Im Sommer 1997 war Dmitriev maßgeblich an der Entdeckung der Massengräber im Waldstück von Sandormoch beteiligt. Zu diesem Zeitpunkt waren erst 1.011 Personen bekannt, die hier erschossen worden waren. Sie waren mit einem Transport von den Solowezkij-Inseln hierher geschafft worden.
Das Stadtgericht von Petrosavodsk hat Jurij Dmitriev zu einer Haftstrafe von dreieinhalb Jahren strengen Regimes verurteilt.
Memorial International hat aus diesem Anlass folgende Erklärung veröffentlicht:
Der langwierige Prozess gegen Jurij Dmitriev fand heute, am 22. Juli 2020 seinen Abschluss. Er endete mit einem partiellen Schuldspruch. Dmitriev wurde zu drei Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt.
Weiterlesen … Jurij Dmitriev zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt
In Moskau und St. Petersburg fanden am 15. Juli 2020 die größten Proteste seit Beginn des Jahres 2020 statt. Die Organisatoren der Aktion „Net vetschnomu Putinu“ [Nein zum ewigen Putin] hatten dazu aufgerufen, sich an einer öffentlichen Unterschriftenaktion zu beteiligen mit dem Ziel einer kollektiven Sammelklage gegen die Ergebnisse der Abstimmung zur Änderung der russischen Verfassung.
Die Anzahl politischer Gefangener in Russland ist seit der letzten Aktualisierung der Listen am 13. April 2020 von 318 auf 333 gestiegen. Das Menschenrechtszentrum Memorial führt eine Liste von Personen, deren Verhaftung in Zusammenhang mit ihrem Glauben steht, sowie eine weitere über Gefangene, die aus politischen Gründen inhaftiert sind. Mit Stand vom 10. Juli 2020 sind 333 Personen verzeichnet: 270 wurden aufgrund ihrer religiösen Überzeugung (April: 256) und 63 aus politischen Gründen ihrer Freiheit beraubt (April: 62).
Weiterlesen … Memorial veröffentlicht aktualisierte Listen politischer Gefangener
Erklärung des Menschenrechtszentrums Memorial
Am Morgen des 7. Juli 2020 wurde in Moskau Ivan Safronov festgenommen, der Berater des Leiters der russischen Raumfahrtbehörde „Roskosmos“. Er wird des Landesverrats verdächtigt. Bis vor kurzem arbeitete er als Journalist bei den „Kommersant“ und „Vedomosti“, er war spezialisiert auf die Themen Armee und Kosmos. Am selben Tag verfügte das Bezirksgericht Lefortovo für Safronov eine Untersuchungshaft von einem Monat und dreißig Tagen. Wie sein Anwalt berichtete, wird Safronov verdächtigt, geheime Daten an den tschechischen Geheimdienst weitergegeben zu haben, der seinerseits unter der Leitung der USA agiere: Safronov sei angeblich 2012 angeworben worden und habe 2017 über das Internet geheime Informationen über die militärische Zusammenarbeit zwischen Russland und einem afrikanischen oder nahöstlichen Land weitergegeben.
Erklärung von Memorial International angesichts des bevorstehenden Urteils im Prozess gegen Jurij Dmitriev
In Petrozavodsk (Republik Karelien) geht einer der aufsehenerregendsten Prozesse im heutigen Russland zu Ende. Am 8. Juli 2020 fanden die Plädoyers im Verfahren gegen den 64jährigen Historiker Jurij Dmitriev statt, der durch seine Forschungen zu den stalinistischen Repressionen in seiner Heimatregion bekannt geworden ist. Die Staatsanwaltschaft fordert 15 Jahre Haft in einer Strafkolonie strengen Regimes.
Im Januar dieses Jahres, kurz vor dem zunächst im Februar erwarteten Ende des Prozesses gegen Jurij Dmitriev, wurde nachstehende Petition an Präsident Putin gerichtet, unterzeichnet von über 100 Personen. Wir bringen die deutsche Übersetzung.
Sehr geehrter Herr Präsident,
wir möchten hiermit unsere ernsthafte Sorge aus Anlass des Strafverfahrens gegen Jurij Dmitriev zum Ausdruck bringen. Der Historiker aus Karelien ist durch seinen herausragenden Beitrag zur Bewahrung der Erinnerung an die Opfer stalinistischer Repressionen bekannt geworden. Parallel zu dem Verfahren gegen Dmitriev gibt es Versuche, die Geschichte des Gedenk-Friedhofs Sandarmoch umzuschreiben.
Erklärung von Memorial International
Der zweite Prozess gegen den Historiker und Leiter von Memorial Karelien, unseren Freund und Kollegen Jurij Dmitriev, steht vor dem Abschluss.
Jurij Dmitriev hat die Namen vieler tausend Menschen, Opfer des politischen Staatsterrors in unserem Lande, aus dem Vergessen zurückgeholt. Seit mehr als dreißig Jahren forscht er zur Geschichte des GULAG in Karelien. Sein Beitrag zur Recherche nach Massengräbern von Opfern des stalinistischen Terrors in Sandarmoch und Krasnyj Bor ist von unschätzbarem Wert. An diesen Orten finden jetzt alljährlich Gedenkveranstaltungen statt, mit zahlreichen Besuchern aus dem In- und Ausland.
