Heute kam es erneut zu mehreren Haussuchungen im Perm. Betroffen waren etliche Aktivisten aus der Zivilgesellschaft, darunter Svetlana Makovezkaja, Ivan Averkiev, Tatjana Margolina, Vera Sedinina, Tatjana Tscherepanova, Nadedzhda Agischeva, Oksana Asaulenko und Sergej Maksimov. Tatjana Margolina war seinerzeit Menschenrechtsbeauftragte von Perm, sie sowie Svetlana Makovezkaja gehören heute dem Menschenrechtsrat beim Präsidenten an. Mehrere der Betroffenen sind Mitglieder des Zentrums für historische Erinnerung (der Nachfolge-Organisation von Memorial Perm).
Bei den Haussuchungen wurden, wie üblich, etliche Arbeitsmaterialien beschlagnahmt. Insbesondere wurde das Privatarchiv von Ivan Averkiev mitgenommen, das u. a. Unterlagen über die Untergrundtätigkeit in Perm in den 1980-er Jahren enthält und von unschätzbarem Wert ist. Die Durchsuchung richtete sich dabei eigentlich gegen seine Frau Svetlana Makovezkaja.
Die Aktionen setzen die Razzien von Mitte März fort. Selbst die Wohnung von Robert Latypov wurde aufgesucht, der sich schon seit längerer Zeit in Deutschland aufhält.
Gegen Latypov und Aleksandr Tschernyschov (der gerade eine Ordnungshaft in Moskau verbüßt, die am 20. Mai endet) wurde ein Strafverfahren eingeleitet wegen „versuchten Schmuggels von Kulturgütern“. Gemeint ist die Übermittlung von Teilen des Archivs von Memorial Perm nach Moskau. Die Sendung kam jedoch nie beim Empfänger an, sondern wurde in Moskau von den Behörden beschlagnahmt.
Unterstellt wird, Latypov und Tschernyschov hätten versucht, Archivdokumente nach Deutschland zu bringen, die einen kulturellen und historischen Wert darstellen. Das FSB und die lokale Innenbehörde führen gemeinsam die Ermittlungen durch. Die von den Durchsuchungen betroffenen Personen mussten sich offenbar zum Schweigen verpflichten und sind für die nächste Woche zur Vernehmung vorgeladen. Sie gelten in dem Verfahren als Zeugen.
19. Mai 2023