Quelle: Nesawissimaja Gaseta vom 22.12.05 (gekürzte Zusammenfassung, Übersetzung aus dem Russischen)
Wir, Vertreter russischer Nichtregierungsorganisationen, drücken unsere äußerste Besorgnis im Zusammenhang mit der Behandlung des Gesetzentwurfs "Über einige Änderungen an Gesetzesakten der Russischen Föderation" in der Staatsduma aus, dessen Ziel die Verschärfung der Kontrolle über die Institute der Zivilgesellschaft ist. Die vorgeschlagenen Gesetzesänderungen widersprechen völlig den Erklärungen der russischen Staatsführung, in denen sie die Entwicklung der Zivilgesellschaft unterstützt. Anstelle der von den Autoren des Gesetzesentwurfs deklarierten "Stabilisierung" und "Gleichberechtigung" wird die Annahme solcher Änderungen zur Lähmung des gesellschaftlichen Lebens, zur Destabilisierung und zur Rechtswillkür führen.
Die Annahme des von einer Abgeordnetengruppe der Fraktionen Einiges Russland, Rodina, KPRF und LDPR vorgeschlagenen Gesetzes führt zur Einstellung der Tätigkeit einer großen Zahl von Organisationen und fügt den Interessen unseres Landes erheblichen Schaden zu. Wir sind davon überzeugt, dass Gesellschaft und Staat bisher noch nicht vollständig bewusst ist, in welchem Maße die russischen Nichtregierungsorganisationen einen wesentlichen Beitrag zur Wirtschaft und zur sozialen Entwicklung des Landes leisten und dabei Funktionen übernehmen, die weder der Staat noch die Marktinstitute ausfüllen.
Nach übereinstimmender Einschätzung von Experten diskriminiert das Gesetz Nichtregierungsorganisationen und schränkt das Verfassungsrecht der Bürger auf Vereinigung erheblich und unbegründet ein. Es verschlechtert die Rechtsstellung von gesellschaftlichen Vereinigungen und Nichtregierungsorganisationen und begrenzt die Freiheit ihrer Tätigkeit. Damit werden sie kommerziellen, staatlichen und kommunalen Organisationen gegenüber benachteiligt.
Ebenso wird das Verfassungsrecht der Bürger auf nichtformale, nichtregistrierte Vereinigung, also ohne den Status einer juristischen Person anzustreben, eingeschränkt. Künftig sollen solche Vereinigungen sie die staatlichen Registrierungsbehörden über ihre Existenz informieren müssen. Dabei soll die Form dieser Benachrichtigung nicht durch das Gesetz, sondern durch die Regierung der Russischen Föderation bestimmt werden. Außerdem beinhaltet der Gesetzentwurf eine sehr schwammige Aufzählung zusätzlicher Gründe, aus denen Organisationen die Registrierung verweigert werden kann.
Der Gesetzentwurf beinhaltet die ungerechtfertigte Verschärfung der Kontrolle über die Tätigkeit aller russischen Nichtregierungsorganisationen, unabhängig davon, womit sie sich beschäftigen. Es ist geplant, dass die staatlichen Registrierungsorgane mit zusätzlichen Kontrollvollmachten versehen werden. Künftig sollen sie die Tätigkeit nichtkommerzieller Organisationen inhaltlich und finanziell kontrollieren, zu jeder Zeit und ohne irgendeine Begründung Finanz- und andere Dokumente anfordern können. Damit verlieren gesellschaftliche Vereinigungen nicht nur endgültig den Status der Selbstverwaltung, sondern damit wird auch der Boden für Beamtenwillkür und selektive Rechtsanwendung bereitet.
Besonders streng wird die Tätigkeit ausländischer nichtkommerzieller Organisationen in Russland eingeschränkt. Vorgesehen ist es, die Tätigkeit von Vertretungen und Filialen ausländischer und internationaler nichtkommerzieller Organisationen zu verbieten. Sie sollen sch künftig nur noch in der Form einer gesellschaftlichen Vereinigung, also als russische juristische Personen vertreten lassen können. Das ist aus rechtlichen Gründen für den größten Teil ausländischer Organisationen nicht möglich. Dadurch wird die Tätigkeit vieler ausländischer NGO, die in ganz unterschiedlichen Sphären, darunter im Bereich von Kultur, sozialer Unterstützung der Bevölkerung, Gesundheitsvorsorge, Bildung und Umweltschutz, arbeiten faktisch ungesetzlich. Außerdem verlieren ausländische Bürger, die kein ständiges Aufenthaltsrecht in Russland haben, das Recht, russische NGO zu gründen oder in ihnen aktiv zu sein. Das verletzt direkt die Verfassung der Russischen Föderation, die jedem (und nicht nur russischen Bürgern) das Recht auf Vereinigung garantiert.
Eine Reihe der vorgeschlagenen Änderungen widersprechen direkt den Normen des Völkerrechts und der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, die Russland ratifiziert hat. Dadurch wird das Ansehen Russlands als Garant des Völkerrechts untergraben. Als Ergebnis einer Annahme des Gesetzentwurfs wird Russland großer Schaden zugefügt, was sich besonders deutlich am Vorabend der Übernahme des Vorsitzes der in der G8 zusammengeschlossenen Industrieländer durch Russland zeigt.
Juristische Expertisen des Gesetzesentwurfs zeigen, dass eine Annahme in den kommenden Monaten schwerwiegende Folgen für das Funktionieren der Zivilgesellschaft haben wird. Die Satzungen aller nichtkommerziellen Organisationen in Russland müssen unter der Drohung ihrer Schließung binnen einen Jahres mit den neuen Forderungen in Übereinstimmung gebracht und von den Justizorganen genehmigt werden. Diese Prozedur steht mehreren Hunderttausend Organisationen bevor. Wenn man die im Gesetzentwurf enthaltenen verschwommenen, rechtlich kaum fassbaren und sehr breit angelegten Gründe für eine Ablehnung der Registrierung in Betracht zieht, dann wird diese Umregistrierung ohne Frage die Arbeit der meisten NGO lähmen. Das betrifft wohltätige Organisationen ebenso wie kulturelle, Behindertenverbände wie Jugendorganisationen, Menschenrechtler und Umweltschützer. Der Prozess der gleichzeitigen Registrierung hunderttausender russischer NGO und ebenso die bürokratische Kontrolle ihrer Arbeit wird zu erheblichen Mehrausgaben aus dem Staatsbudget führen, was die Autoren des Gesetzentwurfs bewusst verschweigen.
Mit den nichtkommerziellen Organisationen wurde über den Gesetzentwurf - im Widerspruch zu den wiederholten Erklärungen der russischen Staatsführung, dass der Dialog des Staates mit der Zivilgesellschaft notwendig sei - überhaupt nicht gesprochen. Die nichtöffentliche Vorbereitung des Gesetzentwurfs zeugt davon, dass sich seine Initiatoren im Klaren darüber sind, dass er gegen die Interessen der Zivilgesellschaft gerichtet ist und bei einer wirklichen und offenen Debatte nicht durchsetzbar wäre.
Wir sind davon überzeugt, dass die Zivilgesellschaft in Russland nicht "stabilisiert" werden muss, si muss sich entwickeln können. Totale Kontrolle hilft ihrer Entwicklung dagegen nicht. Weil der vorgeschlagene Gesetzentwurf diskriminierenden Charakter hat, weil er nicht verfassungskonform ist, weil die Gefahr bürokratischer Willkür bei seiner Anwendung besteht, weil die zu erwartende Kürzung der Programme der nichtkommerziellen Organisationen negative soziale und wirtschaftliche Folgen haben wird, weil er den Staat viel Geld kosten wird und weil es keine vernünftigen Argumente für seine Annahme gibt, appellieren wir an die Regierung und an das Parlament mit der Forderung, diesen Gesetzentwurf nicht zu unterstützen.
Wir erklären unser Nein zur Verschärfung der Kontrolle über die Zivilgesellschaft und unser Ja für ihre freie Entwicklung zum Wohl unseres Landes.
