Bei MEMORIAL International in Moskau fand heute eine Begegnung mehrerer NGO-Vertreter mit der Menschenrechts-Kommissarin des Europarats Dunja Mijatović statt.
Neben Memorial waren die Organisationen „Öffentliches Verdikt“, „Amnesty International“, „Human Rights Watch“, „Agora“, das „Komitee gegen Folter“, „OVD-Info“, das LGBT-Netzwerk vertreten, außerdem Anwälte und Journalisten.
Insbesondere ging es um die Situation der Menschenrechtler in Russland, um die Auswirkungen des „Agentengesetzes“ sowie des Gesetzes über „unerwünschte Organisationen“, um Probleme regionaler NGOs und LGBT-Organisationen und nicht zuletzt um die Lage der Menschenrechtler auf der Krim (die Verhaftungen von Aktivisten der „Krymskaja solidarnost“). Natürlich kam auch der Prozess gegen Ojub Titiev zur Sprache, der kürzlich zu vier Jahren Freiheitsentzug verurteilt wurde, sowie das Verfahren gegen den Journalisten Zhalaudi Geriev von „Kavkazskij uzel“.
Ein weiteres Thema war die Haltung der russischen Behörden, die Beschlüssen des Europäischen Menschenrechtsgerichts in der Regel nicht nachkommen.
2. April 2019
Weiterlesen … Treffen mit Menschenrechts-Kommissarin des Europarats
Titiev erkennt seine Schuld nicht an, hofft jedoch sobald wie möglich freizukommen und seine Menschenrechtstätigkeit wieder aufzunehmen.
Mit dem 1. April tritt das am 18. März gegen Ojub Titiev, Leiter des Menschenrechtszentrums Memorial in Grozny, verhängte Urteil in Kraft. Titiev war am 18. März in einem fabrizierten Verfahren wegen Aufbewahrung von Drogen zu vier Jahren Freiheitsentzug verurteilt worden. Ojub Titiev hat sich entschieden, keine Berufung gegen das Urteil einzulegen. Sein Anwalt Petr Zaikin verfasste am 29. März in der Untersuchungshaft in Grozny nach seinen Worten eine entsprechende Erklärung. Titiev beharrt auf seiner Unschuld: „Ich habe mich nie eines Verbrechens schuldig bekannt, bekenne mich nicht schuldig und werde es auch unter keinen Umständen tun. Das habe ich immer offen und auch öffentlich erklärt und ich werde mich niemals falsch selbst bezichtigen.“
Titiev teilte mit, dass er seine Arbeit, der er die letzten 18 Jahre seines Lebens gewidmet hat, weiterführen will: „Während der Untersuchungshaft habe ich Menschen gesehen, die Rechtsbeistand benötigen, und habe begriffen, dass ich verpflichtet bin, meine Tätigkeit so schnell wie möglich wiederaufzunehmen. In eben dieser Menschenrechtsarbeit sehe ich den Sinn meines Lebens.“
Titiev nannte einige Gründe dafür, dass er keine Berufung einlegen wird:
„Dieses Urteil gibt mir die Möglichkeit, wahrscheinlich schon nach dem Monat Mai dieses Jahres aus der Haft freizukommen und in vollem Umfang zur Arbeit im Menschenrechtszentrum Memorial, die im Januar 2018 unterbrochen wurde und Sinn meines Lebens ist, zurückzukehren.“
Das Gericht hatte bei seinem Urteil die Kategorie des Verbrechens von „schwer“ auf „mittelschwer“ herabgesenkt. Dies bedeutet, dass Titiev, sobald ein Drittel der Strafe abgeleistet ist, im Mai 2019 auf formeller Grundlage das Recht hat, eine vorzeitige Entlassung auf Bewährung zu beantragen, was er auch beabsichtigt.
