes am Wissenschaftskolleg zu Berlin im Jahr 2006/2007 begonnen. Die Institution  unterstützte das Projekt auch in den folgenden Jahren.
In der Russischen Föderation wurde das Projekt in Zusammenarbeit mit der Internationalen Gesellschaft MEMORIAL in Moskau realisiert.

Die Ausstellung wurde gefördert mit Mitteln der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur.

Die Ausstellung wurde realisiert von der Stiftung Opowiedz To – Picture This, Stiftung Picture Doc in Zusammenarbeit mit der Brandenburgischen Gesellschaft für Kultur und Geschichte gGmbH/ Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte.


Besucheradresse

Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte


Kutschstall, Am Neuen Markt 9, 14467 Potsdam


Infotelefon: 0331/62085-50 | E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! | www.hbpg.de


 


Öffnungszeiten


Di–Do 10–17 Uhr, Fr–So und an Feiertagen 10–18 Uhr, Mo geschlossen


 


Eintritt


3 Euro/erm. 2 Euro, freitags 2 Euro

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MEMORIAL Deutschland e.V. · Haus der Demokratie und Menschenrechte · Greifswalder Straße 4 · 10405 Berlin
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