Weiterlesen … Jurij Dmitriev ist unschuldig und muss freigelassen werden
Heute begannen im Prozess gegen Jurij Dmitriev die Plädoyers, die morgen (8. Juli) fortgesetzt werden.
Die Anklagevertretung hat eine Haftstrafe von 15 Jahren strengen Regimes für Dmitriev beantragt. Wann das Urteil erfolgt, ist zum heutigen Zeitpunkt noch nicht bekannt.
7. Juli 2020
Weiterlesen … Prozess gegen Jurij Dmitriev: Staatsanwältin fordert 15 Jahre Haft
2016-2020. Chronologie
In einem anonymen Brief an die Sicherheitsorgane wird berichtet, Dmitriev mache Fotos von seiner elfjährigen Pflegetochter in unbekleidetem Zustand. Zwei Fotos sind beigelegt. Der anonyme Schreiber fordert „Maßnahmen“ gegen Dmitriev. Weder die Ermittlung noch das Gericht haben Versuche unternommen, um den Schreiber ausfindig zu machen, er ist bis heute unbekannt.
Weiterlesen … Überblick über die Verfahren gegen Jurij Dmitriev. Chronologie
Urteil gegen Leonid Ladanov bleibt in Kraft
Die Verfahren, die im nach dem Skandal in Galjaschor gegen verschiedene Teilnehmer der Expedition von Memorial Perm vom August letzten Jahres eingeleitet worden waren, sind jetzt zu einem Ende gekommen.
Weiterlesen … Gastgeber litauischer Freiwilliger in Region Perm zu Geldstrafe verurteilt
Berlin, 26.06.2020. Mit dem Talk-Podcast „MEMORIAL Deutschland – Im Gespräch" startet die Menschenrechtsorganisation MEMORIAL Deutschland ein neues Audio-Format über deutsch-russische Themen und zur Lage der Menschenrechte in Russland.
Der Gesprächspodcast bietet neben Hintergrundwissen und neuen Erkenntnissen zur aktuell angespannten Lage im deutsch-russischen Verhältnis, zur schwierigen Situation für Bürgerrechtler und zur Lage der freien Meinungsäußerung in Russland auch einen Einblick in die vielseitige MEMORIAL-Projektarbeit mit Partnerorganisationen in Russland.
Reaktion auf Bitte der europäischen Menschenrechtskommissarin
Die russische Menschenrechtsbeauftragte Tatjana Moskalkova hat erklärt, dass sie aus ihrem Büro einen Beobachter zum Prozess gegen Jurij Dmitriev nach Petrozavodsk entsenden will. Dieser solle "mit eigenen Augen sehen, welche Beweismaterialien vorgelegt werden".
Weiterlesen … Russische Menschenrechtsbeauftragte schickt Beobachter zum Prozess gegen Dmitriev
Herta Müller, Svetlana Alexievich und Jonathan Littell bitten um Solidarität mit Jurij Dmitriev
Nachstehend der Appell in deutscher Übersetzung.
Sehr geehrte Frau Mijatović,
wir sind in großer Sorge um das Leben und das Schicksal des russischen Historikers Jurij Dmitriev. Dmitriev ist ein bedeutender GULAG-Forscher, er hat die Stalinsche Hinrichtungsstätte in Sandarmoch (Republik Karelien, Russland) entdeckt. Sein Strafverfahren wird derzeit vor dem Stadtgericht in Petrozavodsk verhandelt.
Weiterlesen … Appell an europäische Menschenrechtskommissarin
Viktor Filinkov und Julij Bojarschinov sind im Petersburger Verfahren „Set“ [Netzwerk] am 22. Juni verurteilt worden. Filinkov muss für sieben Jahre, Bojarschinov für fünf Jahre und sechs Monate in Haft. Beide wurden wegen Teilnahme an einer terroristischen Vereinigung [Art. 205.4 Teil 2 StGB RF], Julij Bojarschinov zusätzlich wegen illegaler Aufbewahrung von Sprengstoff [Art. 222.1 Teil 1 StGB RF] verurteilt. Im gleichnamigen Verfahren waren im Februar 2020 in der Stadt Pensa bereits 7 junge Männer zu Lagerhaft zwischen sechs und achtzehn Jahren verurteilt worden.
Nachdem im Februar 2020 im Verfahren „Set“ [Netzwerk] in der Stadt Pensa bereits mehrere junge Menschen wegen Organisation einer terroristischen Vereinigung bzw. Teilnahme an einer solchen zu hohen Haftstrafen verurteilt wurden, hat nun die Staatsanwaltschaft in St. Petersburg im dortigen Prozess gegen weitere Angeklagte ebenfalls hohe Haftstrafen gefordert.