„Meine Familie braucht meine Hilfe und Unterstützung. Diese fünfzehn Monate waren für sie eine wesentlich ernstere Prüfung als für mich. Als Familienoberhaupt trage ich die Verantwortung für sie. Leider gab es unter den derzeitigen Bedingungen der Rechtsanwendung in unserem Land und besonders in der Republik Tschetschenien in meinem politisch motivierten Prozess keine Hoffnung auf einen Freispruch. Jedem, dem die Fakten der Anwendung von Recht in unserem Land bekannt sind, ist klar, dass das erreichte Urteil die maximal mögliche Art der Anerkennung meiner Unschuld ist. Leider kann ich nicht alle Umstände meiner Entscheidung über die Unzweckmäßigkeit einer Berufung aufzählen … Und wenn jemand der Meinung ist, ich habe eine falsche Entscheidung getroffen, indem ich meinen Verteidigern verboten habe … gegen das Urteil in Berufung zu gehen, dann bin ich bereit, jedem von ihnen persönlich zu erklären, warum ich diese Entscheidung für richtig halte. Meine Anwälte haben große Arbeit geleistet, deren Resultat man nicht einfach am Urteilstext bewerten kann. Dank ihnen glaubt niemand in der Republik Tschetschenien, dass ich diesen Schmutz angefasst haben könnte, denn Drogen, das ist Schmutz. Alle wissen, dass ich unschuldig bin, und es ist für mich sehr wichtig, dass die Menschen nicht an diese absurde Anschuldigung glauben. Die Bewohner meines Dorfes, die mich schon das ganze Leben kennen und deren Meinung ich sehr schätze, sind zum Gericht gekommen und haben offen erklärt, dass sie nicht an meine Schuld glauben. Ich hoffe, dass ich jeden dieser mutigen Menschen umarmen und ihm die Hand drücken kann. Denn jeder weiß, wie gefährlich es unter den derzeitigen Gegebenheiten war, mich offen zu unterstützen. Eben deswegen … kann ich mit erhobenem Haupt stolz auf mich und auf die Dorfbewohner durch mein Dorf laufen. Und mit ebenso stolz erhobenem Haupt kann ich mich außerhalb der Grenzen Tschetscheniens bewegen, weil ich sicher sein kann, dass die Menschen nicht schlecht über mich denken.“
Ojub Titiev dankt allen, die ihn im Verlauf des Prozesses unterstützt haben – Angehörigen, Freunden, Kollegen, Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, Diplomaten, Politikern sowie allen „Bewohnern Tschetscheniens, weiterer Regionen der Russischen Föderation und auch anderer Länder, denen mein Schicksal nicht gleichgültig war.“
Memorial unterstützt diese Entscheidung Titievs.
1. April 2019
Am 18.März wurde Ojub Titiev vom Stadtgericht Schali in Tschetschenien zu vier Jahren Freiheitsentzug verurteilt.
Nachfolgend finden Sie internationale Reaktionen auf das Urteil:
Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland
Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und Humanitäre Hilfe, Bärbel Kofler
Ich bin zutiefst besorgt über die Verurteilung von Ojub Titijew, Träger des deutsch-französischen Preises für Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit. Die Zweifel an den Vorwürfen und an der Rechtsstaatlichkeit des Verfahrens sind gut dokumentiert und auch im OSZE-Bericht zur Menschenrechtslage in Tschetschenien beschrieben. Ich fordere Russland auf, den darin enthaltenen Empfehlungen zu folgen: Das Urteil und die Untersuchungshaft sollten schnellstens von einem Gericht außerhalb Tschetscheniens überprüft, Ojub Titijew aus der Untersuchungshaft freigelassen werden. Russland muss gewährleisten, dass Menschenrechtsverteidiger ohne Angst vor Strafverfolgung auch in Tschetschenien tätig sein können.
Europäischer Auswärtiger Dienst
We believe that the sentencing of Oyub Titiev is directly connected to his human rights work for Memorial, an organisation that has been the subject of ongoing intimidation and harassment in the North Caucasus and beyond. We also believe that Mr Titiev has not received a fair trial. His sentencing continues a trend of arrests, attacks and discrediting of human rights defenders and journalists who work in that region of the Russian Federation. Mr Titiev\'s predecessor as head of Memorial in Chechnya, Ms Natalia Estemirova, was killed in 2009 and, almost ten years later, not a single person has yet been brought to justice for this crime. The European Union expects Mr Titiev to be released immediately and unconditionally.
Den vollständigen Text finden Sie hier.
Ministerium für Europa und Auswärtige Angelegenheiten Frankreichs
Eine aktualisierte Übersicht, basierend auf Berichten bei OVD-Info und des Menschenrechtszentrums Memorial
Am 15. März 2018 wurden in Moskau zehn Personen unter der Anklage, eine extremistische Vereinigung namens „Novoe Velitschie“ (Neue Größe) gegründet zu haben, verhaftet. Die Ermittler gehen davon aus, dass sie einen Staatsstreich geplant hätten. Die Anwälte der Angeklagten erklären, „Novoe Velitschie“ sei von einem eingeschleusten Mitarbeiter der Sicherheitskräfte ins Leben gerufen worden.
