44 Jahre Moskauer Helsinki Gruppe

Aus diesem Anlass veröffentlichen wir hier ein am 14. Mai erschienenes Interview von Vladimir Lionter mit Sergej Krivenko in deutscher Übersetzung. Sergej Krivenko ist Leiter der NGO "Grazhdanin i armija"(Bürger und Armee), die sich für die Rechte Zivildienstleistender und Wehrpflichtiger einsetzt; er ist Mitglied im Vorstand von Memorial International und seit 2011 Mitglied der Moskauer Helsinki-Gruppe.

Am 12. Mai wurde die älteste Menschenrechtsorganisation Russlands 44 Jahre alt. Entstanden während der Epoche der Verfolgung von Dissidenten, als nur eine einzige Meinung – die der herrschenden Elite – als die richtige galt, verteidigt die Moskauer Helsinki Gruppe auch in den heutigen, unruhigen Zeiten weiterhin die vom Staat verletzten Rechte der Bürger.

Gegründet wurde die Organisation von elf Menschenrechtsaktivisten unter der Leitung des sowjetischen Physikers Jurij Orlov (geb. 1924) mit dem Ziel, die Einhaltung der Schlussakte der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa zu fördern, die vom 30. Juli bzw. 1 August .1975 von 35 Ländern in der Hauptstadt Finnlands Helsinki unterschrieben wurde. Von Anbeginn an waren die Mitglieder der Moskauer Helsinki Gruppe beständig Verfolgungen durch die sowjetischen Sicherheitsbehörden ausgesetzt. Ein großer Teil der Aktivisten wurde zu unterschiedlich langen Gefängnisstrafen verurteilt oder in die Verbannung geschickt. Sechs wies man aus der UdSSR aus und entzog ihnen die Staatsangehörigkeit.

Da es unmöglich war, ihren Aufgaben weiterhin nachzukommen,trafen die drei noch in Freiheit befindlichen Mitglieder der MHG 1982 unter staatlichem Druck die Entscheidung, ihre Tätigkeit einzustellen. Erst 1989, sieben Jahre später,konnten sie ihre Arbeit wieder aufnehmen, Vorsitzende wurde die Linguistin und Publizistin Larissa Bogoraz (1929 – 2004). 1996 übernahm eine der Gründerinnen der MHG die Stafette, die bedeutende Menschenrechtsaktivistin Ljudmila Aleksejeva (1927 – 2018), nach deren Tod es zu einer Umstrukturierung der Leitung kam und die Posten dreier Co-Vorsitzender eingeführt wurden. Gegenwärtig sind das Valerij Borschtschev, Dmitrij Makarov und Vjatscheslav Bachmin. Über die derzeitigen Aktivitäten der MHG und die Einhaltung von Menschenrechten im heutigen Russland sprachen wir mit Sergej Krivenko, einem der ersten Mitglieder der Internationalen Gesellschaft für historische Aufklärung und Menschenrechte „Memorial“ und Mitglied der MHG.

Guten Tag, Sergej Vladimirovitsch! Sie beschäftigen sich schon seit mehr als dreißig Jahren mit Menschenrechten. Was gab Ihnen ursprünglich den Anstoß dazu?

In der Tat bin ich seit Ende der 80er Jahre bei Memorial, wo ich mich mit historischen Fragen beschäftigte, mit der Arbeit in Archiven. Ich bin einer der Autoren des Gulag-Handbuches, das Ende der 90er Jahre herausgegeben wurde. Anfang der 2000er wurde ich im Menschenrechtsbereich aktiv, ich kümmerte mich um die Rechte von Wehrpflichtigen und Zivildienstleistenden und dann auch von Militärangehörigen.

Aber wie kamen Sie in Richtung Menschenrechte?

