Digest der russischen Anti-Kriegsproteste vom 9.7. – 15.7.2023
Die Stadt spricht
„Nein zum Krieg“ - Aufschrift in Podolsk, Gebiet Moskau
Aufschriften „Nein zum Krieg“ auf den Straßen russischer Städte
Moskau, Juzhnoe Butovo
Einzelkundgebung und Demonstrationen
Am 13. Juli hielt Nikolaj Borissov in Voronezh eine Einzelkundgebung ab mit dem Plakat „Free Navalny! Peace to Ukraine!“ Er wurde festgenommen.
Am 15. Juli führte Andrej Michalevskij an der Metrostation Kuptschino in St. Petersburg eine Einzelkundgebung durch mit einem Plakat mit der Aufschrift „Nein zum Krieg“, er wurde festgenommen, aber ohne Protokoll wieder aus der Polizeistation entlassen.
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Verfolgungen
Wegen eines Stickers mit der Aufschrift „Butscha“ wurde gegen Kirill Piljugin aus der Stadt Nevinnomyssk in der Region Stavropol ein Verfahren im Rahmen des Paragraphen „Rehabilitierung von Nazismus“ eingeleitet. Piljugin wurde unter Hausarrest gestellt, weil er den Sticker auf das Denkmal „Stern des Helden“ geklebt hatte. Das Foto mit dem Sticker tauchte im November 2022 im Telegram-Kanal „Sichtbarer Protest“ auf, der anonym Anti-Kriegs-Graffiti und Flugblätter von den Straßen russischer Städte veröffentlicht, die ihm von Bürgern zugeschickt werden.
Gegen Olga Avdejeva, Chirurgin und Mutter von fünf Kindern aus Izhevsk, wurde ein Strafverfahren wegen „Diskreditierung der Armee“ eröffnet. Der Grund dafür sind Einzelkundgebungen Avdejevas gegen den Krieg sowie die Aufschrift „Faschisten“ unter einem Banner mit dem Buchstaben Z auf der Fassade des Opern- und Ballett-Theaters. Avdejeva berichtete, dass sie die Aufschrift vor einem Jahr angebracht hat. Sie glaubt, dass sie jetzt die Aufmerksamkeit der Sicherheitskräfte wegen einer kürzlichen Einzelkundgebung auf sich gezogen hat: Vor zwei Wochen hatte sie mit einem Plakat mit der Aufschrift „Russland begeht Böses“ [im russischen Wort für Böse wurde das korrekte S durch das Propaganda-Zeichen Z ersetzt] vor demselben Theater demonstriert.
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„Viele tote Einheimische und nur Ruin. Daran sind generell die russischen Okkupanten und die Regierung Russlands im Ganzen selbst schuld. Es gehen unmenschliche Dinge vor“, aufgrund dieses und anderer Posts bei VKontakte wurde gegen Aleksej Volskij aus Nizhnij Novgorod ein Strafverfahren wegen „Falschmeldungen“ eingeleitet.
Wie die Anwältin von OVD-Info, Kristina Tjurina, mitteilt, kamen gestern [am 13. Juli] OMON-Mitarbeiter zu Volskij nach Hause und heute stellte das Gericht ihn bis 5. September unter Hausarrest. Volskij ist seit der Kindheit Invalide der zweiten Gruppe, der Ermittler jedoch hatte beantragt, ihn in Gewahrsam zu nehmen.
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Gegen Valerija Timoschenko aus dem Gebiet Magadan wurden wegen Anti-Kriegskommentaren im Internet sieben Protokolle erstellt. Das Gericht verhängt in drei Fällen Geldstrafen von jeweils 30.000 Rubeln, in zwei Fällen jeweils 40 Stunden und in einem 50 Stunden Zwangsarbeit. Das Urteil des Gerichts im siebten Fall ist noch nicht bekannt.
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Im Gebiet Krasnojarsk wurde gegen den Bürgeraktivisten Aleksandr Kapustin ein Strafverfahren wegen „wiederholter Diskreditierung der Armee“ eingeleitet. Kapustin hatte mehrfach Einzelkundgebungen gegen den Krieg in der Ukraine und zur Unterstützung Politischer Gefangener abgehalten. Nach Angaben des Telegram-Kanals Avtozak LIVE (https://t.me/avtozaklive/22532) wird Kapustin beschuldigt, einen Beitrag der regionalen Publikation NGS24.RU über einen toten Mobilisierten kommentiert zu haben. In seinen Kommentaren hatte der Aktivist aus Krasnojarsk die russische Militäraggression Russlands und Putin verurteilt und außerdem den Helden der Veröffentlichung einen Kriegsverbrecher genannt.
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Online-Protest
Ivan Darovskich aus Kirov wurde wegen folgenden Kommentars im Sozialen Netzwerk „VKontakte“ zu einer Geldstrafe verurteilt: „Macht die Augen auf, wir haben ein Nachbarland überfallen, zehntausende Menschen getötet, Millionen ihr Zuhause genommen“. Am 14. Juli wurde bekannt, dass gegen Darovskich ein Verwaltungsprotokoll wegen „Diskreditierung der Armee“ aufgenommen wurde. Ihm droht jetzt eine Geldstrafe von 30.000 bis 50.000 Rubeln (zwischen 2 und 3 monatliche Mindestlöhne).
In Naltschik wurde ein Strafverfahren gegen Batyr Zhabojev wegen „Diskreditierung der russischen Armee“ eingeleitet. Nach offiziellen Angaben hat er bei Instagram ein Video veröffentlicht, in dem über Morde an Zivilisten in Tschetschenien und in der Ukraine gesprochen wird. Die Aktionen der Armee wurden dort als „faschistisch und räuberisch“ bezeichnet, berichtet ASTRA.
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Ein Gericht in Tscheboksary hat den örtlichen Aktivisten Oleg Jelkin gemäß dem Artikel zur „Diskreditierung der russischen Armee“ zu 30.000 Rubel Geldstrafe verurteilt, weil er bei VKontakte einen UNO-Bericht über die Opfer unter den Zivilisten in der Ukraine geteilt hatte.
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Am 22. Juni wurde der in Magadan lebende Aleksandr Semisynov für vier Tage in Haft genommen. Grund waren Avatare bei Telegram mit den Slogans „Ruhm der Ukraine, Ruhm den Helden“ sowie anderen Aufschriften.
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Im Kreis Stavropol wurde Rassim Gamidov zu einer Geldstrafe von 30.000 Rubel (ca. zwei monatliche Mindestlöhne) wegen folgenden Kommentars bei VKontakte verurteilt: „Die Heimat muss in der Heimat verteidigt werden. Aber wenn das auf fremdem Territorium geschieht, ist das keine Verteidigung, sondern ein Angriff!“
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Sonstiges
Die Sberbank hat die Konten der Journalistin Galina Artemenko, des Priester Grigorij Michnov-Vajtenko und weiterer Personen mit Anti-Kriegshaltung blockiert, die Spenden zur Unterstützung ukrainischer Flüchtlinge gesammelt hatten. Nach Aussagen von Artemenko teilten die Mitarbeiter der Sberbank mit, dass die Konten wegen Sammlungen „für zweifelhafte Zwecke“ gesperrt wurden. „Ja, ich habe Medikamente, Lebensmittel und Kleidung für Flüchtlinge aus der Ukraine gekauft. Ich mache das schon das zweite Jahr. Das sind für Sie natürlich ‚zweifelhafte Zwecke‘“, schrieb die Journalistin.
https://t.me/ovdinfolive/23253
Übersetzung: Nicole Hoefs-Brinker
12. August 2023