Ein erstes Urteil wurde mittlerweile gefällt: Gegen Rustam Rustamov verhängte man am 5. März eine Bewährungsstrafe von eineinhalb Jahren wegen Unterstützung einer extremistischen Gemeinschaft. Zuvor hatte sich Rustamov schuldig bekannt und vor dem Urteil eine Übereinkunft mit der Ermittlung getroffen. Sein Fall wurde in einem eigenen Verfahren behandelt, ohne dass das Gericht die Beweise überprüft hätte.Weitere Angeklagte stehen derzeit zum Teil unter Hausarrest, andere befinden sich in Untersuchungshaft, für beide Personengruppen wurden die Vorbeugungsmaßnahmen inzwischen bis zum 13. Juni verlängert. Zur Unterstützung vor allem zweier junger Frauen der Gruppierung hatten im vergangenen Jahr in Moskau mehrere Unterstützungsaktionen stattgefunden. Beim „Marsch der Mütter“ am 15. August 2018 waren Hunderte in einer nicht-genehmigten Aktion bis zum Gebäude des Obersten Gerichts in Moskau gelaufen und hatten Stofftiere an den Eingang gelegt.Etwa 170 000 Menschen unterschrieben eine Petition zur Befreiung der Mädchen. Für die Mädchen bürgten die mittlerweile verstorbene Ljudmila Alekseeva, Vorsitzende der „Moskauer Helsinki-Gruppe“, und Lev Ponomarev, „Bewegung Für Menschenrechte“. Ebenso hatten Tatjana Moskalkova, Menschenrechtsbeauftragte der Russischen Föderation, und Michael Fedotov, Vorsitzender des Menschenrechtsrats beim Russischen Präsidenten mit Hinweis auf die schlechte Gesundheit der Frauen appelliert, sie aus der Untersuchungshaft zu entlassen.
Ojub Titiev ist heute vom Stadtgericht Schali zu vier Jahren Freiheitsentzug verurteilt worden. Damit folgte das Gericht weitgehend dem Antrag des Staatsanwalts, milderte das Urteil aber insofern etwas ab, als Titiev zur Ansiedlung in einer Strafkolonie verurteilt wurde.
Diese Strafe wird gewöhnlich gegen Personen verhängt, die Ersttäter sind und leichtere bis mittelschwere Straftaten begangen haben oder die sich aus Fahrlässigkeit schuldig gemacht haben. In diesen Fällen sind etwas freizügigere Haftbedingungen vorgesehen (insbesondere im Hinblick auf die Bewachung und Besuchsregelungen).
Laut Gerichtsentscheid muss Titiev in Haft bleiben, bis das Urteil rechtskräftig wird. Titievs Anwalt Petr Saikin hat bereits erklärt, dass er gegen das Urteil Revision einlegen wird.
18. März 2019
Weiterlesen … Ojub Titiev zu vier Jahren Freiheitsentzug verurteilt
Am 11. März wurden in Tschetschenien die abschließenden Plädoyers der Anklage und der Verteidigung im Fall Ojub Titiev, Leiter des Menschenrechtszentrums Memorial in Grozny, gehalten. Wir erinnern, dass Titiev des Drogenbesitzes beschuldigt wird. Er selbst weist die Beschuldigungen zurück und besteht darauf, dass ihm das Paket mit Marihuana untergeschoben wurde. Memorial erklärte das Verfahren gegen Titiev ebenfalls für manipuliert. Die Staatsanwaltschaft, die für ihr Plädoyer nur 20 Minuten bei einem Verfahren benötigte, welches das Gericht acht Monate beschäftigte, fordert für Titiev vier Jahre Strafkolonie sowie eine Geldbuße von 100.000 Rubel.
Die Verteidigung betonte, dass die Zweifel an der Schuld Titievs im Verlauf des Verfahrens nicht beseitigt wurden und zugunsten des Angeklagten ausgelegt werden müssen, die Beweise von Seiten der Anklage seien widersprüchlich und strittig. Titiev selbst bedankte sich im Schlusswort bei allen, die ihn unterstützen, nannte die für das fabrizierte Verfahren Verantwortlichen namentlich und bat die Vertreter aus Europa, Sanktionen gegen die entsprechenden Personen zu verhängen. Bezüglich des Urteils mache er sich keine Illusionen, so Titiev. „Selbstverständlich wird man ein Urteil fällen, das der Anklage folgt.“
An der Verhandlung nahmen neben russischen Menschenrechtlern auch Vertreter von Human Rights Watch, Mitglieder der Botschaften der Niederlande und Deutschlands sowie eine Delegation der Europäischen Union teil. Das Urteil wird am 18. März verkündet.