Unterschriften:
Initiatoren der Erklärung:
Ljudmila Alxejewa, Moskauer Helsinki Gruppe
Manana Aslamsjan, Agentur "Internews"
Alexander Ausan, Institut Nationales Projekt "Gesellschaftsvertrag"
Ljudmila Wachnina, Menschenrechtszentrum Memorial
Walntin Gefter, Institut für Menschenrechte
Lidija Grafowa, Forum der Umsiedlerorganisationen
Leonid Grigorijew, Assoziation unabhängiger Wirtschaftsanalysezentren
Galina Grischina, "Ost-West: Fraueninnovationsprojekte"
Alexander Daniel, Internationales Memorial
Jurij Dschibladse, Zentrum zur Entwicklung von Demokratie und Menschenrechten
Swjatoslaw Sabelin, Internationale Sozial-Ökologische Union
Olg Komarowskij, Institut Nationales Projekt "Gesellschaftsvertrag"
Ida Kuklina, Union der Komitees der Soldatenmütter Russlands
Tatjana Lokschina, Zentrum "Demos"
Arsenij Roginskij, Internationales Memorial
Jelena Rusakowa, Jugendzentrum für Menschenrechte und Rechtskultur
Natalja Samower, Historikerin
Natalja Taubina, Fonds "Gesellschaftliches Verdikt"
Michail Timentschik, Fond "Stützpunkte"
Jelena Topolewa, Agentur für Soziale Information
Grigorij Schwedow, Internationales Memorial
Bis 15.11.05 haben auf der Website "Menschenrechte in Russland" (
Übersetzung: Jens Siegert
Quelle:
http://www.memo.ru/daytoday/5nko1114.htm
Am 12. Oktober wurde der Max van der Stoel-Preis 2005 im Rahmen einer Feierstunde im Spanischen Hof in Den Haag der Internationalen Gesellschaft MEMORIAL verliehen. Die Preisübergabe an die Geschäftsführerin der Internationalen Gesellschaft MEMORIAL, Frau Elena Schemkowa, und den Vorsitzenden des Menschenrechtszentrums MEMORIAL, Oleg Orlow, erfolgte durch den niederländischen Außenminister Dr. Bernhard Bot.
Der 2001 vom niederländischen Außenministerium zu Ehren des ehemaligen Hochkommissars der OSZE für nationale Minderheiten, Max van der Stoel, gestiftete Preis wird alle zwei Jahre an Einzelpersonen, internationale Organisationen, Nichtregierungsorganisationen, Forschungsinstitute oder Regierungsbehörden vergeben, die wesentlich zur Verbesserung der Lage der nationalen Minderheiten im OSZE-Raum beigetragen haben.
Die Jury setzt sich aus namhaften Persönlichkeiten zusammen, deren Arbeit mit nationalen Minderheiten internationale Anerkennung gefunden hat. Ihr gehören Rolf Ekeus, Hochkommissar der OSZE für nationale Minderheiten, der polnische Außenminister, Professor Adam Rotfeld, die ehemalige Vorsitzende der parlamentarischen Versammlung der OSZE, Frau Helle Degn, der Direktor des Instituts für Ethnologie und Anthropologie der russischen Akadmie der Wissenschaften, Dr. Walerij Tischkow sowie Professor Ed van Tijn aus den Niederlanden an.
Der Preis wurde erstmals im Jahr 2003 der Direktorin des lettischen Zentrums für Menschenrechte und ethnische Forschung, Frau Ilse Brands Kehris, verliehen. Die Missionen und Institute der OSZE, die Botschaften der Niederlande im OSZE-Raum und der Hochkommissar für Menschenrechte konnten Vorschläge für die Preisverleihung 2005 unterbreiten. Die Gesellschaft MEMORIAL ist der zweite Träger des Max van der Stoel-Preises.
Die Jury begründete ihre Entscheidung mit der "unermüdlichen und mutigen Arbeit, mit der die Gesellschaft MEMORIAL sich dafür einsetzt, dass Ungerechtigkeit und Menschenrechtsverletzungen wahrgenommen werden und Vertrauen zwischen den ethnischen Gruppen geschaffen wird; dem Kampf gegen ethnische Diskriminierung und Unterdrückung und der Prävention interethnischer Spannungen und Konflikte durch Monitoring, Untersuchungen und Information und dem Schutz der Menschenrechte Einzelner - Männer, Frauen und Kinder - , die aufgrund ihrer ethnischen Herkunft verfolgt werden".
Der Preis wurde in Gegenwart von Max van der Stoel und den Jury-Mitgliedern Rolf Ekeus, OSZE-Hochkommissar für nationale Minderheiten, sowie Frau Helle Degn, Dr. Walerij Tischkow und der Preisträgerin des Jahres 2003, Frau Ilse Brands Kehris, verliehen.
Weiterlesen … MEMORIAL mit Max von der Stoel-Preis 2005 ausgezeichnet
2. Der Kampf gegen den Terrorismus und die Menschenrechte. Die Wahrung der Menschenrechte als zentrales Element zur Gewährleistung von Sicherheit
Diese Frage ist für alle Länder von Bedeutung die antiterroristische Operationen durchführen und am globalen Kampf gegen den Terror beteiligt sind. Für unser Land ist diese Frage vor dem Hintergrund des fortwährenden Blutvergießens in Tschetschenien sowie der Terroranschläge in Russland besonders aktuell. Wir sind überzeugt, dass Rechtsstaatlichkeit und die Einhaltung der Menschrechte für Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit ein Unterpfand und keine Beeinträchtigung darstellen. Es ist nicht hinnehmbar, dass der Kampf gegen den Terrorismus als Rechtfertigung für massenhafte Menschenrechtsverletzungen dient. Eben dies geschieht aber Russland. Bei der antiterroristischen Operation im Nordkaukasus kommt es ständig zu Entführungen und Morden, es bestehen dort illegale Gefängnisse, die Festgenommenen und Haftgefangenen sind dort Folter ausgesetzt und bei den "Säuberungen" von Ortschaften kommt es permanent zu Morden und Plünderungen. Die Behörden schaffen im Gebiet der antiterroristischen Operation zielstrebig einen rechtsfreien Raum. Diese Art des Vorgehens der Sicherheitskräfte breitet sich vom Nordkaukasus über ganz Russland aus. Das Problem wird durch bereits vorgenommene oder vorgesehene Änderungen in der Gesetzgebung verschärft, die den internationalen Standards und der Verfassung der Russischen Föderation zuwiderlaufen. Wir sind der Ansicht, dass die europäischen Staaten - unser Land eingeschlossen - an einem offenen und aufrichtigen Dialog zu diesem ernsten Thema interessiert sein müssen. Bei einem solchen Dialog wäre es von Nutzen die Situation im Nordkaukasus, vor allem in der Tschetschenischen Republik (Russische Föderation), sowie die positiven und negativen Erfahrungen in Nordirland (Vereinigtes Königreich), im Baskenland (Spanien) und auf dem Balkan eingehend zu erörtern. In diesem Kontext wäre ein Austausch der Überlegungen zu einer veränderten Gesetzgebung, die die Befugnisse der Polizei- und Justizbehörden erweitert und fundamentale Rechte und Freiheiten einschränkt, überaus hilfreich. Hierzu zählt auch ein Austausch von - positiven wie negativen - Erfahrungen in Bezug auf unlängst eingeführte neue Gesetzesbestimmungen zum Kampf gegen den Terrorismus und zur Erhöhung der Sicherheit.
