Beanstandungen des Justizministeriums offenbar nicht vollständig ausgeräumt

Das Russische Oberste Gericht hat die Entscheidung über das weitere Schicksal der Russischen Gesellschaft MEMORIAL auf den 28. Januar 2015 verschoben.

Das Justizministerium hatte im September auf Grund von Einwänden gegen seine formale Struktur die Auflösung des russischen Dachverbands von MEMORIAL beantragt. Der ursprünglich auf den 13. November angesetzte Verhandlungstermin war bereits einmal verschoben worden, um die Vollversammlung von MEMORIAL und die Satzungsänderungen, die diese Versammlung beschließen sollte, abzuwarten.

Inzwischen ist die Satzungsänderung erfolgt, das Justizministerium hat indes noch nicht die erforderliche Prüfung aller übermittelten Dokumente vorgenommen, weshalb der Termin erneut verlegt wurde.

Allerdings deuteten Vertreter des Justizministeriums bei der Sitzung an, dass Einwände gegen den Verband bestehen blieben. Die russische Gesellschaft MEMORIAL habe Veränderungen im Zivilrecht nicht Rechnung getragen und vor allem nicht nachgewiesen, ein selbstständig agierender und aktiver Verband zu sein. Argumentiert wird damit, dass der Verband bisher über keinerlei Mittel verfügte.

Hierzu äußerte sich Jelena Zhemkova, die Geschäftsführerin von MEMORIAL:

"Wir haben alle Anmerkungen des Justizministeriums berücksichtigt. Sie betrafen unsere Struktur. Früher konnten sowohl Personen – physische Personen – als auch Organisationen – juristische Personen – Mitglieder von gesellschaftlichen Organisationen sein. Juristische Personen sind unsere MEMORIAL-Organisationen in den Regionen. Wir haben im russischen MEMORIAL-Verband jetzt nur mehr physische Personen belassen, wie es der neuen Gesetzgebung entspricht. Das Justizministerium hat verlangt, dass wir regionale Abteilungen - Filialen - haben sollten – wir haben de facto solche gegründet. Wir haben in mehr als 57 Regionen Filialen der Russischen Gesellschaft MEMORIAL. (...)

Die russische Gesellschaft MEMORIAL hat nie über Geld verfügt. Wir haben für diese Organisation erst 2014 ein Konto eröffnet, um unsere Gerichtskosten zu bezahlen. Entschuldigen Sie – ich habe für dieses Konto persönlich 10.000 Rubel gespendet. Wir – die Vorstandsmitglieder - arbeiten ehrenamtlich. Unsere Aufgabe ist es, die Arbeit der Kollegen in den Regionen zu koordinieren und sie zu unterstützen. Wozu müssten wir also hier, in Moskau, Gelder bekommen?

Wir sind der Auffassung, dass wir den Forderungen des Justizministeriums nachgekommen sind. Wir haben dies im November auf unserer Mitgliederversammlung getan. Mitglieder aus den Regionen sind zu unserer Versammlung gekommen und haben damit unter Beweis gestellt, dass diese Organisation - die russische Gesellschaft MEMORIAL - existiert. Und die Vertreter des Justizministeriums sagen jetzt vor Gericht, dass dies nicht der Fall sei.

Die ganze Arbeit ist inzwischen furchtbar bürokratisiert. Das ist für alle Organisationen ein großes Problem. Sobald man ein Konto eröffnet und auch nur eine Kopeke bekommt, muss man Rechenschaftsberichte abgeben, und dafür braucht man schon einen professionellen Buchhalter. Dies zwingt viele Vereine, in denen betagte Personen arbeiten, die sich z. B. um kranke Kinder kümmern, sich aufzulösen.

Wir hatten bisher kein Konto eröffnet, um diese Kosten zu sparen. Und das ist jetzt der Anlass für die Beanstandungen des Justizministeriums."

Jelena Zhemkova drückte die Hoffnung aus, dass es gelingen wird, auch diese Bedenken des Justizministeriums auszuräumen: "Wir hoffen, dass alles in Ordnung kommt. Natürlich müssen wir uns mit den Einwänden befassen, die die Vertreter des Justizministeriums bei Gericht vorgebracht haben. Sobald sie uns schriftlich vorliegen, werden wir uns damit auseinandersetzen. Ich hoffe sehr, dass uns das gelingt und dass wir damit fertig werden."

18. Dezember 2014
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