Repressionen gegen die Zivilgesellschaft in Russland und Aggression gegen die Ukraine – zwei Seiten einer Medaille
„Es war eine beständige Abwärtsbewegung“, sagt Irina Scherbakowa vom Vorstand der Gesellschaft MEMORIAL International, die Anfang des Jahres durch das Oberste Gericht der Russischen Föderation verboten wurde. „2012 die Einführung des Gesetzes gegen ausländische Agenten, 2016 die Einstufung von MEMORIAL International als Agent und schließlich die Auflösung der Organisation. Unsere Arbeit für die Aufklärung der Repressionsgeschichte und für die Respektierung der Menschenrechte in Russland hat den Kreml offenbar gestört.“ Wie viele andere zivilgesellschaftlich Engagierte hat auch Irina Scherbakowa ihr Land nun verlassen müssen.
Sie war heute, am 6. April 2022, gemeinsam mit Vertreterinnen von MEMORIAL Deutschland zu Gast bei der Präsidentin des Deutschen Bundestages. Die MEMORIALerinnen stellten die Repressionen innerhalb Russlands in einen Zusammenhang mit der Aggression des Kreml gegen die Ukraine: „Es soll keinen Widerstand gegen den Krieg geben. Deshalb auch die Zensur und politisch motivierte Strafverfolgung in Russland, die Menschenrechtler und Journalistinnen ins Exil treibt“, sagt Sabine Erdmann-Kutnevič, Vorstandsmitglied von MEMORIAL Deutschland.
An die Bundespolitik gerichtet erklären die MEMORIALerinnen: „Die kremlkritische russische Zivilgesellschaft macht nun vom Ausland aus weiter. Sie braucht Unterstützung. Und sie sollte als wichtige Stimme für Demokratie und Freiheit in Deutschland wahrgenommen werden.“
Der Widerstand gegen den Krieg in der Ukraine eint alle Demokratinnen und Demokraten. Es ist wichtig, den geflüchteten Ukrainerinnen und Ukrainern zu helfen. Aber ebenso wichtig ist es, mit wirklich allen zur Verfügung stehenden Mitteln den Krieg beenden zu helfen. MEMORIAL erwartet hier mehr Entschlossenheit seitens der deutschen Politik: „Es ist eine Illusion zu glauben, dass wir so weiter leben können wie bisher, während in der Ukraine jeden Tag der Angriffskrieg weitergeht und die Menschen dort alles verlieren. Der russische Angriff gilt uns allen, und wir müssen diesem wirksamer entgegentreten. Jetzt. Sonst wird der Preis immer höher – für die Ukraine und für uns.“
6. April 2022