3. Wahrung der Wählerrechte
Angesichts der Tatsache, dass die Institution fairer und freier Wahlen ein Fundament für einen demokratischen Staat darstellen, ist dieses Thema von höchster Wichtigkeit. In Russland ist ein Abbau wichtiger Institutionen der Volksherrschaft zu beobachten. Das im Jahre 2004 verabschiedete Gesetz "Über die Volksabstimmung in der Russischen Föderation" schließt praktisch die Möglichkeit aus, dass eine Volksabstimmung auf Initiative von Bürgern oder oppositioneller Parteinen durchgeführt wird. Es verwandelt die Volksabstimmung in ein Instrument allein des herrschenden Regimes. Die Direktwahl der Gouverneure wurde abgeschafft. Der Präsident verfügt nun über das Recht, die Volksvertretungen in den Subjekten der Föderation aufzulösen und die seinerzeit von der Bevölkerung gewählten Oberhäupter der Föderationssubjekte ihres Amtes zu entheben. Die neuen Bestimmungen für die Wahlen zur Staatsduma legen fest, dass die Abgeordneten zukünftig ausschließlich über Parteilisten gewählt werden, wobei Wahlblöcke verboten sind und eine 7-Prozent-Hürde besteht. Zudem wurden für die bereits im Parlament vertretenen Parteien und für Parteien, die einen Einzug ins Parlament anstreben, ungleiche Wahlkampfbedingungen per Gesetz festgeschrieben. Das Oberhaus hingegen wird nicht von der Bevölkerung gewählt und besteht zur Hälfte aus Beamten, die von den Leitern der Exekutiven in den Subjekten der Russischen Föderation bestimmt werden. Das überaus wichtige Prinzip der Gewaltenteilung und der checks and balances wird auf diese Weise unterminiert. Unserer Ansicht nach sollte die Situation, die sich in unserem Land entwickelt hat, zum Gegenstand höchster Aufmerksamkeit in Rahmen des Dialoges zwischen Russland und der EU werden.
Nicht weniger wichtig und aktuell sind folgende Themen, die wir zur Aufnahme in die Tagesordnung zukünftiger Menschenrechtskonsultation vorschlagen.
1. Freiheit der Medien
Diese Freiheit ist eine grundlegende Voraussetzung für den Übergang zu einem demokratischen Aufbau von Staat und Gesellschaft. In der Russischen Föderation sind jedoch in den staatlichen oder vom Staat kontrollierten Fernsehkanälen alle Arten von Liveübertragung (mit Ausnahme von Sportsendungen), abgeschafft worden. Es fehlen dort freie, vollwertige politische Diskussionen, und es besteht ein zwar ungeschriebenes, jedoch unbeirrt befolgtes Verbot von Auftritten von oppositionellen Politikern und Bürgern mit abweichenden Überzeugungen sowie der Behandlung einer Reihe aktueller politischer Themen. Es werden informelle Treffen von Vertretern der Präsidentenadministration mit den Leitern der Fernsehkanäle abgehalten, auf denen die letzteren Anweisungen erhalten, wie und worüber berichtet oder nicht berichtet werden darf. In unserem Land fehlt die Institution des öffentlichen Fernsehens. Die Presse hat keinen gleichberechtigten Zugang zu den verschiedenen Formen staatlicher Subventionen. Die Zahl privater Zeitungen sinkt zu Gunsten staatlicher Zeitungen, die aus kommunalen, Gebiets- und städtischen Haushalten versorgt werden. Viele Zeitungen sehen sich unberechtigten und in der drohenden Strafsumme riesigen Klagen ausgesetzt, die zum Schutz von Ehre und Würde von Beamten angestrengt werden. Bei einer hörigen Gerichtsbarkeit werden solche Klagen zu einem Strick am Hals der Presse. Bis heute fehlt sowohl ein Gesetz über die Offenlegung von Informationen durch die Behörden als auch ein Gesetz über ein Zugangsrecht der Bürger zu Informationen.
2. Die Praxis politisch motivierter Verfolgung und das Problem der Unabhängigkeit des Gerichtssystems
Wir sind der Ansicht, dass außerrechtliche Bewertungen und Überlegungen im Bereich der Rechtsprechung prinzipiell nicht zugelassen werden können und dass in einem Gerichtsverfahren eine politische Motivation unausweichlich zu einer Verletzung der Rechte des Beschuldigten führt. Sowohl die Länder der Europäischen Union als auch die Russische Föderation müssen ein Interesse an der restlosen Beendigung einer solchen Praxis haben. In unserem Land sind dabei seit 2000 immer häufiger Gerichtsverfahren zu beobachten, die sich gegen Kritiker von Beamten oder staatlicher Behörden richten, bzw. gegen jene, die sich den Unwillen der Zentralregierung oder regionaler Regierungen zugezogen haben. Die Zahl der gesetzeswidrig Inhaftierten und zu unrecht Verurteilten, in deren Verfahren es eine politische Komponente gibt, wächst nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen beständig.
Ebenso bringen wir unsere große Besorgnis über die zunehmende Abhängigkeit der Rechtsprechung von der Exekutive zum Ausdruck, die sowohl durch die jüngsten Änderungen der Gesetzgebung als auch durch direkten Druck der Exekutive auf Berufs- und Schöffenrichter sowie in letzter Zeit auch auf Anwälte hervorgerufen wird.
3. Die Rechte von Armeeangehörigen und Zivildienstleistenden
Die Gewährleistung angemessener Bedingungen bei der Ableistung des Militärdienstes, die Schaffung einer wirksamen gesellschaftlichen Kontrolle, die Einbeziehung des internationalen humanitären Rechtes in die Vorschriften, die die Armeeangehörigen zu befolgen haben und ein zuverlässiger Schutz der Rechte von Armeeangehörigen müssen unabdingbare Komponenten im Modernisierungsprozess der Streitkräfte in der Russischen Föderation sein. Die Entfaltung einer derartigen Modernisierung in Russland würde den Sicherheitsinteressen sowohl unseres Landes als auch der Länder der Europäischen Union entsprechen.
In den vergangenen Jahren haben wir jedoch keinerlei nennenswerten Fortschritt in dieser Richtung beobachten können. Ganz im Gegenteil. Die Verbrechen, die in den Einheiten von Kommandeuren begangen werden, grausame Behandlung der Militärdienstpflichtigen, die Verletzungen der Menschenwürde, die Erpressung von Geld bei Soldaten und deren Familien, der Sklavenarbeit von Soldaten bei militärdienstfernen Tätigkeiten, die erzwungene Abkommandierung von Militärdienstleistenden in die Gebiete der militärischen Auseinandersetzung in Tschetschenien und vieles andere wird von den Behörden verheimlicht und bleibt in den meisten Fällen ungestraft.
Fälle von illegalem Handel mit Waffen und Munition sind kein Geheimnis. Eine objektive Untersuchung der Taten und eine gerechte Aufarbeitung vor Gericht wird durch den Korpsgeist der Offiziere, Militärstaatsanwälte und Militärrichter behindert.
Eine wirksame gesellschaftliche Kontrolle im Militärbereich wird durch das Fehlen der hierfür notwendigen Gesetzgebung erschwert. Die Zerrüttung der Streitkräfte stellt eine reale Bedrohung für die Sicherheit Russlands als auch der Länder der Europäischen Union dar.
Die Umsetzung des Rechts auf einen alternativen Zivildienst aus religiösen oder anderen Gründen in Russland ist ein weiteres wichtiges Problem. Nach Ansicht der NRO in der Russischen Föderation stellt das Anfang 2004 in Kraft getretene Gesetz über den alternativen Zivildienst durch die dort vorgeschriebene Dauer und die Bedingungen des Zivildienstes praktisch eine Bestrafung der Betroffenen für ihre Überzeugung dar. Die Institution des alternativen Zivildienstes in der Russischen Föderation basiert nach Einschätzung der VN und des Europarates nicht auf den international anerkannten Menschrechtsprinzipien und entspricht nicht den europäischen Standards. Zur Angleichung an diese Standards ist eine Revision des Gesetzes nötig.
4. Migration und Menschenrechte
Die Änderung des Status der ehemaligen Staatsangehörigen der UdSSR auf dem Gebiet der Russischen Föderation, die durch die Mitte 2002 in Kraft getretenen Gesetze "Über die Staatsbürgerschaft der Russischen Föderation", "Über den rechtlichen Status ausländischer Staatsangehöriger" erfolgte, hat Hunderttausende Bewohner der Russischen Föderation zu illegalen Migranten gemacht, die dadurch wesentliche soziale Rechte, das Recht auf Freizügigkeit und stellenweise - hieraus resultierend - das Recht auf Leben verloren haben.