12. März 2019
Weiterlesen … Verfahren gegen Titiev – Staatsanwalt fordert vier Jahre Strafkolonie
Erklärung der Internationalen Gesellschaft Memorial
Am 13. und 14. Februar 2019 hat das russische Justizminiserium folgende, von Lev Ponomarev geleitete Verbände in die Liste von „Organisationen, die die Funktionen eines ausländischen Agenten ausführen“, eingetragen: „Für Menschenrechte“ („Za prava tscheloveka"), „Hotline“ („Gorjatschaja linija“) und die Stiftung „Zum Schutz der Rechte Gefangener“ („V zaschtschity prav zakljutschennych").
Die lange Propaganda-Kampagne gegen den verdienten Aktivisten wird fortgesetzt – sie fing an mit skandalösen Fernsehfilmen, kürzlich kam er widerrechtlich in administrative Haft, jetzt bringt man das Gesetz über „ausländische Agenten“ zur Anwendung, das dazu gedacht ist, unabhängige gesellschaftliche Organisationen zu diskreditieren.
Dieses Gesetz hat in der zivilisierten Welt nicht seinesgleichen. Es unterscheidet sich kardinal von dem in den USA geltenden Gesetz, auf das sich die staatliche Propaganda immer wieder beruft. Nach amerikanischem Recht ist eine Organisation dann ein „ausländischer Agent“, wenn sie „in den Vereinigten Staaten im Interesse eines ausländischen Auftraggebers (Prinzipals) politisch tätig ist oder agiert“. In Russland gilt das Gleiche für eine Organisation, „die auf dem Gebiet der Russischen Föderation, unter anderemim Interesse ausländischer Sponsoren, politisch tätig ist“ Da es heißt „unter anderem“, ist es nicht notwendig, die Arbeit „im Interesse ausländischer Sponsoren“ nachzuweisen. Wenn es den Machthabern beliebt, reicht dafür jederlei ausländische Finanzierung aus, und als „politische Tätigkeit“ kann so gut wie alles gelten. In den USA muss die Arbeit „im Interesse eines ausländischen Auftraggebers (Prinzipals)“ vor Gericht nachgewiesen werden, um eine Organisation als „ausländischer Agent“ verzeichnen zu können. In Russland reicht die Entscheidung eines Beamten im Justizministerium aus.
Wir kennen keine einzige Menschenrechtsorganisation, die als „ausländischer Agent“ registriert und tatsächlich bezichtigt worden wäre, für „ausländische Sponsoren“ tätig zu sein. Das ist verständlich, denn nicht einmal mit den geballten Einflussmöglichkeiten des Fernsehens lässt sich ohne weiteres suggerieren, der Einsatz für Bürgerrechte in Russland erfolge im Interesse von Ausländern. Das Etikett „ausländischer Agent“ bezeugt nur, dass der jeweiligen Organisation nichts vorzuwerfen ist. Wir sind überzeugt, dass der Zeitpunkt nicht mehr fern ist, zu dem der Staat alle, die in diesem berüchtigten Register aufgelistet sind, um Entschuldigung bitten wird, einschließlich Lev Ponomarev.
25. Februar 2019
Eine Zusammenstellung des Menschenrechtszentrums Memorial
Vor etwas mehr als einem Jahr, am 9. Januar 2018, wurde in Tschetschenien Ojub Titiev, Leiter der Vertretung des Menschenrechtszentrums Memorial in Grozny, festgenommen. Er wird des Drogenbesitzes beschuldigt. Wir sind der Ansicht, dass das Verfahren gegen Titiev fabriziert ist, um seine Menschenrechtsarbeit zu unterbinden.
Teil 1
Wer Ojub Titiev ist
Ojub Titiev ist Leiter der letzten unabhängigen Menschenrechtsorganisation in Tschetschenien, der Vertretung des Menschenrechtszentrums Memorial in Grozny, und ehemaliger Lehrer. Ojub Titiev leitete Memorial in der Republik Tschetschenien seit der Entführung und Ermordung der Menschenrechtlerin Natalja Estemirova. Zu diesem Zeitpunkt gab es in Tschetschenien praktisch keine Menschenrechtsorganisationen mehr: Alle hatten ihre Tätigkeit eingestellt, da sie um das Leben ihrer Mitarbeiter fürchteten. In Grozny war allein das Büro von Memorial übrig geblieben sowie sein Leiter: Ojub Titiev. Vor einem Jahr nun, am 9. Januar 2018, wurde Ojub festgenommen. In seinem Auto, dem Auto eines Menschen, der den Sport liebt und als gläubiger Moslem weder trinkt noch raucht, hatte man angeblich Drogen gefunden. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt befindet er sich in Haft, der Prozess läuft. Das Menschenrechtszentrum Memorial ist überzeugt, dass Titiev unschuldig ist. Der Prozess vor dem Stadtgericht in Schali wird von der Richterin Madina Zejnetdinova geleitet. Die Ankläger auf Seiten des Staates sind der Staatsanwalt des Bezirks Kurtschaloj Dzhabrail Achmatov sowie Milana Bajtaeva, Mitarbeiterin der Staatsanwaltschaft der Republik. Verteidigt wird Ojub Titiev von den Anwälten Marina Dubrovina, Petr Zaikin und Ilja Novikov.
