Das russische Justizministerium ist seiner seit mehreren Jahren praktizierten unrühmlichen Tradition treu geblieben und hat auch am letzten Freitag (dem 23. Mai) wieder mehrere Personen zu „ausländischen Agenten“ gekürt. Diesmal traf es Jan Raczynski, seinerzeit Vorsitzender von Memorial International, Jurij Pivovarov, beide Historiker, den Juristen Igor Slabych, den in Berlin lebenden Künstler Aleksandr Delfinov (Aleksandr Smirnov), die Journalisten Oleksij Suchanov und Andrej Kolojev sowie den Politologen Dmitrij Nekrassov.
Das berüchtigte „Agenten-Gesetz“ existiert seit 2012, wurde aber seitdem immer wieder ergänzt und verschärft. Galt es anfangs „nur“ für Nichtregierungsorganisationen, so können inzwischen auch Medien sowie Personen zu „Agenten“ erklärt werden, und zwar auch dann, wenn sie keinerlei finanzielle oder materielle Unterstützung aus dem Ausland erhalten. Als Begründung wird dann angegeben, dass sie „unter ausländischem Einfluss“ stehen.
Im vorliegenden Fall wurde darauf verwiesen, dass die Betroffenen unzutreffende Informationen über die Politik der russischen Regierung und Materialien „ausländischer Agenten“ verbreitet, mit ausländischen Organisationen kooperiert und sich gegen die „spezielle Militäroperation“ in der Ukraine positioniert hätten.
Diese diskriminierende Einstufung hat für die Einzelnen zahlreiche und teils weitreichende Konsequenzen, insbesondere, wenn sie in Russland leben. Sie sind etlichen finanziellen und politischen Einschränkungen unterworfen. So sind sie verpflichtet, dreimal jährlich eine Erklärung über finanzielle Einkünfte abzugeben; bestimmte Einkünfte (z. B. aus Honoraren) sind auf ein Sonderkonto einzuzahlen, auf das sie keinen Zugriff haben. Die Arbeit an Bildungseinrichtungen ist ihnen untersagt, Bürgerrechte wie das passive Wahlrecht werden ihnen entzogen, und sie sind verpflichtet, sich in jeder Kommunikation und Publikation ausdrücklich als „Agenten“ zu kennzeichnen.
28. Mai 2025