Das System der Asylgewährung auf dem Gebiet der Russischen Föderation wurde praktisch aufgelöst. Das mit dieser Frage betraute Personal der Ministerien und Behörden blieb zahlenmäßig unverändert. Doch die Zahl der anerkannten Flüchtlinge hat sich von 290.000 im Jahre 1996 auf 500 im Jahre 2004 verringert. Die Russische Föderation weigert sich, die Last der Verantwortung für dieses Problem mit den Ländern der EU zu teilen und erfüllt also nicht ihre Verpflichtungen, die in der Flüchtlingskonvention der VN von 1951 festgelegt sind.
Gleichzeitig steht Russland bereits das zweite Jahr unter den Herkunftsländern von Asylsuchenden an erster Stelle. Ein großer Teil unserer Bürger, die im Ausland um Asyl nachsuchen, besteht aus Tschetschenen, die auf dem Gebiet der Russischen Föderation keine alternative Möglichkeit der Niederlassung erhalten. In Bezug auf diese Menschen erfüllt die Russische Föderation bereits mehrere Jahre nicht die von den VN verabschiedeten "Guiding Principles on Internal Displacement". Durch diese Nichteinhaltung wird den Ländern der Europäischen Union eine erhöhte Belastung aufgenötigt.
Ein gemeinsames Problem für Russland und die EU ist die Alterung der Bevölkerung und die demographische Krise. Es sind dies Probleme, die ohne eine ernsthafte Revision der Migrationspolitik nicht gelöst werden können.
5. Diskriminierung
Über die letzten Jahre sind in der Russischen Föderation Diskriminierung aus ethnischen Gründen und rassistisch motivierte Gewalt zu besonders akuten Problemen geworden. Das russische Rechtssystem verfügt über kein wirksames Instrumentarium zur Bekämpfung von Diskriminierung und Anstachelung zum Rassenhass. Wir müssen zu unserem Bedauern bei der Bekämpfung von Diskriminierung und rassistisch motivierter Gewalt ein praktisch gleichgültiges Verhalten der staatlichen Stellen aller Ebenen konstatieren. Besondere Besorgnis erregt dabei der Umstand, dass staatliche Stellen oft genug selbst Bürger mit bestimmten ethnischen Merkmalen diskriminieren, etwa Tschetschenen außerhalb Tschetscheniens, Turko-Meschetinzen im Gebiet Krasnodar sowie Roma und Sinti, oder aber der Diskriminierung Vorschub leisten. Ein ernstes Problem stellt auch die diskriminierende Behandlung von ethnischen Minderheiten und Ausländern durch die Polizei- und Justizbehörden sowie die weit verbreitete Erstellung ethnisch definierter Fahndungsprofile durch die Miliz dar. Unserer Ansicht nach könnte ein Dialog der Europäischen Union mit der Regierung der Russischen Föderation weitere gewichtige Impulse für eine Korrektur der Politik in diesem Bereich mit sich bringen.
Gleichzeitig teilen wir die Besorgnis der Regierung der Russischen Föderation angesichts der Lage der ethnischen und sprachlichen Minderheiten in einigen Nachfolgestaaten der UdSSR. Insbesondere sind wir über die Situation der russischsprachigen Bevölkerung in Lettland und Estland beunruhigt. Ein Dialog zwischen der EU und der Russischen Föderation zu diesen Problemen in den Mitgliedsstaaten der EU könnte die Suche nach konstruktiven Lösungen erleichtern und die Erörterung dieser Frage von der politischen Ebene auf die Ebene pragmatischer Zusammenarbeit verlagern. Wir bringen unsere Überzeugung zum Ausdruck, dass ein Fortschritt in diesem Bereich auch auf die Menschenrechtssituation in der Russischen Föderation eine positive Wirkung haben kann.
Wir möchten nochmals betonen, dass ein Dialog zwischen Russland und der Europäischen Union zu den Menschenrechten nur dann eine positive Wirkung in unserem Land haben kann, wenn im Zentrum des Dialoges die offene Erörterung der jeweils drängendsten und schwierigsten Probleme steht, und wenn die Diskussion nicht aus dem öffentlichen Raum herausverlagert wird.
Im Laufe unserer Gespräche mit Vertretern der europäischen Regierungen haben wir mehrfach die Versicherung vernommen, dass unsere Besorgnis hinsichtlich der Menschenrechtsprobleme in Russland auch in den Hauptstädten der EU geteilt wird. Unserer Meinung nach stellen jedoch die übermäßigen Befürchtungen europäischer Politiker, dass ein offenes Gespräch mit den russischen Partnern über Menschenrechtsprobleme eine empfindliche Reaktion der russischen Führung hervorrufen und zu deren Rückzug aus dem Dialog führen könnte, ein ernstes Hindernis für die Lösung der Probleme dar.
Diese Haltung scheint uns ein Irrweg zu sein. Wir rufen keinesfalls zu einem neuen containment unseres Landes im Geiste des Kalten Krieges auf. Eine Isolierung Russlands bedeutete tatsächlich eine große Gefahr und könnte zu einem Anwachsen von Nationalismus, Militarismus, imperialen Ambitionen und dem endgültigen Abbau von Demokratie und Menschenrechten führen. Ein klarer Verstand kann nicht zu einer Isolierung Russlands aufrufen. Ein dualistischer, schwarz-weiß strukturierter Ansatz von "entweder Dialog oder Isolation" scheint uns der falsche zu sein. Der Dialog kann und darf sich nicht in den bereits zum Ritual gewordenen Beschwörungen einer strategischen Partnerschaft und der Bedeutung des Zusammenstehens gegenüber gemeinsamen Bedrohungen erschöpfen, sondern muss auch in einem offenen sachlichen Gespräch über ernste Probleme des Innenlebens der Partner und in einer gemeinsamen Suche von Lösungen bestehen. Partner haben das Privileg, offen miteinander reden und eine ausführliche und ehrliche Antwort erwarten zu können, ebenso wie eine Erörterung der Wege zur gemeinsamen Überwachung der getroffenen Entscheidungen.
Wir sind überzeugt, dass ein solches offenes Gespräch über Menschenrechtsfragen und gerade die Suche nach gemeinsamen Lösungen im Interesse Russlands und der EU liegen. Die Europäische Union und die Russische Föderation sind Nachbarn mit gemeinsamen Grenzen und jedes Problem im Bereich der Menschenrechte in Russland hat auch seine Auswirkung auf das Leben innerhalb der EU. Daher sind wir der Ansicht, dass ein Fortschritt bei den Menschenrechtskonsultationen zwischen Russland und der EU auch ein Fortschreiten des allgemeinen Verhandlungsprozesses zu den vier "gemeinsamen Räumen" - in den Bereichen Wirtschaft, Sicherheit, Visaregelungen, Kultur und Wissenschaft - mit sich bringen wird, und damit eine Fortführung und Weiterentwicklung der bereits 1975 in der Schlussakte von Helsinki begründeten Prinzipien des untrennbaren Zusammenhangs von Sicherheit und Menschenrechten wie auch des Grundsatzes, dass Menschenrechtsfragen nicht allein "innere Angelegenheit" des jeweiligen Staates sind.
Wir hoffen, dass sich unsere Vorschläge für Sie als konstruktiv erweisen und bei der Vorbereitung der im Herbst 2005 anstehenden Konsultationsrunde berücksichtigt werden. Die Beteiligung der Zivilgesellschaft bei der Vorbereitung und Führung dieses Dialoges wird diesem zu mehr Offenheit und Ergebnissen verhelfen sowie zur Stärkung und Entwicklung der Werte von Demokratie und Menschenrechten auf dem gesamten europäischen Kontinent beitragen.
