Nachrichten mit dem Stichwort

Erneut Ausgrabungen in Sandarmoch - Stellungnahme von Memorial International

Bereits im August letzten Jahres waren auf dem Gelände der Gedenkstätte Sandarmoch Ausgrabungen vorgenommen worden. Veranlasst wurde dies durch die Gesellschaft für Militärgeschichte. Ziel war es, die These zu untermauern, dass sich dort – neben Opfern des politischen Terrors der 30er Jahre – auch die Überreste von Rotarmisten fänden, angebliche Opfer der finnischen Besatzung 1941-1944.

In diesem Jahr wurden wiederum Ausgrabungen in Sandarmoch durchgeführt, diesmal in unmittelbarer Nähe von Gedenkkreuzen. Den Anstoß dazu hatte der Kulturminister von Karelien gegeben – in einem Schreiben, das inzwischen bekannt wurde.

Es folgt die Stellungnahme von Memorial International zu diesen Vorfällen.

Zu Ausgrabungen der Russischen Gesellschaft für Militärgeschichte in Sandarmoch

Mitte August gelangte ein Brief an die Öffentlichkeit, den der amtierende Kulturminister der Republik Karelien Sergej Solovjev an die Russische Gesellschaft für Militärgeschichte gerichtet hatte. Dieses Schreiben war das Motiv für diese Organisation, Ausgrabungen auf dem Territorium des Gedenkfriedhofs für Opfer politischer Repressionen „Sandarmoch“ zu veranlassen.

Nicht erst dieser Brief enthüllt die wahren Gründe für diesen Akt des Vandalismus in Sandarmoch – diese waren leider schon vorher klar - , aber doch noch nicht so offen zutage getreten. Das karelische Kulturministerium hat die Gesellschaft für Militärgeschichte beauftragt, eine Bestätigung für die – vollkommen haltlose – Hypothese zu liefern, dass hier sowjetische Kriegsgefangene lägen, die von finnischen Militärs erschossen worden seien. Der politisch-propagandistische Charakter dieses Auftrags wird nicht einmal mehr verschleiert. Der amtierende Minister lebt in der abwegigen Vorstellung, dass „die Idee von Opfern politischer Repressionen, die im Waldstück ‚Sandarmoch’begraben sein sollen, von mehreren Ländern zu destruktiver Propaganda genutzt wird, um das Geschichtsbewusstsein zu beeinflussen“.

Weiterlesen …

Memorial Perm: Gedenk-Exkursion mit Hindernissen

Repressalien gegen Memorial Perm - Strafverfahren eingeleitet

Vom 5. bis 11. August 2019 unternahmen Freiwillige unter der Leitung von Memorial Perm im Kreis Kudymkar in der Region Perm die Exkursion „Auf Flüssen des Gedenkens“.

Diese Exkursionen sind in der Region Perm längst zur Tradition geworden – sie finden seit gut 20 Jahren jeden Sommer statt. Zum Teil schwer zugängliche Standorte ehemaliger Lager werden aufgesucht, Friedhöfe gepflegt, Gedenkzeichen errichtet und vieles mehr.

Im Unterschied zu anderen Orten verlief die Aktion im Kreis Kudymkar jedoch nicht ungestört.

Die Teilnehmer hatten sich nach Galjaschor – eine seit 40 Jahren nicht mehr bewohnte, nur mit einem Traktor erreichbare Ortschaft - begeben, um einen Friedhof litauischer und polnischer Sondersiedler zu pflegen. In Velva-Basa und in Schavrol sollten Gedenkzeichen aufgestellt werden. In Velva-Basa wurde dies verhindert - eine lokale Verwaltungsangestellte erklärte, die erforderliche Genehmigung dafür liege nicht vor.

In Galjaschor tauchte abends die Polizei auf. Die Expeditionsteilnehmer wurden Verhören unterzogen, einige bis um zwei Uhr nachts. Man drohte ihnen mit einem Strafverfahren, da sie gesetzwidrig gerodet hätten, obwohl sie keinerlei Bäume gefällt hatten: „Wir haben den Rasen beim Mahnmal gemäht, den Friedhof in Ordnung gebracht, Dürrholz beseitigt, den Grabstein gesäubert. Und wir haben den Zaun repariert, der durch Sturmschäden - durch umgestürzte Bäume - zerstört worden war“ – so Robert Latypov von Memorial Perm. Die tatsächlich vorhandenen Baumstümpfe stammten von Bäumen, die schon vor langer Zeit gefällt wurden, „und der Förster hat dies in unserem Beisein der Polizei mitgeteilt“ (Latypov).