So verlangt die Anklage für Viktor Filinkov neun Jahre, für Julij Bojarschinov sechs Jahr Lagerhaft. Des weiteren verkündete der Staatsanwalt keinerlei überzeugende Belege für körperlichen oder psychischen Druck von Seiten des FSB gefunden zu haben. Sowohl Filinkov als auch Bojarschinov hatten von Folter, unter anderem mit Strom, berichtet; im gesamten Verfahren „Set“ waren Geständnisse durch Folter erpresst worden. Memorial hat alle bislang Verurteilten als politische Gefangene anerkannt. Das Urteil soll am 22. Juni verkündet werden.
19. Juni 2020
Weiterlesen … Staatsanwaltschaft fordert hohe Haftstrafen im Petersburger Verfahren gegen „Set“
Interview mit Anatolij Razumov
Im Juni soll der nächste Verhandlungstag im Verfahren gegen Jurij Dmitriev, Leiter von Memorial Karelien, stattfinden, dessen Verfolgung nach der Meinung vieler internationaler Organisationen in Zusammenhang mit seiner professionellen Tätigkeit steht und für dessen sofortige Freilassung sich russische und internationale Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens sowie Wissenschaftler derzeit ebenso einsetzen wie die Europäische Union und Großbritannien. Anatolij Razumov, Historiker, Leiter des Zentrums \'Vosvraschtschennye imena\' [Zurückgegebene Namen] und Zeuge der Verteidigung im Prozess spricht im Interview mit der Deutschen Welle über das Verfahren gegen Jurij Dmitriev und darüber, warum die Regierung eine Wiederherstellung der Erinnerung an die Opfer der Repressionen nicht will. Wir bringen das am 1. Juni bei der Deutschen Welle erschienene Interview in Übersetzung.
Aus diesem Anlass veröffentlichen wir hier ein am 14. Mai erschienenes Interview von Vladimir Lionter mit Sergej Krivenko in deutscher Übersetzung. Sergej Krivenko ist Leiter der NGO "Grazhdanin i armija"(Bürger und Armee), die sich für die Rechte Zivildienstleistender und Wehrpflichtiger einsetzt; er ist Mitglied im Vorstand von Memorial International und seit 2011 Mitglied der Moskauer Helsinki-Gruppe.
Am 12. Mai wurde die älteste Menschenrechtsorganisation Russlands 44 Jahre alt. Entstanden während der Epoche der Verfolgung von Dissidenten, als nur eine einzige Meinung – die der herrschenden Elite – als die richtige galt, verteidigt die Moskauer Helsinki Gruppe auch in den heutigen, unruhigen Zeiten weiterhin die vom Staat verletzten Rechte der Bürger.
Gegründet wurde die Organisation von elf Menschenrechtsaktivisten unter der Leitung des sowjetischen Physikers Jurij Orlov (geb. 1924) mit dem Ziel, die Einhaltung der Schlussakte der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa zu fördern, die vom 30. Juli bzw. 1 August .1975 von 35 Ländern in der Hauptstadt Finnlands Helsinki unterschrieben wurde. Von Anbeginn an waren die Mitglieder der Moskauer Helsinki Gruppe beständig Verfolgungen durch die sowjetischen Sicherheitsbehörden ausgesetzt. Ein großer Teil der Aktivisten wurde zu unterschiedlich langen Gefängnisstrafen verurteilt oder in die Verbannung geschickt. Sechs wies man aus der UdSSR aus und entzog ihnen die Staatsangehörigkeit.
Mahnwachen zur Unterstützung von Ilja Azar
Bei Einzelkundgebungen in Moskau sind am 28. Mai mehrere Journalisten und Aktivisten verhaftet worden, darunter Tatjana Felgengauer und Aleksandr Pljuschtschev (Echo Moskvy), Sergej Smirnov (Mediazona), Anastasia Lotareva, (Takie Dela), Michail Fischman (Telekanal Doshd), Viktoria Ivleva und die Schriftstellerin Alisa Ganieva. Die Journalisten hatten sich einzeln der Reihe nach mit Plakaten zur Unterstützung ihres Journalistenkollegen Ilja Azar vor dem Hauptgebäude des Innenministeriums platziert und waren dabei unmittelbar festgenommen worden. Ilja Azar, Journalist bei der Novaja Gazeta und Städtischer Abgeordneter, war am Morgen des 28. Mai verhaftet und wegen wiederholter Verletzung des Versammlungsrechts zu 15 Tagen Haft verurteilt worden.
Weiterlesen … Zahlreiche Festnahmen bei Solidaritätsaktionen in Moskau
Ljudmila Ulizkaja setzt sich schon lange aktiv und öffentlich für Jurij Dmitriev ein. Im nachstehenden Interview mit Jevgenija Tschirikova äußert sie sich zum Schicksal Dmitrievs, zurTaktik der Verteidigung eines Menschen, der wegen eines der schmutzigsten Paragraphen des Strafgesetzbuches angeklagt wird, und dazu, dass es keine Möglichkeit gibt, die eigene Unschuld öffentlich zu beweisen.
Der Prozess gegen Dmitriev dauert an. Der nächste Verhandlungstermin soll am 3. Juni stattfinden (nachdem der Termin mehrere Male wegen der Covid-19-Pandemie abgeetzt worden war).
Weiterlesen … Dmitriev hat moralische Eigenschaften, die die Machthaber enervieren