Unterzeichnende:
Russische Gesellschaft für historische Aufklärung, Menschenrechte und soziale Fürsorge MEMORIAL,
S. A. Kowaljow, Vorsitzender
Menschenrechtszentrum MEMORIAL,
O. P. Orlow, Ratsvorsitzender
Verband der Komitees der Soldatenmütter,
V. D. Melnikowa, Verantwortliche Sekretärin
Moskauer Helsinki-Gruppe,
L. M. Alexejewa, Vorsitzende
Allrussische Bewegung "Für die Menschenrechte",
L. A. Ponomarjow, Geschäftsführer
Zentrum DEMOS,
T. I. Lokschina, Vorstandsvorsitzende
Zentrum zur Entwicklung von Demokratie und Menschenrechten,
Ju. D. Dshibladse, Präsident
Komitee BÜRGERBETEILIGUNG,
S. A. Gannuschkina, Vorsitzende
Stiftung zur Verteidigung von Glasnost,
A. K. Simonow, Präsident
und 77 weitere Unterschriften von VertreterInnen russischer Menschenrechtsorganisationen.
Übersetzung: Hartmut Schröder
Quelle: russisches Nachrichtenportal von MEMORIAL: http://www.memo.ru/hr/news/5russiaeuhr.htm
Anlässlich des Urteils gegen den früheren Vorstandsvorsitzenden des russischen Öl-Konzerns Yukos, Michail Chodorkowski, hat amnesty international (ai) erhebliche rechtsstaatliche Defizite in Russland bemängelt. "Russland ist von einem Rechtsstaat weit entfernt", sagte Peter Franck, Russland-Experte der deutschen ai-Sektion. "Immer wieder entsteht der Eindruck einer Justiz, die sich mehr den Interessen der politischen Macht als den Prinzipien des Rechts verpflichtet fühlt."
Im Fall Chodorkowski lasse vieles auf eine politische Motivation der strafrechtlichen Verfolgung schließen, kritisierte ai-Experte Franck. Dieser Eindruck habe sich im Laufe des Prozesses durch eine Vielzahl im einzelnen dargelegter Verfahrensverstöße verstärkt. "ai kann die Stichhaltigkeit der gegen Chodorkowski erhobenen strafrechtlichen Vorwürfe nicht abschließend beurteilen, doch wir haben uns wegen Verletzungen der Grundsätze über ein faires Verfahren an die russischen Behörden gewandt." Chodorkowski war offen gegen die Politik von Russlands Präsident Wladimir Putin aufgetreten und hatte oppositionelle Parteien sowie Organisationen der Bürger- und Menschenrechtsbewegung finanziell unterstützt.
ai wies darauf hin, dass das Urteil gegen Chodorkowski in einer Linie mit weiteren Verfahren, wie die gegen den russischen Atomphysiker Igor Sutjagin oder die Tschetschenin Sara Murtasalijewa, zu sehen sei. Murtasalijewa wurde im Januar 2005 auf der Grundlage sehr fragwürdiger Beweismittel wegen "terroristischer Aktivitäten" zu einer Freiheitsstrafe von neun Jahren verurteilt. "Die Urteile erscheinen wie politische Botschaften: Einflussreiche Unternehmer sollen sich nicht politisch betätigen, Wissenschaftler dürfen selbst öffentlich zugängliche Informationen nur unter staatlicher Kontrolle austauschen und die staatlichen Organe präsentieren Erfolge im Kampf gegen den Terrorismus," sagte Franck.
Die in Tschetschenien stationierten russischen Truppen hingegen genießen weitgehend Schutz vor Strafverfolgung. "Diejenigen, die sich schwerer Verbrechen schuldig machen, müssen die russische Justiz kaum fürchten", sagte Franck. "Erst kürzlich hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in sechs Fällen zu Tschetschenien festgestellt, dass von einer wirksamen Strafverfolgung nicht die Rede sein kann."
Für Nachfragen und Interviewwünsche wenden Sie sich bitte an die ai-Pressestelle, Dawid Bartelt, Tel. 030 - 420248-306
26.4.2005
Weiterlesen … Versuche einer politischen Rehabilitierung Stalins - Aufruf der Gesellschaft MEMORIAL
Folgendes Rechtsgutachten wurde in dieser Sache erstellt:
Gutachten zu Artikel 1 Absatz 6 des Entwurfs eines föderalen Gesetzes zur Neufassung der Kapitel 23 und 25 Teil 2 des russischen Steuergesetzbuchs sowie weiterer gesetzlicher Bestimmungen in Bezug auf Steuern und Abgaben
Stand: 23.09.04
Die von der Regierung der Russischen Föderation (RF) vorgelegte Neufassung von Artikel 251 Absatz 1 Unterabsatz 14 Ziffer 5 des russischen Steuergesetzbuchs zeigt auf, welche Ziele mit dem vorgeschlagenen Text verfolgt werden:
1. die Abschaffung der Möglichkeit, gewinnsteuerfreie Spendengelder von natürlichen Personen zu erhalten, deren steuerrechtlicher Wohnsitz nicht in der Russischen Föderation liegt (dabei muss darauf hingewiesen werden, dass die diesbezüglich vorgeschlagene Formulierung " von russischen natürlichen Personen" in den Gesetzestexten zu Steuern und Abgaben nicht enthalten sind und darüber hinaus in keinem der föderalen Gesetze zur Regelung sonstiger gesellschaftlicher Beziehungen Anwendung findet);
2. die Einführung bürokratischer Einschränkungen für russische nichtkommerzielle Organisationen, die als Sponsoren gelten können (neu eingeführt: die notwendige Aufnahme der nichtkommerziellen Spenderorganisationen in eine von der russischen Regierung zu bestätigende Liste);
3. die Verschärfung bürokratischer Einschränkungen für ausländische und internationale Spenderorganisationen (Behandlung steuerfreier Spendengelder als steuerfreie technische und humanitäre Hilfe).
Die im gleichen Artikel Absatz 1 Unterabsatz 14 vorgelegte Fassung von Ziffer 6 des russischen Steuergesetzbuchs zeigt, dass der Staat die Notwendigkeit staatlicher Förderung durch Gewährung steuerlicher Vergünstigungen anerkennt, und zwar nicht nur in den Bereichen Bildung, Kunst, Kultur und Umweltschutz sowie zur Durchführung konkreter Forschungsarbeiten, sondern auch auf den Gebieten öffentliche Gesundheit (gedacht ist an Aids, Drogenkonsum, Krebs bei Kindern, einschließlich Leukämie, Endokrinologie des Kindes, Hepatitis und Tuberkulose), Menschenrechte und bürgerliche Freiheiten, soziale Betreuung von einkommensschwachen und sozialschwachen Bürgern.
Das Verfassungsgericht der RF hat im Zusammenhang mit der Untersuchung steuerlicher Fragen wiederholt den Rechtsstandpunkt formuliert, dass Steuervorteile und die Begründung ihrer Nutzung durch den Steuerzahler im Rahmen der Steuer- und Abgabengesetze nur in als notwendig erkannten Fällen vorgesehen werden können, da Begünstigungen bei der Festlegung der grundlegenden Elemente einer Steuer nicht zwangsläufig zu gewähren sind. Dabei darf der Gesetzgeber die Grundsätze der Besteuerung nicht verletzen.
Aus dem Regierungsentwurf geht hervor, dass die Gewährung von Steuervorteilen die Arbeit der nichtkommerziellen Organisationen unterstützen soll, die auf die Wahrnehmung sozialstaatlicher Aufgaben der RF ausgerichtet ist. Dies entspricht den als Hauptaufgaben der Haushaltspolitik bezeichneten Vorgaben, die die am 30.05.03 an die Föderalversammlung der RF gerichtete Botschaft des Präsidenten zur Haushaltspolitik 2004 enthält: Verringerung der Armut und Garantie sozialer Stabilität.
Die vorgeschlagenen Mechanismen für die praktisch genehmigungspflichtige Steuerbefreiung von Spendengeldern verletzen jedoch einen der Grundsätze der Besteuerung (Ablehnung von Steuervorteilen aufgrund der Eigentumsform, der Staatsbürgerschaft natürlicher Personen oder der Herkunft des Kapitals), d.h. das Verfassungsprinzip der Rechtsgleichheit.