Die außerplanmäßige Überprüfung des Zentrum für Information und Aufklärung von Memorial (NIPC) in Moskau durch das Justizministerium, die die Organisation im Hinblick auf eine mögliche Verzeichnung als „ausländischer Agent“ untersuchen sollte, wurde inzwischen abgeschlossen. Anders als befürchtet, ist es nicht – wie zuvor in vielen anderen Fällen - zu einer Registrierung als „Agent“ gekommen.
Es wurden lediglich einige Bestimmungen in der noch aus dem Jahre 1996 stammenden Satzung beanstandet, die nicht mehr der heutigen Gesetzgebung entsprechen.
Die erforderlichen Satzungsänderungen (und die obligatorische Umregistrierung) werden in der nächsten Zeit vorgenommen.
13. Februar 2019
Weiterlesen … Moskauer Memorial-Verband wird nicht als "Agent" verzeichnet
Am 10. Februar 2019 fanden in mehreren Städten Russlands Aktionen unter dem Motto „Marsch der zornigen Mütter“ zur Unterstützung von Anastasia Schevtschenko und anderen politischen Häftlingen statt.
Anastasija Schevtschenko, die am 21. Januar 2019 wegen Mitarbeit in der als unerwünscht eingestuften Organisation „Otkrytaja Rossija“ („Offenes Russland“) verhaftet wurde und die derzeit unter Hausarrest steht, eine Haftstrafe von zwei bis sechs Jahren droht. Das Menschenrechtszentrum MEMORIAL hat Schevtschenko als politische Gefangene anerkannt.
Auslöser für die Demonstrationen war der Tod von Schevtschenkos Tochter, die während des Hausarrests der Mutter auf die Intensivstation gebracht werden musste und dort schließlich verstarb. Zu den Aktionen, die von den Behörden nicht genehmigt worden waren, kam es in 14 Städten Russlands. In Moskau, wo mehrere Hundert Menschen an dem Marsch teilnahmen, wurden mindestens zwei Personen zunächst verhaftet und später wieder auf freien Fuß gesetzt; die Polizei nahm ein Protokoll wegen geringfügigem Hooliganismus auf. In St. Petersburg wurden nach Angaben von OVD-Info acht Personen festgenommen, von denen zwei aus dem Gefangenentransporter fliehen konnten. Später am Tag ließ man vier der Festgenommenen wieder frei, zwei von ihnen, Marija Koshevatova, Mitglied der Partei Jabloko, und Svetlana Utkina, Organisatorin der Demonstration in Petersburg, verbrachten 48 Stunden auf der Polizeiwache.
Gegen Koshevatova wurde wegen wiederholter Verletzung des Versammlungsrechts bereits eine Strafe von 250 000 Rubeln (ca. 3375,- Euro) verhängt. Koshevatova hatte ein Putin-kritisches Plakat entrollt. Svetlana Utkina wurde ebenfalls auf der Grundlage desselben Artikels angeklagt. In Machatschkala suchten Sicherheitskräfte am 10. Februar die Wohnung von Natalja Sacharova auf, Organisatorin der örtlichen Kundgebung, die sich zu diesem Zeitpunkt bereits außer Haus befand. Die Männer erschreckten die dort anwesenden minderjährigen Kinder der Aktivistin, was diese veranlasste, anstelle der Demonstration lediglich eine Einzelkundgebung zur Unterstützung von Anastasia Schevtschenko abzuhalten, um weitere Konflikte mit den Behörden zu vermeiden.
12. Februar 2019
Weiterlesen … „Marsch der zornigen Mütter“ in mehreren Städten Russlands
In einem Strafverfahren droht erstmals eine Haftstrafe
In mehreren russischen Städten ist es in letzter Zeit zu Verfolgungsmaßnahmen gegen Mitglieder von „Otkrytaja Rossija“ („Offenes Russland“) gekommen, mit der Begründung, es handele sich um eine in Russland „unerwünschte Organisation“, mit der jegliche Zusammenarbeit untersagt ist. Das entsprechende Gesetz, das die Registrierung ausländischer unerwünschter Organisationen vorschreibt und jegliche Kooperation mit ihnen unter Strafe stellt, wurde 2015 verabschiedet. Welche Vereine das betrifft, wird vom Generalstaatsanwalt oder seinem Vertreter in Absprache mit dem Außenministerium festgelegt. Bisher sind hier 15 Organisationen verzeichnet, darunter seit April 2017 auch zwei in Großbritannien ansässige Verbände von OpenRussia, gegründet von Michail Chodorkovskij.