Am Tag darauf kam die Polizei erneut und vernahm auch die Litauer, die an der Expedition teilgenommen hatten. Die litauische Initiativgruppe wandte sich in diesem Zusammenhang an die litauische Botschaft in Russland.

Inzwischen wurde ein zweites Strafverfahren eingeleitet, und zwar gegen den Gastgeber, der die litauischen Exkursionsteilnehmer bei sich untergebracht hatte. Angeblich seien sie nicht ordnungsgemäß registriert worden. Dafür drohen ihm bis zu drei Jahren Freiheitsentzug.

23. August 2019

Weiterlesen …

Die russischen Behörden müssen die brutalen Repressionen gegen Demonstranten einstellen

Menschenrechtsorganisationen kritisieren Menschenrechtsverletzungen bei Kundgebungen

Die International Federation for Human Rights (FIDH) und ihre Mitgliedsorganisationen, das Menschenrechtszentrum Memorial, das Antidiskriminierungszentrum Memorial sowie die Organisation „Grashdanski Kontrol“ [Bürger Kontrolle] rufen die russischen Behörden dazu auf, die Teilnehmer der friedlichen Protestaktionen freizulassen, alle Anklagen gegen sie fallenzulassen sowie die unabhängigen Kandidaten für die Wahlen zur Moskauer Duma am 8. September 2019 zuzulassen.

Nachdem die Moskauer Wahlkommission aus weit hergeholten Gründen den Oppositionskandidaten untersagt hat, für die Moskauer Duma zu kandidieren, begann in der russischen Hauptstadt eine Welle friedlicher Proteste für freie Wahlen. Die russische Nationalgarde und die Polizei haben die Proteste brutal niedergeschlagen und das Recht der russischen Bürger auf Anteilnahme am politischen Prozess, das Recht auf friedliche Versammlungen sowie weitere bürgerliche und politische Rechte auf grobe Weise verletzt. Während einige vorangegangene Demonstrationen von den Behörden genehmigt wurden, einschließlich der am 10. August, die die zahlreichste der jüngsten Geschichte des Landes war, lehnten die Moskauer Behörden den Antrag auf eine weitere Demonstration am 17. August ab. Daher bleibt anzunehmen, dass die Verhaftungen und Verprügelungen am kommenden Samstag weiter gehen werden. Jan Raczynski, Vorstandsmitglied beim Menschenrechtszentrum Memorial, einer führenden russischen Menschenrechtsorganisation, nahm an jeder der Versammlungen teil.

„Die Regierung ist der Meinung, dass man seine Rechte nur mit Genehmigung der Beamten wahrnehmen darf, und jeder, der eine andere Meinung vertritt, wird als Bedrohung und Feind wahrgenommen“, sagt Raczynski.

Weiterlesen …

Jelena Milaschina wegen Mahnwache zu Geldstrafe verurteilt

Ein Moskauer Bezirksgericht hat am 8. August die Journalistin der „Novaja gazeta“ Jelena Milaschina zu einer Geldstrafe von 15.000 Rubeln verurteilt. Sie hatte gemeinsam mit Svetlana Gannuschkina und Alexander Tscherkassov an einer Kundgebung zum Gedenken an die Ermordung Natalja Estemirovas teilgenommen.

Svetlana Gannuschkina und Alexander Tscherkassov waren bereits am 31. Juli zu Strafzahlungen in Höhe von 150.000 bzw. 10.000 Rubeln verurteilt worden.

Milaschinas Anwalt wies auf eine Reihe von Rechtsverstöße hin und stellte mehrere Anträge, die jedoch sämtlich abgelehnt wurden. Vor allem forderte er die Einstellung des Verfahrens wegen Fehlens eines Strafbestandes.

8. August 2019

Weiterlesen …

Hohe Geldstrafen wegen Mahnwachen

Svetlana Gannuschkina und Alexander Tscherkassov (beide Vorstandsmitglieder von Memorial International) sind heute von einem Moskauer Bezirksgericht nach dem Ordnungsstrafrecht (Art. 20.2) zu erheblichen Geldstrafen verurteilt worden. Sie hatten am 15. Juli – dem zehnten Jahrestag der Ermordung Natalja Estemirovas – eine (nicht genehmigte) Mahnwache abgehalten und darauf hingewiesen, dass die Tat bis heute nicht aufgeklärt wurde. Das Verfahren gegen die dritte Teilnehmerin, Jelena Milaschina (Novaja gazeta), wurde für den 8. August anberaumt.

