Digest der russischen Anti-Kriegsproteste vom 22.01.2023 – 29.01.2023

Mahnmale für die Opfer des Raketenangriffs in Dnipro

 

In verschiedenen Städten Russlands legen die Menschen weiterhin Blumen, Spielzeuge und Äpfel an verschiedenen Stellen nieder als Zeichen der Trauer um die Menschen, die in Dnipro bei dem russischen Raketenangriff ums Leben gekommen sind. Solche spontanen Mahnmale entstehen an Denkmälern von Lesja Ukrajinka, Taras Schevtschenko, Nikolaj Gogol und an Denkmälern für die Opfer politischer Repressionen.

Der Journalist Aleksandr Pljuschtschev veröffentlicht weiterhin Fotos und Mitteilungen seiner Abonnenten aus verschiedenen Ecken Russlands auf seinem Telegram-Kanal.

 

 Tscheljabinsk. Blumen und Schild mit der Aufschrift „Dnepr 14.01.2023“ am Denkmal „Mutter, Kind und Taube.“

 

 

 

Chabarovsk. Yakov-Djatschenko-Denkmal, Sсhevtschenko Straße.

 

Izhevsk. Udmurtija. Denkmal für die Helden von Tschernobyl.

Izhevsk. Udmurtija. Denkmal für die Opfer politischer Repressionen.

 

 Toljatti. Gebiet Samara. Denkmal für die Opfer politischer Repressionen.

 

Karpinsk. Gebiet Sverdlovsk. Blumen und Schild mit der Aufschrift „Dnepr 14.01.2023. Ukraine 24.02.2022 - “ an der Simeon-Verchoturskij-Kapelle.

 

 Orenburg. Monument „Der gute Engel des Friedens.“

 

St. Petersburg: Frische Blumen am Taras-Schevtschenko-Denkmal.

 

Perm. Denkmal für die Opfer der Repressionen auf dem Jegoschichinskij Friedhof.

 

Perm.  Tafel mit Aufschriften: „Der Ukraine – Frieden, Russland – Freiheit. „Nein zum Krieg“ „Schweige nicht“, „Das passiert – schließt nicht die Augen“, „Jeder Tag eures Schweigens – das sind getötete Leben friedlicher Ukrainer“, „Gewalt ist kein Ausweg“, „Das Volk ist die Macht“.

 

 

Tscheboksary, Republik Tschuwaschien. Denkmal „Der gute Engel des Friedens“ am Studenten-Square Tscheboskar.

 

Nizhnij Tagil, Ein Abonnent schreibt Pljuschtschev: „Meine Freundin und ich haben ein Mahnmal für die Umgekommenen an der Skulptur „Die Familie“ errichtet. Es gibt keine Worte, um die Trauer und den Schmerz auszudrücken. Ukrainer, ihr seid ein unglaubliches Volk! Ich weiß, dass man das nicht verzeihen kann.
Verzeiht, wenn ihr könnt.“.

 

Vologda, Im Nordwesten Russlands. Denkmal für die Opfer der Repressionen.

 

Jekaterinburg, Ural. Skulptur „Glaube, Hoffnung, Liebe“. Schild mit Aufschrift: „Dnepr 14.01.2023 Ukraine.“

 

Kazan. Tatarstan. Denkmal für die Opfer politischer Repressionen. Gedenkstätte, die wieder aufgebaut wurde, nachdem die Behörden sie entfernt hatte. Foto des Hauses in Dnipro, seinen Bewohnern und ein Schild: „Dnepr 14.01.23“, „Kazan trauert“. (Foto aus der persönlichen Korrespondenz des Verfassers des Digests).

 

In Krasnojarsk (Ostsibirien), Denkmal für die Opfer politischer Repressionen. Auf Karton die Aufschrift „Dnepr. 14.01.2023. Krasnojarsk trauert“.

 

Am 21. Januar wurde Jelena G. in Tver auf Anzeige eines örtlichen Beamten festgenommen. Gegen sie wurde ein Protokoll wegen Diskreditierung der Armee aufgenommen, weil sie am Mahnmal für die beim Raketenschlag in Dnipro Getöteten Blumen niedergelegt hatte. Jelena war mit einer Freundin zum Denkmal gekommen, die Freundin wurde zur Polizei vorgeladen.  

Der Telegram-Kanal Svodka Material  sammelte in einem Post alle zum 22.01.23 bekannten Mahnmale zur Tragödie in Dnipro am 14. Januar. Neue Fotos von Mahnmalen veröffentlicht die Bewegung  „Vesna (Frühling)"

 

Novosibirsk.

 

Nizhnij Novgorod.

 

 

Einzelmahnwachen gegen den Krieg

 

In Moskau verhaftete die Polizei die LGBT-Aktivistin Sascha Kosareva aus Kazan wegen eines Bändchens in den Farben der ukrainischen Flagge.