Die in Russland aktive Bewegung „Oktrytaja Rossija“ ist aber mit den zuletzt genannten nicht verbunden. Da es sich um keine ausländische Organisation handelt, kann das Gesetz von 2015 auf sie nicht angewendet werden, und eine Zusammenarbeit mit ihr oder Aktionen für sie stellen somit auch nach russischem Recht keinen Straftatbestand dar.
Haussuchungen waren bei mehreren Aktivisten von „Otkrytaja Rossija“ bereits 2017 durchgeführt worden. In den letzten Wochen kam es zu Drangsalierungen und Haussuchungen bei Aktivisten in Wolgograd, Pskov, Krasnodar, Kurgan, Rostov am Don, Uljanovsk und Kazan. Michail Kusovkov in Kurgan wurde wegen seiner Mitarbeit in einer „unerwünschten Organisation“ zu einer Geldstrafe von 5.000 Rubeln verurteilt. In Wolgograd wurde ein Verfahren wegen desselben „Delikts“ gegen Roman Sajzev eingeleitet, das in diesem Fall vor allem darin bestand, dass er in den sozialen Netzen über das gerade gegen Anastasia Schewtschenko eingeleitete Verfahren berichtet hatte. Letztere war am 21. Januar in Rostov am Don nach einer Haussuchung verhaftet worden, nachdem am 18. Januar ein Strafverfahren gegen sie eingeleitet worden war.
Am 23. Januar wurde Anastasija Schevtschenko in den Hausarrest überstellt. Sie ist alleinerziehende Mutter. Ihre 17jährige Tochter, die in diesen Tagen lebensgefährlich erkrankte, durfte sie erst unmittelbar vor ihrem Tode kurz im Krankenhaus besuchen.
Bei diesem Verfahren geht es erstmals nicht mehr nur um eine Ordnungsstrafe. Da sie im Jahre 2018 nach der Teilnahme an Kundgebungen, die "Otkrytaja Rossija" organisiert hatte, bereits zweimal zu einer Ordnungsstrafe verurteilt wurde, könnte ihr jetzt nach Art. 284.1 eine Haftstrafe von zwei bis sechs Jahren drohen.
Das Menschenrechtszentrum MEMORIAL hat Anastasija Schevtschenko als politische Gefangene verzeichnet. Sie und andere, die verwaltungs- und strafrechtlich verfolgt würden, würden allein wegen ihrer Zusammenarbeit mit Oktrytaja Rossija zur Rechenschaft gezogen, die eine gewaltlose, legitime oppositionelle Tätigkeit ausübe.
Amnesty International hat zu einer Eilaktion (urgent action) zu ihrer Unterstützung aufgerufen.
11. Februar 2019
Weiterlesen … Aktivisten von "Oktrytaja Rossija" landesweit unter wachsendem Druck
Erklärung der Internationalen Gesellschaft MEMORIAL
Am 6. Februar hat das Zhelesnodorozhnyj-Bezirksgericht von Orel den dänischen Staatsbürer Dennis Christensen zu sechs Jahren Straflager verurteilt – weil er „unter Ausnutzung seiner geistigen Autorität“ aktiv bei den „Zeugen Jehovas“ in Orel mitwirkte.
Vor fast zwei Jahren, am 20. April 2017, hat das Oberste Gericht in Russland die „Zeugen Jehovas“ in Russland als „extremistische Organisation" verboten. Mit dieser schändlichen und widerrechtlichen Entscheidung steht Russland in einer Reihe mit höchst fragwürdigen Regimen. Die „Zeugen Jehovas“ wurden auch in Hitler-Deutschland unerbittlich verfolgt. In allen demokratischen Ländern können sie ihren Glauben indes ungehindert praktizieren. Infolge des Verbots sind heute in unserem Land bereits Dutzende von Anhängern dieser Lehre inhaftiert. Jetzt ist erstmals in einem Urteil eine Freiheitsstrafe verkündet worden.
Die von der russischen Verfassung deklarierte Gewissensfreiheit ist in Russland inzwischen eine ebensolche Fiktion wie seinerzeit in der UdSSR. Die sechs Jahre Haft, die Christensen dafür erhielt, dass er sein durch die Verfassung garantiertes Recht auf Religionsfreiheit ausübte, entsprechen den Strafmaßen, die zu Zeiten der Sowjetmacht gegen die „Zeugen Jehovas“ verhängt wurden.