Alexander Tscherkassov wurde die Zahlung von 10.000 Rubeln auferlegt (umgerechnet ca. 140 EUR). Svetlana Gannuschkina dagegen 150.000 Rubel (ca. 2.120 EUR). Sie hatte bereits am 8. Juli 2018 gemeinsam mit Oleg Orlov eine Mahnwache für den damals inhaftierten Ojub Titiev durchgeführt und war deshalb bereits ebenso wie Oleg Orlov zu einer Strafzahlung verurteilt worden. Daher legte man ihr nunmehr einen „wiederholten Verstoß gegen die Regeln zur Durchführung von Mahnwachen“ zur Last.

Svetlana Gannuschkina beruft sich auf das Recht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit das sowohl von der russischen Verfassung (Art. 29 und 31) sowie von der Europäischen Konvention (Art. 10 und 11) garantiert wird. „Wir haben dabei die öffentliche Ordnung nicht gestört und niemandem Unannehmlichkeiten bereitet“, betont sie in einer schriftlichen Stellungnahme, die zu den Akten genommen wurde.

Darüber hinaus verweist sie auf einen Artikel im Ordnungsstrafrecht, demzufoge „eine Handlung nicht als Verstoß gegen das Ordnungsstrafrecht anzusehen ist, wenn sie aufgrund äußerster Notwendigkeit“ erfolgte. Eben dies sei hier der Fall: Im Mordfall Estemirova „werden keinerlei Ermittlungen durchgeführt, es wird nichts unternommen, um die Täter und Auftraggeber des Mordes ausfindig zu machen. In dieser Situation bleibt uns nichts anderes übrig, als uns an die Öffentlichkeit und an die höchste russische Staatsführung in der Person Präsident Putins zu wenden.“

30. Juli 2019

Weiterlesen …

Sie wurde entführt, während ich schlief

Interview mit Lana Estemirova

Es folgt das (leicht gekürzte) Interview von Alexej Alexandrov mit Lana Estemirova.

Warum leben Sie nicht in Russland und was war der Anlass für Ihre jetzige Reise hierher?

Ich habe sehr oft an den zehnten Jahrestag der Ermordung meiner Mutter gedacht, für mich ist das ein wichtiges Datum. Ich habe die ganzen Jahre über sie nachgedacht. Und ich wollte immer an diesem zehnten Jahrestag bei Memorial sein, bei Mamas Arbeit, im Umkreis ihrer Kollegen. Deshalb bin ich eigens für ein paar Tage hierher gekommen, um zu diesem Zeitpunkt hier zu sein, bei ihren Freunden und Kollegen.

Ich lebe jetzt in Großbritannien. Gleich nach Mamas Ermordung war klar, dass ich nicht in Russland bleiben kann, und Mama hatte sich immer sehr gewünscht, dass ich eine Ausbildung im Ausland bekomme. Deshalb habe ich die 11. Klasse in Russland bei meiner Tante abgeschlossen und dann in Oxford und in London studiert.

Weiterlesen …

Gedenken an Natalja Estemirova

Am 15. Juli, , fand bei Memorial in Moskau ein Gedenkabend für Natalja Estemirova statt – aus Anlass des zehnten Jahrestages ihrer Ermordung. Unter der Moderation von Tatjana Lokshina (Human Rights Watch) berichteten ihre Freunde und Mitstreiter von ihrer gemeinsamen Arbeit in Tschetschenien – Oleg Orlov, Katja Sokirjanskaja, Alexander Tscherkassov, Svetlana Gannuschkina und nicht zuletzt der kürzlich aus der Haft entlassene Ojub Titiev. Ihn hatte Natalja Estemirova im Jahre 2001 zu Memorial gebracht, und vor allem er hatte ihre Arbeit nach ihrer Ermordung fortgesetzt.

Aus diesem Anlass war auch Nataschas Tochter Lana Estemirova angereist. Sie arbeitet derzeit an einem Buch über Leben und Wirken ihrer Mutter sowie über ihre eigene Kindheit in Tschetschenien. Ein Auszug daraus trug Schauspielerin Tschulpan Chamatova in einer Lesung vor, die in einer Videoaufzeichnung präsentiert wurde. Die (gekürzte) deutsche Übersetzung finden Sie hier. Ein Interview mit Lana Estemirova finden Sie hier (ebenfalls leicht gekürzt).