Am 22. Januar wurde in Moskau Jekaterina Kozar festgenommen, sie hatte sich mit einem Schild „Nein zum Krieg“ auf den Roten Platz gestellt:

 

 

 

Einzelmahnwache an einem Verwaltungsgebäude von Nevskaja Dubrovka im Gebiet Leningrad, Plakat mit Aufschrift: „Putin. War. Criminal“.

 

Äußerungen in den Sozialen Medien

Im Gebiet Lipezk verurteilt das Gericht Andrej Schilov zweimal zu 30.000 Rubel Geldstrafe [ca. 392;- Euro] wegen „Diskreditierung der russischen Armee“ in Kommentaren des Telegram-Kanal der Zeitung „Donsker Nachrichten“.

In Kursk wurde gegen Jevgenij Babin, der in einem Youtube-Video den Krieg gegen die Ukraine verurteilt hatte, ein Strafverfahren wegen „Falschnachrichten aus politischem Hass“ eingeleitet.

Ein Gericht in Jekaterinburg verurteilte Igor Puschkarev, ehemaliger Journalisten bei Znak.com und Direktor des historischen Stadtmuseums, zu 30.000 Rubel wegen Diskreditierung der russischen Armee für einen Post bei Facebook mit den Worten „Nein zum Krieg“. Wie Bekannte von Puschkarev mitteilten, kam die Anzeige von Evgenij Prigozhin, dem Chef der Wagner-Gruppe. Prigozhin forderte außerdem den Bürgermeister von Jekaterinburg auf, Puschkarev als Direktor des Museums zu entlassen.

Ein Gericht in Archangelsk verurteilte Jevgenij Orlov wegen „Diskreditierung der russischen Armee“ zu 30.000 Rubeln [ca. 380 Euro] Geldstrafe. Nach Angaben der Polizei veröffentlichte Orlov auf seiner Seite bei „Vkontakte“ zwei Posts, einen zum Wesen des Faschismus, den anderen – zu hundert Tagen Krieg.

Wegen eines Videos, in dem die Rentnerin Nadezhda Vertjachovskaja über ihre Ansichten zum Krieg und zur politischen Situation in Russland spricht, wurde sie zu 40.000 Rubeln [ca. 500 Euro] wegen Diskreditierung der russischen Armee verurteilt.

Gegen eine Bewohnerin von Vladikavkas wurde für Kommentare über den Krieg und die Mobilmachung ein Strafverfahren wegen „Wiederholter Diskreditierung der russischen Armee“ eingeleitet.

Künstler gegen den Krieg

Der Schauspieler Dmitrij Nazarov, der sich gegen den Krieg in der Ukraine ausgesprochen hatte, wurde von der Rolle des Kisa Vorobjaninov in der Neuverfilmung der „12 Stühle“ entbunden.

Anfang 2023 wurden die Studenten der Repin Kunstakademie aufgefordert, Bilder zu einem dieser Themen zu malen: „Donbass“, „Die Mutter des Soldaten“, „Ich lebe in Russland“, und „Das Leben der Akademie.“ Die Mehrheit wählte das Thema Krieg und malte Anti-Kriegsbilder. Die gesamten Arbeiten wurden auf einer Ausstellung präsentiert, dann über Facebook, Twitter und Telegram weiter verbreitet. Später tauchten die Geschichten der Künstler und ihre Anti-Kriegsarbeiten auf Papier auf, Fotografien der Werke wurden in den Internetjournalen „Cholod“ und „The Village“ veröffentlicht.

Verfolgungen für Worte

Gegen einen 16-jährigen Schüler aus Nizhnij Novgorod wurde ein Protokoll aufgenommen wegen Diskreditierung der russischen Armee. Er soll in der Schule gerufen haben: „Wenn ich kämpfen gehe, dann für die Ukraine! Ihr seid hier doch alle gehirngewaschen!“

In Saratov erhielt der Arzt Selimat Aslanov eine Geldstrafe wegen eines Gespräches mit Kollegen über den Krieg. Nach der Version des Gerichts habe er sich im Dienstzimmer gegen den Krieg und die Mobilmachung ausgesprochen.

 

„Städte sprechen“

„Die Stadt spricht“ - So nennt eine junge Frau aus Sankt Petersburg stories bei Instagram, in denen sie Fotos mit Anti-Kriegsgraffitis und -Aufklebern veröffentlicht, auf die sie unterwegs trifft.

Perm spricht:

"Wir sind gegen den Krieg"

In Kabansk (Burjatien)  wurde ein zweifacher Vater zu einer Geldstrafe verurteilt. Nach Angaben der Sicherheitskräfte hatte der Vierzigjährige mit grüner Farbe „Nein zum Krieg“ an eine Einrichtung für Kinder geschrieben.

Sotschi spricht:

"Nein zum Krieg"

 

Novosibirsk spricht: 

 

Übersetzung: Nicole Hoefs-Brinker

16. Februar 2023 

 

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