Bei Memorial gab es einen Kreis Verfolgter, denen man soziale Fürsorge angedeihen ließ. In den Verbänden, die sich damit in den 90er Jahren beschäftigten, tauchten junge Leute aus Deutschland auf. In Deutschland existierte seit Beginn der 60er Jahre für fast 40 Jahre der zivile Ersatzdienst, bei dem junge Deutsche anstelle des Bundeswehrdienstes Zivildienst leisten konnten. Einige machten dies bei Memorial. Während wir diese Aktivitäten organisierten, begannen wir darüber nachzudenken, warum unsere jungen Leute diese Möglichkeit nicht hatten. Allmählich orientierte ich mich bei meiner Arbeit dann auf die ganze Armee. Wir führten ein Monitoring zu den Arbeitsbedingungen der Wehrpflichtigen durch. Die Daten stellten wir den Leitern der Region zur Verfügung. In jenen Jahren war die Zusammenarbeit viel einfacher als heute. In der Zeit nach 2012 wurde alles deutlich schlechter.

So wie der erste Leiter der MHG Jurij Orlov und auch Andrej Sacharov sind auch Sie Physiker. Können Sie eine solche Prävalenz von Physikern in den russischen Menschenrechtskreisen erklären?

Die Physik erforscht, wie jede andere Wissenschaft auch, die Realität. Sie half mir sehr, das System der Menschenrechte zu verstehen, und auch die Prozeduren und die Technik der Arbeit mit der Realität. Aber bei uns gibt es nicht nur Physiker, sondern auch Chemiker und Vertreter anderer Wissenschaften. Aber am ehesten hat die Sache mit der gut aufstellten sowjetischen Grundbildung zu tun. Umso mehr, als in den exakten Wissenschaften der Einfluss solcher humanitärer Disziplinen wie der \'Geschichte der KPdSU\' und des \'Wissenschaftlicher Kommunismus\' geringer war. Sie wurden immer als etwas Abseitiges und Fremdes wahrgenommen. Deswegen gab es eine gewisse intellektuelle Freiheit.

Während die MHG früher die Alma Mater für viele regionale Organisationen war, ist heute die am weitesten verzweigte und einflussreichste Menschenrechtsorganisation in Russland Memorial. Warum entschieden Sie sich 2011, Mitglied der MHG zu werden?

Das hängt mit der Politik der gemeinnützigen Stiftungen zusammen, die die Menschenrechtsbewegung unterstützten, und die MHG ist eine ziemlich bekannte Organisation mit der Möglichkeit, Mittel für regionale Programme zu bekommen. Die MHG betreute Menschenrechtsorganisationen und war die Alma Mater für das Menschenrechtszentrum Memorial, das etwas später als Memorial entstand. 2011 schlug mir Ljudmila Aleksejeva vor, Mitglied in der MHG zu werden, weil sie zu diesem Zeitpunkt niemanden hatten, der sich mit dem Schutz der Rechte von Militärangehörigen beschäftigte.

Im Demokratieindex, den die Economist Intelligence Unit erstellt, belegt Russland stabil einen Wert unterhalb von 100 bei 167 Ländern, hinter vielen Ländern der dritten Welt. In der Gegenwart ist unser Land ein autoritäres Regime. Sagen Sie als Menschenrechtsaktivist einem Menschenrechtsaktivisten: Sind in Russland in der gegenwärtigen Zeit demokratische Verbesserungen möglich?

In Russland ist alles möglich. Hier gibt es ein Problem mit der Regierung. Zu Anfang seiner Karriere in den 2000er Jahren demonstrierte Präsident Putin sogar eine sehr positive Dynamik – damals zeigte der Vektor auf eine Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft, die Meinung der Gesellschaft wurde berücksichtigt, unter Präsident Medvedev begann eine Blütezeit, die Arbeit des Menschenrechtsrates beim Russischen Präsidenten verbesserte sich. Auch wenn alles langsam vor sich ging, wurde das negative Erbe der Verletzung von Menschenrechtaen allmählich verarbeitet. Bei der Armee zum Beispiel wurde der Vertragsdienst eingeführt, den man noch 2004 umzusetzen versuchte. Zu einschneidenden Veränderungen kam es vor dem Jahreswechsel 2011/2012 und 2013 unter der neuen Präsidentschaft von Vladimir Putin. Damals setzte ein nicht erklärter Krieg der Machthaber gegen die Gesellschaft, gegen Menschenrechtsorganisationen ein. Das alles zum Besseren zu verändern, ist durchaus möglich. In erster Linie muss die Regierung ihren Krieg mit der Gesellschaft einstellen und anfangen, die sich selbst auferlegten internationalen Verpflichtungen zur Einhaltung der Menschenrechte zu erfüllen, was bislang nicht geschieht. Zurzeit ist schon ersichtlich, dass man in nächster Zeit keine positiven Veränderungen in dieser Richtung erwarten darf.