24. Juli 2019

Weiterlesen …

Zum 10. Todestag von Natalja Estemirova - Erinnerungen von Lana Estemirova

Auf der Gedenkveranstaltung von Memorial zum 10. Todestag von Natalja Estemirova sprach unter anderem auch ihre Tochter Lana Estemirova. Lana schreibt derzeit an einem Buch über ihre Mutter und ihre Kindheit in Tschetschenien. Auf der Veranstaltung las Tschulpan Chamatova per Videoübertragung aus einem Kapitel des Buches über den letzten Tag Nataljas aus der Sicht ihrer Tochter. Wir bringen einen Ausschnitt in deutscher Übersetzung.

„Lana, wo ist mein Parfüm?“ Hektische Worte, in der Stimme ein Vorwurf. Ich habe zuhause eine eigene Ordnung eingeführt und lehne Mamas System, Kleinigkeiten aufzubewahren mit Verachtung ab. Ich habe mein eigenes System. Hätte sie mir vielleicht, wenn ich dieses verfluchte Parfüm an seinem Platz gelassen hätte, an diesem Morgen etwas anderes gesagt, in einem anderen Ton? „Lana, wo ist mein Parfüm?“ Das ist der letzte Satz, den ich von Mama gehört habe. Sie ging und hinterließ einen leichten Duft von Nina Ricci. Und danach habe ich sie nicht mehr lebend gesehen.

Weiterlesen …

Zehn Jahre nach der Ermordung Natalja Estemirovas - Mahnwachen mit Festnahmen

Svetlana Gannuschkina, Alexander Tscherkassov (Memorial) und Jelena Milachina (Novaja gazeta – Natascha Estemirova hatte ebenfalls dort publiziert) organisierten am heutigen 15. Juli – dem zehnten Jahrestag der Ermordung Natalia Estermirovas – eine Mahnwache auf dem Roten Platz. Sie trugen Plakate mit der Aufschrift: „Menschenrechtlerin Natalija Estermirova - vor zehn Jahren ermordet“, „Die Auftraggeber und Mörder wurden immer noch nicht gefunden“ und „Wie kann das sein, Herr Präsident“.

Alle drei Personen wurden festgenommen und im Laufe des Nachmittags wieder freigelassen, ihnen allen wird ein Verstoß gegen das Ordnungsstraftecht vorgeworfen. Bei Svetlana Gannuschkina handelt es sich um einen „Wiederholungsfall“, der mit einer Geldstrafe von 150.000 bis 300.000 Rubeln, 40 bis 200 Stunden gemeinnütziger Arbeit oder mit dreißig Tagen Haft geahndet werden kann.

Nach ihrer Freilassung stießen Svetlana Gannuschkina, Alexander Tscherkassov und Jelena Milaschina zu der von Memorial organisierten Gedenkveranstaltung.

15. Juli 2019

Weiterlesen …

Ojub Titiev nach seiner Freilassung

In mehreren Medien äußerte sich Ojub Titiev nach seiner Freilassung in Interviews. Wir bringen Auszüge.

Ojub, ich verstehe, dass Journalisten Ihnen den ganzen Tag ein und dieselben Fragen stellen, aber ich kann es nicht ungefragt lassen, wie geht es Ihnen?

Es geht mir wunderbar, ich bin einfach froh, alle Freunde zu sehen, ich habe lange niemanden mehr gesehen, schon anderthalb Jahre nicht mehr. Was das für ein Gefühl ist, verstehen Sie wahrscheinlich.

Ihre Frau und Ihre Kinder haben Tschetschenien direkt nach Ihrer Verhaftung verlassen. Sind sie wieder zurückgekehrt?

Nein, sie sind nicht zurückgekommen. Ich habe sie noch nicht gesehen. Wir haben nur kurz telefoniert, sie wissen, dass ich es nach Hause geschafft habe.

Sie haben im Verlauf des ganzen Prozesses ziemlich gut durchgehalten. Woher haben Sie die Kraft genommen?

Die Kraft hat mir die Unterstützung meiner Freunde, nahestehender Menschen und Kollegen gegeben, aber auch der Journalisten und der internationalen Gemeinschaft. Ich habe verstanden, dass es eine sehr starke, kraftvolle Unterstützung gab. Deshalb habe ich mich immer sicher gefühlt.

Weiterlesen …

Christina Riek neues Vorstandsmitglied bei MEMORIAL Deutschland

Die Übersetzerin Christina Riek ist neues Mitglied im Vorstand von MEMORIAL Deutschland. Die 31-jährige Berlinerin wurde am 23. Juni 2019 mit großer Mehrheit von der Mitgliederversammlung zum neuen Vorstandsmitglied gewählt.

