Zu Jurij Dmitrievs 65. Geburtstag
Am heutigen 28. Januar vollendet Dmitriev sein 65. Lebensjahr.
32 Jahre seines Lebens hat er dem Gedenken an Menschen gewidmet, die unter dem Regime Stalins ermordet wurden.
Vier Jahre befindet er sich jetzt bereits selbst in Haft, und zwar dafür, dass diese seine Erinnerung zu lautstark, zu vernehmlich, zu unangenehm war.
Jurij Dmitriev gehört zu den bekanntesten politischen Gefangenen im heutigen Russland. In vier Jahren hat die ganze Welt von seinem Prozess erfahren. Das Gerichtsverfahren gegen ihn ist beispiellos, sowohl juristisch als auch im Hinblick auf die breite öffentliche Solidarität. Tausende haben sich für ihn eingesetzt und somit Stellung bezogen für Humanität und Gedenken - und gegen Gewalt und Vergessen. Wie er selbst einmal bitter scherzte, besteht seine Mission in letzter Zeit eher darin, als Bindeglied zwischen Menschen zu fungieren, „die vorher gar nichts voneinander wussten – und zwar als ein Bindeglied, das selbst nicht präsent ist.“
Es ist schwer, sich mit dieser Abwesenheit abfinden. Dmitrievs einigende Kraft kann nicht versöhnen mit dem, was jetzt geschieht, und auch nicht als Trost dienen. Aber die Tatsache, dass heute viele an Jurij Dmitriev denken und ihm Kraft für seinen Kampf um Gerechtigkeit wünschen, spielt dennoch eine große Rolle.
In einem Interview sagt Dmitriev, dass er zu irgendwann in seinem Leben begriffen habe, dass nichts, was ihm in der Vergangenheit geschehen sei, Zufall gewesen sei. Alles habe als Vorbereitung für seine Mission als Wahrer des historischen Gedenkens gedient, alles habe ihn auf diesen Weg gedrängt. Und wie er vor nicht allzu langer Zeit bekannte, ist auch die letzte grausame Prüfung für ihn von Bedeutung - als Historiker, der sich der Aufklärung von Repressionen widmet. Sein jetziger Aufenthaltsort, die Haftanstalt ist die ehemalige Gefängnisfestung von Petrozavdosk, eben das Gefängnis, aus dem 1937-38 viele der Menschen in den Tod geschickt wurden, deren Biographien er bis heute, selbst jetzt noch im Gefängnis, erforscht und zusammenstellt.
Wir sind sicher, dass er auch diese Heimsuchung bewältigen und dass er sie demnächst in seinen weiteren Büchern verarbeiten wird. Wir wünschen ihm und uns, dass dies so bald wie möglich geschehen werde.
Wir wünschen ihm Freiheit, Gesundheit und Kraft!
28. Januar 2021