Am 7. Mai wurde unter der Anklage der Erpressung der Blogger und Administrator von „Ombudsman der Polizei“, Vladimir Voronzov, verhaftet, der die Verletzung der Rechte von Polizisten beleuchtet. Und am 8. Mai nahm man unter dem Verdacht, ein verjährtes Verbrechen begangen zu haben, den Geschäftsmann Anatolij Bykov fest, der die Interessen der Opposition in der politischen Arena von Krasnojarsk vertritt. Nimmt die Strafverfolgung als Instrument, Regierungsgegner aus dem Verkehr zu ziehen, wieder Fahrt auf?

Wenn man mit dem vergangenen Sommer anfängt, hatte man den Einrcuk, dass gewisse Veränderungen vor sich gehen: Man ließ Golunov frei: das ist Tauwetter, man prügelte auf Demonstranten ein: es gibt Repressionen. Tatsächlich verändert sich die Regierung nicht besonders. Weil es keine einheitliche Politik gibt und der Präsident sich, soweit ich sehe, für innere Angelegenheiten nicht besonders interessiert, gibt es viele, die die Innenpolitik betreiben – nicht nur die Präsidialadministration, sondern noch andere Kräfte. Aus diesem Grund kommt es zu so einer Gärung und zu ganz unterschiedlichen Erscheinungen, positiven ebenso wie negativen. Die Regierung fühlt sich nicht sehr sicher: Sie fürchtet Proteste, fürchtet, dass große Menschenmassen auf die Straße gehen. Einerseits greift die Regierung zu punktgenauen Repressionen, andererseits beobachtet sie sehr genau und rudert manchmal zurück. Aber die gegebene Lage der Dinge würde ich auf keinen Fall als Tauwetter oder einen Wechsel der Politik bezeichnen.

Welche gemeinsamen Merkmale und welche Unterschiede gibt es Ihrer Meinung nach zwischen der sowjetischen staatlichen Verfolgung von Bürgern in den 70er und 80er Jahren und der heutigen russischen?

Einen sehr großen Unterschied. Die Sowjetunion – das war eine totalitäre Gesellschaft mit einer gemeinsamen Politik, die von einem einzigen Zentrum geleitet wurde: durch Partei- und Machtstrukturen. Aber so etwas gibt es heute nicht. Mitunter funktioniert ein Signal der Präsidialadministration in einer Region, dass irgendetwas unbedingt getan werden muss, nicht. Die örtlichen Behörden blicken nicht nur nach Moskau, sondern berücksichtigen auch die regionalen Gegebenheiten. Möchte man ein Beispiel aus der Denkmal-Thematik anführen, so muss man das Museum in Perm „Zona 36“ erwähnen, das dem letzten, in der UdSSR existierenden politischen Lager mit politischen Gefangenengewidmet ist. Zuerst wurde das Museum vom Gouverneur der Region Perm übernommen, aber dann kam es zu einer „feindlichen Übernahme“. Und jetzt kommt es dort zu einer thematischen Umgestaltung, und und ein Wechsel der Ausstellung statt: Es geht jetzt nicht mehr nur um das Gedenken an die Opfer der Repressionen, sondern auch um die Geschichte der Strafstrukturen.