Christina Riek: „Ich möchte vor allem junge Menschen für die Themen und Ziele von Memorial sensibilisieren. MEMORIAL entstand als Bürgerrechtsbewegung, um die Auswirkungen der Gewaltherrschaft des Stalinismus aufzuarbeiten und der Opfer zu gedenken. Die aktuelle Lage in Russland und anderen ehemaligen Sowjetrepubliken - aber ebenso besorgniserregende Tendenzen in Deutschland - machen es notwendig, die Arbeit weiter zu entwickeln und mit jungen engagierten Menschen demokratiefeindlichen Bestrebungen entgegenzuwirken. Der unvoreingenommene Blick junger Menschen auf aktuelle Fragestellungen muss unsere gemeinsame Arbeit bereichern.“

Zu Memorial kam Riek durch einen Freiwilligendienst mit Aktion Sühnezeichen bei Memorial St. Petersburg. Bei Memorial Deutschland leitete sie zuletzt die deutsch-russische Jugendbegegnung "Vorurteile ins Abseits!" und die Sommerschule "Vergangener Konflikte gedenken, die Zukunft denken - Geschichte gemeinsam schreiben" für Studierende aus Belarus, Russland, Ukraine und Deutschland.

Riek folgt auf Dr. Edgar von Radetzky, der nach insgesamt zehn Jahren Vorstandsarbeit auf eigenen Wunsch hin aus dem Vorstand ausschied. Von Radetzky führte den Verband mit großem persönlichen Engagement auch durch schwierige Zeiten. Vorstand und Mitgliederversammlung dankten dem 80-Jährigen für seine herausragende Arbeit.

25. Juni 2019

Weiterlesen …

Zieht die russische Delegation auf einem Schimmel in die Parlamentarische Versammlung des Europarats ein?

Nachstehend dokumentieren wir eine Stellungnahme von Oleg Orlov (Menschenrechtszentrum Memorial , Mitglied im Vorstand von Memorial International) zur Haltung der Parlamentarischen Versammlung des Europarats.

Das russische Parlament (wenn man denn diesen Marionettenverein als solches bezeichnen will) kehrt nach langer Pause mit einer Delegation in die Parlamentarische Versammlung des Europarats zurück.

Wozu? Offenbar, um die Kapitulation des Euraparats entgegenzunehmen. Die Sanktionen gegenüber der russischen Delegation sollen offenbar aufgehoben werden.

Um welche Sanktionen handelt es sich, auf die man verzichten soll? Der russischen Delegation, die ein Land vertritt, das gegen die Satzung des Europarats verstoßen und die Verpflichtungen nicht erfüllt hat, die es beim Eintritt in den Europarat übernommen hat, war das Stimmrecht entzogen worden. 1996 war Russland unter bestimmten Bedingungen aufgenommen worden, die in dem entsprechenden Akt fixiert sind. Damals bekundete unser Land seine Absicht, „internationale und innere Konflikte mit friedlichen Mitteln zu lösen (wozu alle Mitgliedsländer des Europarats verpflichtet sind), es erteilte allen Formen von Drohungen und Gewaltanwendung gegen seine Nachbarn eine entschiedene Absage, bestehende Grenzkonflikte mit Nachbarländern sollten nach den Prinzipien des internationalen Rechts unter Einhaltung bestehender internationaler Verträge gelöst werden“. Aber 2014 kam es zur Annexion der Krim und dann zur Aggression in der Ostukraine. Darauf erfolgten die Sanktionen.

Weiterlesen …

Ojub Titiev aus Haft entlassen

Heute, am 21. Juni 2019 wurde Ojub Titiev, Leiter von Memorial Tschetschenien, aus der Haft entlassen.

Am 10. Juni hatte das Stadtgericht Schali seinem Antrag auf vorzeitige Haftentlassung auf Bewährung zugestimmt. Für seine Freilassung hatten sich eine Vielzahl russischer sowie ausländischer Organisation und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens eingesetzt. Bei seiner Freilassung warteten Familienmitglieder sowie Kollegen, die Titiev am Tor empfingen. Auf die Frage, ob er beabsichtige seine Menschenrechtsarbeit fortzusetzen, antwortete er, dass er diese gar nicht aufgegeben habe. In Tschetschenien selbst werde Memorial nicht mehr arbeiten, die Arbeit selbst aber werde in jedem Fall fortgeführt, so Titiev.

21. Juni 2019

Weiterlesen …

Über 500 Festnahmen bei Protestmarsch in Moskau

Bei dem Protestmarsch am 12. Juni in Moskau, der ursprünglich die Freilassung von Ivan Golunov zum Ziel hatte, kam es zu mehr als fünfhundert Festnahmen. Die Veranstalter der Aktion hatten an der nicht genehmigten Solidaritätsveranstaltung festgehalten, obwohl das Verfahren gegen Golunov eingestellt und er aus dem Hausarrest entlassen worden war, um die Aufklärung ähnlicher fabrizierter Verfahren, eine Reform des Paragraphen 228 und die Freilassung Unschuldiger zu fordern.

