Der 30 März ist der Geburtstag Arsenij Roginskijs. Roginskij war Dissident und Historiker, politischer Gefangener und Menschenrechtler, einer der Gründer und wesentlichen Inspiratoren von Memorial. Roginskij begann den Kampf um die historische Wahrheit und die Menschenrechte noch bevor Memorial gegründet wurde. Unsere heute Arbeit wäre ohne ihn nicht möglich.

Der Gedenktag an Roginskij wird eingeleitet durch einen öffentlichen Vortrag des italienischen Historikers Carlo Ginzburg. „Der Historiker und der Richter“ (Orig. italienisch, wahlweise mit englischen und russischen Untertiteln).

In der zweiten Tageshälfte veranstalten die Memorial-Verbände in Deutschland, Frankreich, Italien, Frankreich und Tschechien eine Podiumsdiskussion zum Thema „Der Historiker und der Richter“. Hier sollen die Fragen diskutiert werden, die Ginzburg in seinem Vortrag anspricht: Welches die Position des Historikers in der modernen Welt sind, warum sich die moderne Propaganda auf der Manipulation der Geschichte stützt, worin die langfristigen Folgen der Vergangenheit bestehen und ob es eine historische Gerechtigkeit gibt.

Wenn Sie an der Diskussion teilnehmen möchten, registrieren Sie sich bitte hier: https://us06web.zoom.us/webinar/register/WN_tMgIDM8XTtSszqm3vJpleQ

Eine Stunde vor Beginn der Veranstaltung werden Sie eine Erinnerungs-Mail erhalten. Die Diskussion findet in russischer und englischer Sprache statt.

Programm:

Veröffentlichung des Videos vom Vortrag Carlo Ginzburgs: „Der Historiker und der Richter“

12.00 (Moskauer Zeit), 11.00 (MESZ) – Facebook Общества Мемориал, Facebook Мемориала Италия, Facebook и Youtube Mémorial France, Facebook Memorial Deutschland, Facebook Memorial Tschechien

Podiumsdiskussion „Der Historiker und der Richter“

18.00 (Moskauer Zeit), 17.00 (MESZ)
Übertragung des Vortrags von Carlo Ginzburg im Webinar

Diskussionsteilnehmer:

Daniela Kolenovská, Historikerin, Mitglied von Memorial Tschechien, Leiterin des Lehrstuhls für Russland- und Osteuropastudien an der Fakultät für Sozialwissenschaften der Karlsuniversität in Prag

Daniela Steila, Mitglied von Memorial Italia, Professorin für Philosophiegeschichte der Universität Turin, Spezialistin für russische Philosophie und Kultur

Liora Israël, wissenschaftliche Leiterin der Hochschule für Sozialwissenschaften (EHESS), Mitglied es Maurice-Halbwachs-Zentrums (Paris)

Maksim Trudoljubov, Politologe, Journalist, Kolumnist bei „Meduza“, „Snoba“, „The New York Times”

Moderatorin: Irina Schtscherbakova, MItglied des Vorstands des Wissenschaftlichen Zentrums für Information und Aufklärung, Memorial (NIPC)

 

Arsenij Roginskij wurde am 30. März 1946 in Velsk/Gebiet Archangelsk geboren. Dort lebte sein Vater in „ewiger Verbannung“. Nach einigen Jahren wurde er erneut verhaftet und kam in der Haft ums Leben. Nach seiner posthumen Rehabilitierung im Jahre 1956 kehrte die Familie nach Leningrad zurück.

1962-1968 studierte Arsenij Roginskij an der historisch-philologischen Fakultät der Universität Tartu, er war Schüler von Jurij Lotman. Seit Mitte der 60er Jahre publizierte der junge Historiker Aufsätze und Dokumente über die russische Befreiungsbewegung des 19. Jahrhunderts.

Allmählich wandte sich Roginskijs wissenschaftliches Interesse der Geschichte Russlands und der UdSSR im 20. Jahrhundert zu. Während des Studiums in Tartu verkehrte er mit vielen Moskauern, künftigen Dissidenten und Menschenrechtlern. Die Devise Roginskijs und seiner Ko-Autoren der 1970er Jahre kann man mit seinen eigenen Worten als „Notwendigkeit der Rückkehr des historischen Gedächtnisses“ und der „Wiederherstellung einer unabhängigen historischen Wissenschaft“ bezeichnen.

Diese Idee versuchten er und seine Freunde umzusetzen. Sie gründeten den ersten historischen Sammelband „Pamjat“ (Erinnerung), der im Samizdat erschien. 1975-1981 war Roginskij Redaktionsleiter. „Die Redaktion hält es für ihre Pflicht, alle derzeit zum Untergang, zum Verschwinden verurteilten historischen Fakten und Namen vor dem Vergessen zu bewahren, vor allem die Namen jener, die umkamen, verfolgt, verleumdet wurden, die Schicksale von Familien, die zerschlagen oder vollständig vernichtet wurden, ebenfalls die Namen derer, die hingerichtet, angeprangert, denunziert wurden (…) vor allem geht es uns darum, historische Fakten aus dem Nichtsein herauszuholen, sie vor dem Vergessen zu bewahren und bekannt zu machen, sowohl in Kreisen der Wissenschaft als auch in der Gesellschaft.“

1977 wurde in Roginskijs Wohnung die erste Hausdurchsuchung durchgeführt. Nach einer erneuten Haussuchung wurde Roginskij auf Anweisung des KGB aus der Schule entlassen, die Lehrerlaubnis wurde ihm entzogen. 1981 wurde ihm verboten, die öffentliche Saltykov-Schtschedrin-Bibliothek zu benutzen, weil er „Dokumente in einem ausländischen antisowjetischen Verlag“ publiziert habe.

1981 wurde Roginskij verhaftet und wegen „Urkundenfälschung“ zu vier Jahren Freiheitsentzug verurteilt. Nach der Haftentlassung nahm er seine wissenschaftliche Arbeit wieder auf. Von 1990 bis 1993 war er Experte beim Komitee des Obersten Sowjets der Russischen Föderation für Menschenrechte, bei der Kommission des Obersten Sowjets für die Übergabe der KPdSU- und KGB-Archive in staatliche Aufbewahrung sowie der Kommission für Rehabilitierung der Opfer politischer Verfolgungen.

1988-1989 gehörte er zu den Gründern der Gesellschaft Memorial. Er leitete deren wissenschaftlichen Programme und war Mitglied im Vorstand von Memorial Russland und Vorstandsvorsitzender von Memorial International.

Gesellschaft Memorial

30. März 2022 

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