Als das in den Jahren 2010/2011 alles begann, gelang es durch einige einflussreiche und bekannte Leute, dem Präsidenten nahezulegen, dass das Museum in seiner ursprünglichen Form erhalten werden müsse. Der Präsident gab das Signal, nichts übers Knie zu brechen – es sollte so bleiben, wie es ist. Aber seine Anweisung zeigte keine Wirkung: Die regionalen Kräfte, die das Museum okkupiert hatten, gaben nicht nach. Derzeit wird die Politik von vielen Akteuren in einem Kampf unter Clans gemacht. Wir haben im Moment ein autoritäres Regime, aber schon mit einem Kontrollverlust im ganzen Land. Das wirkt sich auf die Verfolgung von Bürgern aus, die nicht aus ideologischen, sondern aus persönlichen Motiven erfolgt. Unser Kollege, der Historiker Jurij Dmitriev, dem in Karelien der Prozess gemacht wird, wird von einer einflussreichen Person der Sicherheitsstrukturen drangsaliert, die bei weitem nicht den letzten Platz in Putins Umgebung einnimmt. Deshalb kommt man dagegen nicht an – dieser Beamte blockiert alles, unabhängig davon, dass sich herausragende Persönlichkeiten für den Historiker einsetzen.

„Die Menschenrechtsbewegung war unsichtbar, solange es keine Menschenrechtsorganisation gab“, hat Ljudmila Aleksejeva einmal gesagt, als sie sich an die Zeit der Gründung der MHG in der UdSSR erinnerte. Das Justizministerium der Russischen Föderation verweigerte der Organisation „Ombudsman der Polizei“ als gewerkschaftlich-öffentlicher Organisation mehrfach die Registrierung. Kann unter den heutigen Bedingungen eine informelle Gewerkschaft die Interessen einer bestimmten Gruppe von Bürgern vertreten?

Die Menschenrechtsbewegung ist derzeit gezwungen, in völlig unterschiedlichen Formen zu arbeiten. Es gibt das „Agentengesetz“ und daher ist die Arbeitsweise als gemeinnützige Organisation sehr erschwert. Wird man zum „Ausländischen Agenten“ erklärt, dann folgen Geldstrafen, endlose Überprüfungen, staatliche Strukturen stellen die Zusammenarbeit ein. Deshalb wechseln viele zum Kommerz. Die Menschenrechtsorganisation eröffnet irgendeine kommerzielle Struktur und arbeitet in deren Rahmen oder arbeitet unabhängig. Es gibt ja unabhängige Gewerkschaften der Lehrer oder Ärzte. Und obwohl man sie verfolgt, setzen sie ihre Tätigkeit fort. Das Potential des Widerstands gegen die Repressionen und gegen die Dummheit der Machthaber ist ziemlich groß, ebenso wie das Bedürfnis der Gesellschaft nach Gerechtigkeit. Sicher, innerhalb der Polizei wird man die Gründung einer starken offiziellen Gewerkschaft wahrscheinlich verbieten, aber ein gewisses Netzwerk kann entstehen.

Zuerst entsteht das Netzwerk und dann der Prozess gegen das Netzwerk (russ. Set).

Ja, genau (lächelt). Auch in der Armee sind Gewerkschaften verboten und das ist ebenfalls ein großes Problem. Alle Veteranenverbände wurden ja zerschlagen und unterdrückt und engagieren sich nicht besonders für die Menschenrechte.

Wie der Dichter Dmitrij Bykov gesagt hat: „Die wichtigste \'Geistige Klammer\' in Russland ist die Angst vor dem Gefängnis“: Wenn im Gefängnis schlimme Bedingungen herrschen, dann ist es schrecklich, dorthin zu geraten. Der innere Feind wird mehr gefürchtet als der äußere, ungeachtet aller Anstrengungen der staatlichen Propaganda, diesen zu schaffen. Wann wird Ihrer Meinung nach die Angst vor dem Gefängnis nicht mehr die wichtigste \'Geistige Klammer\' in Russland sein?

Dmitrij Bykov hat völlig Recht, denn das ist noch eine Hinterlassenschaft der sowjetischen Gesellschaft: Die Regierung als patriarchale Struktur, die die Gesellschaft übermäßig bevormundet und ausschließlich mithilfe von Gewalt verwaltet. Trotz der Tatsache, dass wir jetzt nicht mehr in der Stalinzeit leben und es keinen massenhaften repressiven Terror gibt, bleibt das Lager wegen der schlechten Haftbedingungen ein solches Schreckgespenst. Wenn im Entwicklungsprozess des Landes ehrliche Gerichte entstehen, unabhängige Massenmedien und freie Wahlen, dann werden die Gefängnisse aufhören, diese \'Geistige Klammer\' zu sein, die sie jetzt sind.