Unter den Verhafteten befanden sich neben Aleksej Navalnyj auch viele Journalisten. Die Sicherheitskräfte gingen mit großer Härte gegen die Teilnehmer vor. Gegen Abend wurden einige Festgenommene, die auf verschiedene Polizeistationen verteilt worden waren, wieder auf freien Fuß gesetzt, zu einigen ließ man keine Anwälte vor.

Den Teilnehmern drohen Strafen von bis zu 15 Tagen Haft wegen Verletzung des Versammlungsrechts sowie der Teilnahme an einer ungenehmigten Veranstaltung.

12./13. Juni 2019

Weiterlesen …

Zum Verfahren gegen Jurij Dmitriev

Solidaritätsveranstaltung im Sacharov-Zentrum, Drohungen von Mithäftlingen, Dmitrievs Anwalt zum Stand des Prozesses

Seit etwa einem Jahr läuft nun der zweite Prozess gegen Jurij Dmitriev, Vorsitzender von Memorial Karelien.

Dmitriev erforscht seit vielen Jahren die Geschichte des sowjetischen Terrors in Karelien, ermittelte die Namen von über 13.000 Opfern und verzeichnete sie in einem Gedenkbuch. Sein Name ist zudem eng mit der Gedenkstätte Sandarmoch bei Medvezhegorsk verbunden, wo während der Zeit des Großen Terrors Tausende von Menschen erschossen wurden.

In einem ersten Verfahren war Dmitriev vom Stadtgericht Petrozavodsk von dem Vorwurf der Pornographie freigesprochen und am 27. Januar 2018 aus der Untersuchungshaft entlassen worden. Gleichzeitig verurteilte man ihn zu zweieinhalb Jahren Haft wegen unerlaubten Waffenbesitzes, die allerdings auf die in der Untersuchungshaft verbrachte Zeit angerechnet wurde.

Am 27. Juni 2018 wurde Dmitriev erneut verhaftet, diesmal wegen angeblicher gewaltsamer sexueller Handlungen gegen Minderjährige unter 14 Jahren [Art. 132, Abschn. 4b des russ. StGB], ihm drohen nun bis zu 20 Jahren Haft. Die Staatsanwaltschaft von Karelien und die Großmutter von Dmitrievs Pflegetochter waren gegen den Freispruch in Revision gegangen. Es folgte eine erneute psychiatrische Untersuchung in St. Petersburg, die ihm in einem Gutachten vollständige psychische Gesundheit bescheinigte und keinerlei psychische Abweichungen oder pädophile Neigungen feststellte.

Wie Dmitrievs Anwalt berichtete, wurde sein Mandant in der Untersuchungshaft nun kürzlich von Mitgefangenen, die Dmitriev zwingen wollten, ein Geständnis abzulegen, massiv bedroht, Dmitriev wurde daraufhin in eine andere Zelle verlegt. Gleichzeitig fand in Moskau am 29. Mai im Sacharov-Zentrum eine Veranstaltung zur Unterstützung von Dmitriev unter Beteiligung seiner Familie, seines Anwalts und mehrerer Prominenter wie Ljudmila Ulizkaja, Lija Achedshakova, Andrej Makarevitsch und Julij Kim statt. In einem Interview äußert sich Dmitrievs Anwalt, Viktor Anufriev, zum Stand der Dinge.

Wir bringen das Interview in leicht gekürzter Fassung:

Weiterlesen …

Verfahren gegen Golunov eingestellt

Wie der russische Innenminister Vladimir Kolokolzev am 11. Juni mitteilte, ist das Verfahren gegen den Journalisten Ivan Golunov eingestellt worden. Begründet wird dies damit, dass seine Schuld nicht bewiesen sei.

Am Abend des 11. Juni werde Golunov aus dem Hausarrest entlassen.

Die Verhaftung Golunovs hatte im In- und Ausland eine breite Protestwelle ausgelöst.