Sie stehen auch im Widerspruch zu der in der Botschaft des Präsidenten an die Föderalversammlung der RF vom 26.05.04 genannten Aufgabe, eine Vereinfachung der Besteuerung durch die Steuerreform zu bewirken, und zwar nicht nur hinsichtlich der Höhe der Steuersätze, sondern auch der Berechnung und der Entrichtung von Steuern, der Verfahren der Steuerprüfung und Rechnungslegung; darüber hinaus enthalten sie Unsicherheitsfaktoren, da keinerlei Kriterien aufgeführt werden, nach denen juristische Personen in entsprechende Listen aufzunehmen oder als Sponsoren zu registrieren sind.
Nach dem Rechtsstandpunkt des Verfassungsgerichts schafft dies die Möglichkeit, das Recht nach freiem Ermessen anzuwenden und führt unvermeidlich zu Willkür, d.h. die Grundsätze der Gleichheit und der Vorherrschaft des Rechts werden verletzt. Ferner muss darauf hingewiesen werden, dass die neuen Vollmachten, die das Gesetz dem Staatsapparat einräumt, im Widerspruch zu der beabsichtigten Entbürokratisierung der Wirtschaft stehen.
Nach Sponsorenpraxis wird der überwiegende Teil der Gelder nur für den Zeitraum einiger Monate zur Verfügung gestellt. Unter diesen Umständen nimmt das Prüfungsverfahren für Spendengelder im Rahmen der steuerlich freigestellten technischen und humanitären Hilfe (nach rechtlicher Praxis zwei Monate unter der Voraussetzung, dass alle Unterlagen beim ersten Versuch vollständig und korrekt vorgelegt werden) genauso viel Zeit in Anspruch wie der zeitliche Rahmen, der für die Verwendung dieser Gelder vorgesehen ist.
Die Vorschläge zur Neufassung von Artikel 251 Absatz 1 Unterabsatz 14 Ziffer 6 des russischen Steuergesetzbuchs werden also der heutigen Aufgabe einer Reform des Steuergesetzbuchs gerecht. Die Vorschläge zur Neufassung von Artikel 251 Absatz 1 Unterabsatz 14 Ziffer 5 sind aus dem Gesetzesentwurf zu streichen.
Übersetzt aus dem Russischen: MEMORIAL Deutschland e.V.
11.4.2005
Weiterlesen … Russische NGOs unter Steuerdruck? (11.04.2005)
4.4.2005
Weiterlesen … Erklärung von MEMORIAL zur Untersuchung des `Verbrechens von Katyn` in Russland
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freunde von Memorial!
In Petersburg häufen sich gewaltsame Übergriffe auf Mitarbeiter und
Einrichtungen der Nichtregierungsorganisation MEMORIAL. Von
Untersuchungsbehörden wird zumeist "Rowdytum" als Tatmotiv angegeben, die
Täter selbst nur selten gefunden bzw. rechtskräftig verurteilt. Dass die
eigentlichen Hintergründe dieser Gewaltakte jedoch politischer Natur sind
und die Täter der neonazistischen Szene entstammen, wird jedoch allzu häufig
verschwiegen.
Der jüngste Überfall fand auf das Wissenschaftliche Informationszentrum
MEMORIAL in St. Petersburg (uliza Rubinstejna, 23) in der Nacht auf den
19.02.2005 statt: 3 Unbekannte geben sich als Kollegen von MEMORIAL Moskau
aus und schlagen nach Öffnen der Tür den Mitarbeiter Emmanuil Lazarewitsch
Poljakow brutal zusammen. Der 59-jährige Übersetzer erleidet eine
Gehirnerschütterung und liegt seitdem mit Kiefer- und Knochenbrüchen im
Krankenhaus. Ob er aufgrund starker Augenverletzungen seine volle
Sehfähigkeit wieder zurück erhält, wird von einer dringend notwendigen
Operation abhängen.
Über die Herkunft der Täter kann noch keine genaue Aussage getroffen werden.
Das Büro wurde nicht ziellos verwüstet, vielmehr gezielt durchsucht und
ausgeraubt: aus einer großen Anzahl von Ordnern wurden zwei mit der
Aufschrift "Neonazismus" und "Chodorkowskij" durchwühlt. Entwendet wurden
keine Computer, kein Geld, sondern transportable Geräte wie ein
Multimedia-Projektor, Kopierer, Kommunikationstechnik etc. Die Polizei geht
- wie bereits bei früheren Überfällen - von "Rowdytum" als Tatmotiv aus.
Gerade aber die Wiederholung derartiger Überfälle lassen politische Gründe
für diese Gewalttaten immer realistischer erscheinen, zumal MEMORIAL St.
Petersburg seit Jahren Projekte zu Antirassismus und Neonazismus durchführt
sowie mit öffentlichen Aktionen und Publikationen für eine politische Lösung
des Tschetschenienkonfliktes eintritt:
14.08.2003:
2 Männer überfallen das Büro von MEMORIAL St. Petersburg (uliza Rasjeshaja,
9) und fesseln die anwesenden Mitarbeiter - darunter den Geschäftsführer
Wladimir Schnitke. Entwendet werden weder Geld noch Wertgegenstände, sondern
ausschließlich Computer mit entsprechenden Daten. Die polizeilichen
Untersuchungen verlaufen erfolglos, als Tatmotiv wird "Rowdytum" angegeben.
Nur durch Hilfe einer privat engagierten Detektei wird einer der Täter
ausfindig gemacht: Vladimir Goljakov, der sich als Führer einer
heidnisch-nazistischen Sekte ausgibt. Goljakov wird am 18.06.2004 zu 5
Jahren Haft verurteilt. Einen Tag später ereignet sich die Ermordung des
Wissenschaftlers und MEMORIAL-Mitglieds Nikolaj Girenko.
19.06.2004:
Nikolaj Girenko - Wissenschaftler des St. Petersburger Museums für
Ethnografie und Anthropologie und langjähriges Mitglied von MEMORIAL - wird
durch seine Wohnungstür hindurch erschossen. Girenko hatte vor Jahren
bereits eine Methode entwickelt, mit der ethnisch motivierte Gewalttaten von
"gewöhnlichen" Delikten unterschieden werden können. Rassistische
Gewalttaten wurden bis dahin aufgrund fehlender wissenschaftlicher Kriterien
zumeist nur als "Rowdytum" eingestuft. Girenko hat ferner zahlreiche
Gutachten über neonazistische Gruppierungen erstellt, die bei der
Verurteilung von Tätern aus der rechten Szene von Bedeutung waren. Die
Staatsanwaltschaft wollte auch in diesem Mordfall "Rowdytum" als Tatmotiv
nicht ausschließen, bis kurz nach dem Mord eine Gruppe namens "Russische
Republik" ein so genanntes Todesurteil gegen Girenko veröffentlichte, der
als "Feind des russischen Volkes" verurteilt worden sei. Girenko, so der
Vorwurf, habe dabei geholfen, "russische Patrioten" zu inhaftieren.
11.12.2004:
Vor seiner Wohnungstür wird Wladimir Schnitke, Geschäftsführer von MEMORIAL
St. Petersburg, von hinten auf den Kopf geschlagen und bricht bewusstlos
zusammen (bereits vor 1 1/2 Jahren wurde er im MEMORIAL-Büro überfallen). Aus
seiner Tasche werden Computer und Notizbuch entwendet, Geld und Mobiltelefon
hingegen werden nicht geraubt. Schnitke wird mit schwerer
Gehirnerschütterung ins Krankenhaus eingeliefert.
MEMORIAL Deutschland bewertet mit großer Besorgnis die zunehmenden Angriffe
auf seine Partnerorganisationen in Russland, die sich für die Wahrung von
Menschenrechten in aktuellen Krisenzonen, den Schutz von Minderheiten
innerhalb der russischen Gesellschaft und die Aufarbeitung totalitärer
Vergangenheit einsetzen.