Es ist absurd, dass die unter dem Sowjetregime verurteilten „Zeugen Jehovas“ (Memorial kennt Hunderte solcher zerstörter Lebensläufe) nach dem Rehabilitierungsgesetz von 1991 als Opfer politischer Repressionen gelten, während die heutigen Anhänger der „Zeugen Jehovas“ wieder inhaftiert werden.
Dieses Urteil bestätigt erneut, wie unangemessen die russische „antiextremistische“ Gesetzgebung ist, die es zulässt, so gut wie jeden als Extremisten einzustufen.
Wir fordern, das verfassungswidrige Verbot der „Zeugen Jehovas“ aufzuheben.
Dennis Christensen und die übrigen inhaftierten Anhänger der „Zeugen Jehovas“ halten wir für Gewissensgefangene und fordern ihre unverzügliche Freilassung.
Der Vorstand der Internationalen Gesellschaft MEMORIAL
8. Februar 2019
Weiterlesen … In Russland ist die Gewissensfreiheit eine Fiktion
Hinweis:
Im Vorfeld zu einer Veranstaltung in der Gedenkstätte Roter Ochse in Halle wurde am 4. Februar ein Interview mit Anke Giesen zur Situation der Memorial-Verbände und zur Geschichtspolitik in Russland bei Radiocorax aufgezeichnet, das Sie jetzt hier nachhören können.
6. Februar 2019
Neuerscheinung: Publikation von Memorial in deutscher Übersetzung
Beim Verlag Matthes & Seitz in Berlin ist in diesen Tagen unter dem Titel „Ich glaube an unsere Kinder“ die von Christina Links übersetzte deutsche Ausgabe von „Papiny pisma“ (Papas Briefe) mit einem Vorwort von Irina Scherbakova erschienen.
Die Publikation ist aus einer Ausstellung hervorgegangen, die Memorial erstmals 2013 in Moskau präsentiert hat. Ergänzt und zu einer Wanderausstellung umgearbeitet wurde sie seither nicht nur vielerorts in Russland gezeigt, sondern auch schon in Deutschland (im Oktober 2018 in Freiburg). Das russische Original liegt bereits seit 2014 vor.
Die Briefe stammen aus Privatarchiven, die Memorial überlassen wurden. Es sind Briefe Gefangener an ihre in Freiheit verbliebene Familie und vor allem an ihre Kinder, deren Heranwachsen die Väter aus der Ferne begleiten wollten. Sie versuchten, ihnen Kenntnisse zu vermitteln und sie auch an ihrem Leben teilhaben zu lassen.
Mit dieser Publikation werden dem deutschen Leser singuläre Dokumente zugänglich, die einen wenig beachteten Aspekt des Lagerlebens beleuchten – den Versuch, über Jahre hinweg bei fast völlig fehlendem persönlichem Kontakt ein Familienleben aufrechtzuerhalten in der Erwartung, später daran anknüpfen zu können. Die Hoffnung, später einmal zur Familie zurückkehren zu können, erwies sich allerdings in fast allen Fällen als Illusion.
1. Februar 2019
Am 19. Januar fanden in Moskau und St. Petersburg wie alljährlich der Marsch zur Erinnerung an Stanislav Markelov und Anastasija Baburova sowie Einzelkundgebungen statt. Der Anwalt und Menschenrechtsaktivist Markelov und die Journalistin Baburova waren am 19. Januar 2009 am helllichten Tag auf offener Straße von Neonazis erschossen worden. Markelov hatte sich bei seiner Arbeit immer wieder für linke Aktivisten eingesetzt. In Moskau, wo die Aktion von den Behörden genehmigt worden war, nahmen mehrere hundert Menschen teil. In Petersburg hatten die Behörden den Marsch zunächst genehmigt, ihre Genehmigung dann aber wieder zurückgezogen. Zeitgleich wurde die Aktion von etwa hundert Demonstranten in London unterstützt. In Petersburg wurden bei Einzelkundgebungen zunächst sechs Personen, im weiteren Verlauf der Aktion mindestens fünf Personen festgenommen, die jedoch noch am selben Tag wieder auf freien Fuß gesetzt wurden.