11. Juni 2019

Weiterlesen …

Erklärung des Menschenrechtszentrums Memorial zum Fall Golunov

Bei der Festnahme des „Meduza“-Journalisten Ivan Golunov ist es zu zahlreichen schwerwiegenden Verfahrensverstößen gekommen. Die Tatsache, dass seine Angehörigen nicht verständigt und mehrere Stunden lang kein Anwalt zu ihm gelassen wurde, die dubiosen Umstände bei seiner persönlichen Durchsuchung sowie bei der Haussuchung, die von den Moskauer Behörden veröffentlichten gefälschten Fotos des „häuslichen Drogenlaboratoriums“, Schläge, verweigerte medizinische Hilfeleistung, eine längere Inhaftierung als zulässig – diese Liste ist noch unvollständig und gibt allen Anlass zu vermuten, dass ein Verfahren gegen ihn fabriziert werden sollte.

Es scheint wenig glaubwürdig, dass ein aktiv und erfolgreich recherchierender Journalist zugleich Drogenhandel betreibt. Wir wissen, wie leicht Verfahren fabriziert werden, in denen Aufbewahrung von Drogen unterstellt wird, so es wie z. B. bei den politischen Gefangenen Ojub Titiev, Andrej Kolomijz, Michail Savostin, Zhalaudi Geriev und Ruslan Kutaev der Fall war.

Dass derartige Rechtsverletzungen sowie die Fälschung von Beweismitteln in Strafverfahren notorisch ungeahndet bleiben, leistet dieser verbreiteten Praxis Vorschub.

Wir erklären uns mit Ivan Golunov solidarisch und fordern eine objektive und transparente Untersuchung der gegen ihn erhobenen Vorwürfe.

Die Personen, die für die Verletzung von Golunovs Rechten verantwortlich sind und erst recht jene, die „Beweismittel“ für ein besonders schweres Verbrechen gefälscht haben, müssen ausfindig gemacht und bestraft werden. Daher ist es von großer Bedeutung, dass die Unterstützungs- und Solidaritäts-Kampagne, die in kurzer Zeit weltweit in Gang kam, fortgesetzt wird.

10. Juni 2019

Weiterlesen …

Titievs Antrag auf vorzeitige Haftentlassung stattgegeben

Ojub Titiev hatte am 15. Mai eine vorzeitige Haftentlassung beantragt. Wegen angeblichen Drogenbesitzes war er am 18. März dieses Jahres zu vier Jahren Freiheitsentzug verurteilt worden.

Der Richter des Stadtgerichts Schali As-Saljal Kultschiev gab Titievs Antrag heute statt. Das Urteil tritt in zehn Tagen in Kraft.

Titiev will nach seiner Freilassung seine Menschenrechtsarbeit wieder aufnehmen.

10. Juni 2019

Weiterlesen …

Zur Festnahme eines Meduza-Korrespondenten in Moskau

Der Journalist Ivan Golunov, der in Moskau am 6. Juni festgenommen wurde, soll laut Gerichtsbeschluss vom 8. Juni in den Hausarrest überstellt werden. Bis zum 7. August darf er seine Wohnung nicht verlassen.

Golunov ist als Korrespondent für das in Lettland ansässige Internetportal Meduza tätig und hat etliche Berichte über Korruption in Moskau publiziert. Meduza zufolge hat er immer wieder Drohungen erhalten.

Angeblicher Grund der Festnahme war versuchter Drogenhandel in großem Umfang (worauf eine Haftstrafe von 10 bis 20 Jahren steht) – in seinem Rucksack sowie später in seiner Wohnung sollen Drogen gefunden worden sein. Nach Aussage Golunovs wurden die Drogen ihm untergeschoben, ein in Russland nicht ungewöhnliches Vorgehen, wie es nicht zuletzt auch bei Ojub Titiev praktiziert wurde. Von der Polizei präsentierte und in den Medien verbreitete Fotos, auf denen Golunovs Wohnung mit den dort befindlichen Drogen zu sehen sein sollten, stammten in Wirklichkeit von einem anderen Örtlichkeit, wie inzwischen auch eingeräumt wurde.

In der Haft wurde Golunov misshandelt, geschlagen und getreten. Anwälte erreichten schließlich – gegen etlichen Widerstand – seine Einlieferung ins Krankenhaus. Diagnostiziert wurden zwei gebrochene Rippen, Prellungen und eine Gehirnerschütterung.

Sowohl in Russland als auch im Ausland kam es zu zahlreichen Protesten, in Russland wurden bei Einzelmahnwachen etliche Protestierende festgenommen. Eine Petition für die Freilassung Ivan Golunovs finden Sie hier.