Kurz nach dem jüngsten Überfall auf das Wissenschaftliche
Informationszentrum MEMORIAL besuchten wir unsere Petersburger Kollegen. Sie
bewerten die Überfälle als massive Bedrohung und Versuch der
Einschüchterung. Ihre Arbeit an den unterschiedlichen Projekten von MEMORIAL
werden sie trotzdem fortsetzen. Mit großer Besorgnis sprechen sie von Ihrem
Kollegen Emmanuil Poljakow, dem 59-jährigen Übersetzer, der nun mit schweren
Verletzungen im Krankenhaus liegt. Eine Augenoperation ist dringend
notwendig, um eine Erblindung zu verhindern. Für eine solche Operation
einschließlich einer möglicherweise langen Nachversorgung werden
entsprechende finanzielle Mittel benötigt, die momentan weder das Opfer
selbst noch das Wissenschaftliche Informationszentrum von MEMORIAL besitzen.
Wir bitten Sie dringend darum, mit einer Spende dazu beizutragen, diese
notwendige medizinische Behandlung zu ermöglichen:
MEMORIAL Deutschland e.V.
Bank für Sozialwirtschaft Berlin
BLZ: 100 205 00
Konto-Nr.: 33200 00
Stichwort: Emmanuil Poljakow
Bitte berichten Sie auch in Ihrem Umkreis von diesen Vorfällen. Wir danken
Ihnen für Ihre Unterstützung!
Sebastian Prieß, für den Vorstand Memorial Deutschland e.V. (Berlin)
Anna Schor-Tchoudnovskaia, Memorial Deutschland e.V. (Frankfurt a.M.)
Die Gesellschaft Memorial ist eine grundsätzliche und konsequente Anhängerin der Zusammenarbeit zwischen der Zivilgesellschaft einerseits und dem Staat sowohl im Ganzen als auch seiner unterschiedlichen Strukturen und Behörden im Einzelnen. Die Gesellschaft Memorial ist unverändert zur Fortsetzung des Dialogs des zivilgesellschaftlichen Sektors mit dem Staat bereit, solange es sich um einen gleichberechtigten und ehrlichen Dialog von zwei voneinander unabhängigen Partnern handelt.
Die "Gesellschaftskammer der Russischen Föderation", die gegenwärtig geschaffen wird, ist unserer Meinung nach weder von den für sie formulierten Zielen und Aufgaben her noch davon, wie ihre Mitglieder ausgewählt werden oder wie stark sie in staatliche Strukturen integriert ist, eine geeignete Plattform für solch einen Dialog. Mehr noch sind wir der Meinung, dass die "Gesellschaftskammer" in der Form, in der sie in dem gegenwärtig in der Staatsduma behandleten Gesetzentwurf beschrieben wird, in der Lage ist, Positives zu bewirken, sondern eher dem notwendigen nationalen Dialog Schaden zufügen wird.
Wir bestreiten nicht das Recht der Staatsmacht, beliebige Beratungs- und Expertenstrukturen aufzubauen, die natürlich auch aus Vertretern der Zivilgesellschaft bestehen können. Wir halten solche Strukturen sogar für nützlich. Vertreter von Memorial arbeiten in vielen solcher Strukturen auf regionaler oder Bundesebene mit und arbeiten dort, so hoffen wir, zum gemeinsamen Wohl.
Die im Gesetzentwurf genannten Ziele der "Gesellschaftskammer" gehen aber weit über die Grenzen von beratenden und Expertenaufgaben hinaus. Allumfassend und unkonkret wie sie sind, stimmen diese Ziele kaum oder gar nicht mit den politischen Realitäten der vergangenen Jahre überein. Das bringt uns zu der Überzeugung, dass die Kammer die Beteiligung der Zivilgesellschaft an der Lenkung des Landes nur imitieren soll und wohl das nächste Instrument zur Manipulation des öffentlichen Bewusstseins werden wird.
Unsere Zweifel werden noch größer, wenn wir uns anschauen, wie die Kammer gebildet werden soll.
Zwei Drittel dieses, wie wir es uns vorstellen, gesellschaftlichen Gebildes werden direkt oder indirekt durch den Präsidenten ausgewählt. Dieses Auswahlprinzip gilt natürlicherweise für beratende Organe beim Präsidenten, aber nicht für ein Organ, dass, wie im Gesetzesentwurf beschrieben, dabei helfen soll, eine gesellschaftliche Kontrolle der Tätigkeit staatlicher Strukturen, darunter auch Bundesbehörden, auszuüben.
Noch größeren Widerspruch ruft der Mechanismus zur Berufung des letzten Drittels der Mitglieder der Kammer hervor. Auf den ersten Blick wirkt er demokratischer, denn die Kandidaten müssen sich Konferenzen stellen, die in den sieben föderalen Bezirken einberufen werden. Unser Widerspruch entzündet sich aber nicht einmal daran, dass sich im Gesetzentwurf keine Regelungen finden, nach denen diese Konferenzen einberufen werden und sich so den regionalen Staatsstrukturen viele Möglichkeiten zur Manipulation der Nichtregierungsorganisationen bieten. Etwas anderes ist viel wichtiger: Für die Zivilgesellschaft ist die Idee selbst unannehmbar, solche Konferenzen durchzuführen, auf denen Künstlervereinigungen und Menschenrechtsorganisationen, Verbraucherschutzverbände und Industrievereinigungen, Arbeitgebervereinigungen und Gewerkschaften, Kosaken und Angler gemeinsam und dauerhaft ihre Vertreter in irgendein höheres Gremium entsenden, dass ihre Interessen dem Staat gegenüber vertreten soll. In der Praxis wird dieser Prozess mit großer Wahrscheinlichkeit zur Selektion der gesellschaftlichen Organisationen in "saubere" und "unsaubere", in zum Dialog zugelassene und zu ihm nicht zugelassene führen. Und dabei ist es nicht einmal wichtig, ob diese Selektion durch den Staat oder durch die Nichtregierungsorganisationen selbst durchgeführt wird. Beides ist für die Zivilgesellschaft gleich zerstörerisch.
Die Kammer selbst, so sie auf diese Weise gebildet wird, wird vom Staat und einem Teil der Gesellschaft zweifellos als "gesetzmäßige Vertretung" der gesamten Zivilgesellschaft wahrgenommen werden. Die Zivilgesellschaft ist aber, im Gegensatz zum Staat, von Natur aus nicht hierarchisch und jeder Versuch sie zu hierarchisieren ist kontraproduktiv. Die Zivilgesellschaft ist ein prinzipiell horizontales und offenes System. Sie hat keine "Vertretung" und kann keine haben. Sobald in ihr eine "Vertikale" erscheint, hört sie auf sie selbst zu sein und verwandelt sich in eine bürokratisierte Korporation, die leicht durch die Exekutive gelenkt werden kann.
Die Zivilgesellschaft und der Staat müssen unabhängige Partner im nationalen Dialog sein. Alle Versuche, diesen Dialog in einem Organ zu konzentrieren werden lediglich zur Imitation dieses Dialogs führen. In einer Kammer, die in das System der staatlichen Macht eingebaut ist, wird der Staat nur mit sich selbst reden.
Ein anderer Weg wäre produktiver: Der Weg, Bedingungen zu schaffen, unter denen vielfältige und unabhängige Zellen der Zivilgesellschaft zum Wohl der Bürger Russlands und des Landes insgesamt nützliche Arbeit tun können.
Nichts hindert Staat und Gesellschaft daran, die bereits existierenden Kanäle des Zusammenwirkens zu nutzen und die gemeinsame Arbeit anhand vielzähliger Vorschläge gesellschaftlicher Organisationen zur Lösung konkreter und ernsthafter Probleme weiter zu entwickeln. Dabei geht es um das Recht der Bürger, sich an die Staatsorgane zu wenden, um die öffentliche Kontrolle von Gefängnissen, Straflagern und geschlossenen Anstalten, um eine wirksame gesellschaftliche Kontrolle der Einhaltung der Rechte von Soldaten, um eine unabhängige ökologische Expertise, um die Stimulierung von gemeinnützigem Handeln und vielem anderen mehr.
Dazu muss kein neuer bürokratischer Überbau über den Nichtregierungsorganisationen geschaffen werden.