Das am meisten verletzte Menschenrecht in Russland ist das Arbeitsrecht, was sich in ungesetzlichen Kündigungen zeigt, in verkürzten Fristen, in denen man sich ans Gericht wenden kann, das keineswegs immer unabhängig ist, schon gar nicht, wenn es um die Konfrontation eines ehemaligen Staatsbediensteten mit seinem Arbeitgeber geht. Wie wurden denn in der Sowjetzeit verletzte Rechte von Bürgern durch die Arbeitsgesetzgebung geschützt? Waren die staatlichen Gewerkschaften in ihren Aktivitäten genauso pro forma wie heute?

In der UdSSR war das Arbeitsgesetzbuch ziemlich streng und die Rechte des einfachen Arbeiters wurden gut genug geschützt – nicht durch Gerichte, sondern durch Parteiorganisationen. Wenn die Führung einer Organisation auf dich Druck ausübte und du dich weder in Politik eingemischt hattest noch gegen die Regierung warst, dann ließ sich durchaus Gerechtigkeit erreichen. Heute ist die Arbeitsgesetzgebung auch in Kraft, da aber für die meisten eine Bezahlung unter der Hand vorteilhaft ist, funktioniert sie nach eigenen Regeln. Dennoch gibt es unabhängige und ziemlich einflussreiche Gewerkschaften. Vor ein paar Jahren hat der Arbeitsbund Russlands unter der Leitung von Boris Kravtschenko die Rechte der Piloten sehr effektiv verteidigt.

Als Vladimir Voronzov in seinem sozialen Netzwerk begann, offen Navalnyj zu unterstützen, wurde er mit viel Kritik überschüttet, weil er sich politisch engagiert hätte. Ist es in der modernen Realität möglich, sich für Menschenrechte zu engagieren, ohne sich in die Politik einzumischen?

Ein Menschenrechtsaktivist kann außerhalb der Politik bleiben, weil Menschenrechtsaktivisten mit anderen Methoden arbeiten. Man kämpft nicht gegen die Regierung, um die Macht zu ergreifen, sondern man benötigt eine Regierung, durch die Rechte wieder hergestellt werden. Jegliche Macht, sogar eine demokratische, wird Rechte verletzen. Um solche Verletzungen zu verhindern, müssen Monitorings zur Einhaltung der Menschenrechte in unterschiedlichen Bereichen durchgeführt werden. Es gibt Aktivisten, die zu den Wahlen gehen und Abgeordnete werden. Die Partei Jabloko hat zum Beispiel ein Menschenrechtszentrum und hilft, Rechte zu schützen. Aber die zentralen Menschenrechtsorganisationen existieren außerhalb der Politik. Man muss Menschenrechts- und politische Aktivitäten voneinander trennen.

Die Gemeinschaft der Journalisten verteidigte Ivan Golunov, die der Schauspieler trug zur Freilassung von Pavel Ustinov bei. Denken Sie, es wird den Sicherheitskräften, die Vladimir Voronzov unterstützen, gelingen, ihn angesichts der staatlichen Repressionsmaschine zu verteidigen?

Das lässt sich nicht voraussagen. In Russland ist alles möglich: Das Land ist ohne klare rechtliche Regulierung, leider. Wenn es irgendwie gelingt, zum Zaren vorzudringen und der gute Laune hat, dann begnadigt er. Aber relativ gesehen kann man unter Zar auch einen mittleren Beamten verstehen. Genau wie im Fall Dmitriev – alles hängt von dem persönlichen Interesse des Initiators der Verfolgung ab und von seinen administrativen Ressourcen. Aber ich wiederhole, alles ist möglich.

Übersetzung: Nicole Hoefs-Brinker

6. Juni 2020

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