8. Juni 2019

Weiterlesen …

Zum Schülerwettbewerb "Der Mensch in der Geschichte"

Erklärung der Internationalen Gesellschaft MEMORIAL

Bereits 20 Jahre – seit 1999 – führt MEMORIAL International jährlich den Schülerwettbewerb „Der Mensch in der Geschichte. Russland – das 20. Jahrhundert“ für die Oberstufe durch. In diesen 20 Jahren haben etwa 50.000 Schüler aus allen russischen Regionen daran teilgenommen. Mitglieder der Jury waren zu verschiedenen Zeiten Akademiemitglied Sigurd Schmidt sowie die Schriftsteller Daniil Granin und Svetlana Alexijewitsch. Heute leitet Ljudmila Ulizkaja die Jury. Die Hauptaufgabe des Wettbewerbs besteht darin, bei den Schülern das Interesse an der russischen Geschichte sowie an der Geschichte ihrer Familie, ihrer kleinen Heimat, zu wecken.

Seit 2016 ist der Wettbewerb Attacken von Aktivisten der radikalen Organisationen NOD (Nationale Befreiungsbewegung) und SERB (South East Radical Block) ausgesetzt, und das nicht ohne publizistische Schützenhilfe durch die föderalen Fernsehkanäle REN-TV und Rossija 24. In diesem Jahr strahlte Rossija 24 am Abend vor der Jubiläumsveranstaltung - der zwanzigsten Preisverleihung - einen Beitrag aus, in dem der Wettbewerb und seine Teilnehmer auf perfide Weise verleumdet wurden. Die Organisatoren des Wettbewerbs wurden als „moderne Judasse“ bezeichnet, die Autoren folgten damit den übelsten Traditionen der sowjetischen Propaganda. Diese Kampagne wurde auch nach der Preisverleihung fortgesetzt. Vorwürfe des „Antipatriotismus“ und des Ansinnens, die Geschichte „umzuschreiben“, wurden nicht nur gegen die Organisatoren erhoben, sondern auch gegen die Schüler und ihre Lehrer.

Das Empörendste spielte sich jedoch erst ab, nachdem die Preisträger nach Hause zurückgekehrt waren. Seit dem 6. Mai erfährt das Organisationskomitee des Wettbewerbs immer häufiger davon, dass in den meisten der 24 Regionen, in denen die diesjährigen Preisträger leben, ihre wissenschaftlichen Leiter und Lehrer zu den Schuldirektoren zitiert werden, zu Unterredungen mit Personen, die sich als Mitarbeiter lokaler Bildungsabteilungen, der Regionalverwaltung oder des FSB ausgeben. Die Lehrer werden befragt, wie die Information über den Wettbewerb verbreitet wird, es wird verlangt, die Arbeiten der Teilnehmer vorzulegen (auch aus früheren Jahren) und von einer weiteren Zusammenarbeit mit Memorial wird nachdrücklich abgeraten. Gelegentlich wurden zu solchen prophylaktischen Gesprächen auch die Laureaten, die Schüler selbst, dazugeladen.

Die Tatsache, dass diese Besuche in den Schulen mehrerer Regionen synchron und parallel verliefen, deutet darauf hin, dass diese „Überprüfungen“ keine lokale Initiative sind, sondern zentral gesteuert.

Wir sehen darin nicht nur den Versuch, die langjährige Bildungsarbeit von Memorial zu diskreditieren, sondern auch das Bestreben, Schüler und Lehrer in Angst zu versetzen und Zensur auszuüben. Diese Versuche, die Teilnehmer des Wettbewerbs unter Druck zu setzen, sind inakzeptabel.

Wir hoffen auf die Unterstützung und Solidarität der Öffentlichkeit.

4. Juni 2019

Weiterlesen …

Why we did not sign the Memorandum by Russian human rights activists

Nachfolgend dokumentieren wir die Stellungnahme des Menschenrechtszentrums Memorialzum "Memorandum russischer Menschenrechtler" in englischer Übersetzung

Response of the Council of the Memorial Human Rights Center

Over the past year, the possibility of Russia’s withdrawal or expulsion from the Council of Europe has been actively discussed in the media and social networks.

Such a development will inevitably cause extremely serious consequences for the human rights situation in our country.

In the face of this threat, a group of Russian human rights activists issued a special Memorandum, and invited other like-minded members of Russian human rights NGOs to join the appeal. Our colleagues express their great concern and declare that Russia should remain in the Council of Europe, since, for our citizens, the European Court of Human Rights - the most important institution in the Council of Europe – is probably the only higher authority that can protect their basic human rights. Decisions issued by the European Court of Human Rights allow Russian civil society to fight for and sometimes achieve systemic changes in legislation and law enforcement practice. The Memorandum sets forth specific proposals addressed to the Council of Europe by the signatories. They propose to soften the sanctions against the Russian delegation in order to prevent it from pulling out of PACE.

Weiterlesen …

Suche