Allen Bemühungen der autonomen Nichtregierungsorganisation (ANO) Perm-36 zum Trotz, den Gouverneur Viktor Basargin zu überzeugen, und ungeachtet all unserer Appelle (wir haben über 70.000 Unterschriften gesammelt) wurde beschlossen, den Kurs zu ändern. Aus „Perm-36“ soll ein Museum werden, das von der schweren und edelmütigen Arbeit der heldenhaften GULAG-Mitarbeiter berichtet und zeigt, welche Technologie sie nutzten, um unser großes Volk vor der fünften Kolonne und Nazis aus der Ukraine zu schützen.
Stellen Sie sich vor – im Ernst! Die erste Ausstellung im neuen „Perm-36“ ist genau diesem Thema gewidmet - den Mitteln und technischen Methoden der Wachmannschaft, niederträchtige Nationalisten, Faschisten und Vaterlandsverräter in Gefangenschaft zu halten.
Im Oktober hatte eine Besprechung im Beisein von Michail Fedotov (dem Vorsitzenden des Menschenrechtsrats) und Vladimir Lukin (ehemaliger Menschenrechtsbeauftragter) stattgefunden. Damals sah es so aus, als hätte man sich mit der Administration geeinigt. Es ging jetzt nur noch darum, einen Kooperationsvertrag zwischen den beteiligten zivilgesellschaftlichen und staatlichen Institutionen abzuschließen.
Damit hatte man Dampf abgelassen, und alle beruhigten sich. Und dann fanden mehrere geheime Zusammenkünfte statt, man übte Druck aus … Das ist eine sonderbare Geschichte. Bei den Diskussionen in der Präsidentenadministration hieß es ausdrücklich, das Museum solle in der bisherigen Form erhalten bleiben, und das Tauziehen müsse beendet werden. Es gab viele Versprechungen. Aber dann schalteten sich irgendwelche „unsichtbaren Kräfte“ ein. Das ist schändlich und unsauber.
Man hat die ANO Perm-36 dahin gebracht, dass sie keine andere Lösung mehr sah als die Selbstauflösung. Abgesehen von ständigen Versuchen, ihr den Status eines „ausländischen Agenten“ anzuhängen, und endlosen Schikanen und Geldstrafen, bestand der Hauptgrund darin, dass die neue Museumsleitung die Zielsetzung des Museums unbedingt ändern und das Museum umfunktionieren wollte.
Der ganze Skandal hatte damit begonnen, als die Idee aufgekommen war, Perm-36 ins Bundesprogramm zum Gedenken an die Opfer politischer Verfolgungen zu integrieren. Das stellte eine Finanzierung von etwa 500 Millionen Rubeln in Aussicht. Was folgte, glich einer feindlichen Übernahme: Ohne dass die ANO "Perm 36" davon Kenntnis gehabt hätte, wurde eine staatliche Organisation ins Leben gerufen und die bisherige Direktorin des Museums (Tatjana Kursina) abgesetzt, und erst dann wurde die ANO „Perm-36“ informiert. Dabei ist es diese Organisation gewesen, die das Museum ins Leben gerufen und eingerichtet hat; ich selbst habe die ersten Steine mit angebracht.
Jetzt stellt sich die Frage, ob das „neue“ Museum überhaupt noch eine Gedenkstätte sein wird oder nicht. Die UNESCO hatte Interesse angemeldet: Es sollte den Status eines Denkmals der Weltgeschichte bekommen. Wie soll sich MEMORIAL Perm dazu verhalten? Wir werden (…) uns dafür einsetzen, dass das Museum in seiner augenblicklichen Ausrichtung weder ins Programm zum Gedenken an die Opfer politischer Verfolgung integriert noch in das Verzeichnis der UNESCO aufgenommen wird.
Die Stadt Perm hatte seinerzeit den Ruf, die Hauptstadt der Zivilgesellschaft zu sein. Jetzt ist es ein Ort, der sich im Niedergang befindet. Wie übrigens ganz Russland. Die Geschichte mit „Perm-36“ fügt sich in den gesamten Hintergrund ein, es entspricht der gesamten derzeitigen Entwicklung in Russland: Krieg, die Ermordung von Nemzow …
Es bleibt kaum noch Luft zum Atmen.