Im Zusammenhang mit dem oben Dargelegten ist für Memorial eine Beteiligung an der "Gesellschaftskammer der RF" nicht möglich.
Wir wenden uns auch an die Kollegen aus anderen zivilgesellschaftlichen Organisationen in der Hoffnung, dass sie unsere Argumente bei ihrer Entscheidung über eine Beteiligung an der Gesellschaftskammer zu Kenntnis nehmen.
Vorstand der Russischen Gesellschaft Memorial
Quelle: Russischer Nachrichtenserver von Memorial: http://www.memo.ru/daytoday/5palata1.htm
Übersetzung aus dem Russischen: Jens Siegert
Weiterlesen … Erklärung von MEMORIAL zur geplanten `Gesellschaftskammer der Russischen Föderation`
Weiterlesen … Michail Fedotov zur Zivilgesellschaft in Russland
Die Gesellschaft „MEMORIAL“ hat die Annahme der Resolution zur Rechtsstaatlichkeit in Russland vom 17. Februar 2011 durch das Europäische Parlament begrüßt.
Die Resolution greife wesentliche kritische Aspekte der Menschenrechtslage in Russland auf, um diese einer genauen und objektiven Beurteilung zu unterziehen. Das Europäische Parlament habe hier zu Themen und Sachverhalten Stellung genommen, die die russische Zivilgesellschaft in den vergangenen Jahren immer wieder zur Sprache gebracht hat.
MEMORIAL appelliert an die Regierungsstellen der Russischen Föderation, den Empfehlungen dieser Resolution Beachtung zu schenken. Diese umzusetzen, könne für Russland nur von Vorteil sein.
Quelle: http://www.memo.ru/2011/02/17/resolution2.htm
Die Resolution finden Sie hier:
http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-//EP//TEXT+TA+20110217+ITEMS+DOC+XML+V0//DE&language=DE#sdocta6
Weiterlesen … MEMORIAL begrüßt Resolution des EU-Parlaments zur Rechtsstaatlichkeit in Russland
Die Pressesprecherin des Moskauer Bezirksgerichts, die in einem Interview mit Gazeta.ru zum Zustandekommen des Urteils Stellung nahm (mehr dazu finden Sie in russischer Sprache unter Platon Lebedev hat in dem Urteil des Moskauer Bezirksgerichts nach Darstellung des russischen Menschenrechtsportals www.hro.org/node/10453
Dem Einspruch der Anwälte Chodorkovskijs gegen die Haftbedingungen hat der russische Oberste Gerichtshof inzwischen stattgegeben.
Mehr in englischer Sprache unter (www.khodorkovskycenter.com)
Weiterlesen … Chodorkovskij-Urteil/Expertengutachten zu Jukos
Zum diesjährigen Treffen des russischen Menschenrechtsrats unter Vorsitz von Präsident Medvedev am 01.02.2011 in Jekaterinburg, das der Thematik des Gedenkens an die Opfer des Totalitarismus und der Frage der nationalen Versöhnung gewidmet war, verweisen wir auf die links http://hro.org/node/10209 und http://hro.org/node/10218 in russischer Sprache. Sie finden hier auch den entsprechenden Beitrag von MEMORIAL International.
Die Reaktion von Präsident Medvedev in der Sache Chodorkovskij behandelt der deutsche Beitrag unter www.n-tv.de/politik/Chodorkowski-darf-hoffen-article2506476.html.
Weiterlesen … Russischer Menschenrechtsrat zur Frage des Gedenkens und in Sachen Chodorkovskij
Nach Mitteilung der Berliner Zeitung vom 5./6.02.2011 wurde der Chodorkovskij-Film des Regisseurs Cyril Tuschi aus dessen Arbeitsräumen in Berlin-Mitte gestohlen. Die Premiere auf der Berlinale am 14. Februar sei jedoch nicht gefährdet, da eine Kopie ohne Untertitel bereits an die Berlinale gegeben worden war.
löste scharfen Protest seitens des Gedenkstättenvereins und der Zeitzeugen-Initiative aus, die am 05.02.2011 zu einer Mahnwache vor der Gedenkstätte aufriefen, um die von September bis Februar 2012 geplante Schließung der Gedenkstätte zu verhindern. Für Februar 2012 ist die Eröffnung der neuen Dauerausstellung vorgesehen. Etwa 25 Personen waren dem Aufruf gefolgt, darunter auch die damalige brandenburgische Ministerin, Prof. Wanka, die sich seinerzeit engagiert für die Gedenkstätte eingesetzt hat. Kulturstaatssekretär Gorholt wandte sich vermittelnd an die Anwesenden und schlug ein Treffen Mitte Februar vor, an dem auch die Diktaturbeauftragte Brandenburgs, Ulrike Poppe, und ein Vertreter von MEMORIAL Deutschland teilnehmen sollen, um eine Interimslösung für die Zeit vom September 2011 bis Februar 2012 zu finden. Einzelheiten zum KGB-Gefängnis Potsdam Leistikowstraße finden Sie auf unserer Projektseite.
Weiterlesen … Vorübergehende Schließung der Potsdamer Gedenkstätte Leistikowstraße
In ihrem Scheiben vom 03.01.2011 weisen die Unterzeichner darauf hin, dass namhafte Vertreter der Opposition wie Boris Nemzov, Ilja Jaschin, Eduard Limonov und andere offensichtlich auf Weisung von oben für Vergehen während der Kundgebungen am 31.12. zur Verantwortung gezogen würden, die sie nicht begangen hätten.
Weiterlesen … Mitglieder des St. Petersburger Menschenrechtsrats appellieren an Präsident Medvedev
Das Moskauer Gericht hat sein Urteil über Michail Chodorkovskij und Platon Lebedev gefällt. Hart, ungerecht, unrechtmäßig. Alles in dieser Sache ist bereits gesagt. Eines nur bleibt hinzuzufügen: Dies ist nicht die letzte Instanz.
Dabei geht es nicht um das Moskauer Gericht, nicht um den Obersten Gerichtshof Russlands und nicht um den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg. Wir meinen den Richterspruch der Geschichte. Die Autoren des Urteils über Chodorkovskij und Lebedev - die wahren Autoren dieses Urteils - glauben ebenso wenig wie ihre sowjetischen Vorgänger an den Richterspruch der Geschichte.
Ein Irrtum, wie sie höchst wahrscheinlich noch zu Lebzeiten erfahren werden.
Weiterlesen … MEMORIAL International zum Chodorkovskij-Urteil
Erklärung vom 21. Dezember 2010
„Der Grund für die Vorfälle vom 19. und 20. Dezember in Minsk liegt auf der Hand: Die Wahlen in Belarus haben ihren Inhalt und Sinn verloren.
Der Sinn der Wahlen liegt nicht allein in der praktischen Durchführung des Urnengangs und Auszählens der abgegebenen Stimmen, obgleich auch diese Vorgänge von den Machthabern in Belarus genutzt wurden, um das Ergebnis zu verfälschen.
Sinn der Wahlen ist vielmehr die Förderung eines ehrlichen Wettbewerbs zwischen den politischen und wirtschaftlichen Programmen der unterschiedlichen politischen Kräfte. Dazu bedarf es zumindest der Versammlungsfreiheit und freier Medien sowie des gleichberechtigten Zugangs aller Gruppen und Kandidaten zu diesen Medien. Das alles ist in Belarus nicht der Fall.
Die derzeitigen Machthaber in Belarus sind vielmehr an der langfristigen Konsolidierung ihrer Macht interessiert und lassen daher dem politischen Wettbewerb seit Jahren keinen Raum mehr. Die Menschen werden der Möglichkeit ihrer Meinungsäußerung beraubt und sind gezwungen, auf die Straße zu gehen. Die Verantwortung für die Ereignisse vom 19. und 20. Dezember liegt bei den belarussischen Machthabern, die die Wahlen zur Farce degradierten.
Wir fordern die unverzügliche Freilassung aller Oppositionspolitiker, einschließlich all derer, die auf den Kundgebungen und Demonstrationen der letzten Tage festgenommen wurden.“