In Moskau kam es ebenfalls zu mehreren Verhaftungen. So wurde der Journalist Igor Jasin festgenommen, als er eine Fahne in Regenbogenfarben entrollte. Neben Jasin wurden drei weitere Personen festgenommen, unter ihnen Nikolaj Kretov, Mitarbeiter der Moskauer Helsinki Gruppe, der Jasin zur Hilfe geeilt war. Nach Angaben eines der Verhafteten sagte ein Polizist während der Festnahme zu ihm: „Wenn es nach mir ginge, würde ich dich umbringen.“ Im Polizeibus dann sei er geschlagen worden. Man brachte die Aktivisten auf die Polizeiwache und ließ zunächst keine Anwälte zu ihnen vor. Gegen alle vier wurde ein Protokoll wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt aufgenommen (§ 19.3 Ordnungsstrafrecht der RF), gegen Kretov zusätzlich wegen Verletzung des Ablaufs einer öffentlichen Veranstaltung (§ 20.2 Abschn.5 Ordnungsstrafrecht der RF). Zusätzlich ließ man sie bis zum Ablauf der 48-Stundenfrist in Haft und setzte sie erst am 21. Januar wieder auf freien Fuß. Jasin wurde noch am 21. Januar zu einer Strafe von 20.000 Rubel (etwa 264 Euro) verurteilt.
22. Januar 2019
Weiterlesen … Verhaftungen beim Marsch zur Erinnerung an Stanislav Markelov und Anastasia Baburova
Das wissenschaftliche Zentrum für Information und Aufklärung von Memorial (NIPC) in Moskau wird einer außerplanmäßigen Überprüfung unterzogen. Dies wurde der Organisation noch im Dezember letzten Jahres mitgeteilt. Heute hat das Zentrum dem Justizministerium die angeforderten Dokumente übermittelt.
In dem Bescheid vom Justizministerium heißt es, Gegenstand der Überprüfung sei „die Tätigkeit des Verbandes als nichtkommerzielle Organisation, die die Funktion eines ausländischen Agenten ausübe und sich nicht als solche hat registrieren lassen“.
Ergebnis derartiger Überprüfungen ist in der Regel die Eintragung in das Verzeichnis angeblicher „ausländischer Agenten“ durch das Justizministerium (mit den bekannten negativen Folgen). Von den fünf Moskauer Memorial-Verbänden wurden am 21. Juli 2014 bereits das Menschenrechtszentrum und am 4. Oktober 2016 die Internationale Gesellschaft Memorial als „Agent“ registriert. Beide Entscheidungen werden noch juristisch angefochten.
14. Januar 2019
Weiterlesen … Justizministerium überprüft MEMORIAL-Verband in Moskau
Am 11. Dezember, nach der Trauerfeier für Ljudmila Aleksejeva, tagte der von Michail Fedotov geleitete Rat beim Präsidenten zur Entwicklung von Zivilgesellschaft und Menschenrechten (kurz „Menschenrechtsrat“) erstmals in neuer Zusammensetzung. Dies war zugleich die einmal jährlich stattfindende Tagung im Beisein von Präsident Putin.
Memorial International ist im Menschenrechtsrat nicht mehr vertreten. Umso häufiger war aber von Memorial die Rede. Dies war vor allem dem Historiker und Journalisten Nikolaj Svanidse zu verdanken.
Weiterlesen … Menschenrechtsrat tagt in neuer Zusammensetzung
Lev Ponomarev, der vor einigen Tagen zu 25 Tagen Haft verurteilt wurde - die Haft wurde inzwischen auf 16 Tage herabgesetzt -, wird nicht an den Beisetzungsfeierlichkeiten für die Menschenrechtlerin Ljudmila Aleksejeva teilnehmen können.
Ljudmila Aleksejeva war am 8. Dezember verstorben. Sie war eine der bekanntesten Menschenrechtsaktivisten in Russland. 1976 war sie maßgeblich an der Gründung der Moskauer Helsinki-Gruppe beteiligt. Bereits 1977 wurde sie zur Emigration gezwungen und lebte bis 1993 in den USA, dann kehrte sie nach Russland zurück. 1996 übernahm sie die Leitung der neu gebildeten Moskauer Helsinki-Gruppe.
Die offizielle Trauerfeier für Ljudmila Aleksejeva findet am 11. Dezember vormittags im „Haus des Journalisten“ statt.
Lev Ponomarev war mit Ljudmia Aleksejeva eng verbunden. Das Gericht, das über eine Haftaussetzung zu entscheiden hatte, befand jedoch, dass er ihr nicht nahegestanden und ihr Kontakt sich auf ihre gemeinsamen Projekte beschränkt habe.
10. Dezember 2018
Weiterlesen … Lev Ponomarev kann nicht an Trauerfeier für Ljudmila Aleksejeva teilnehmen
Erklärung von MEMORIAL International
Die Inhaftierung des Menschenrechtlers Lev Ponomarev ist eine erneute Bestätigung dafür, wie repressiv, widerrechtlich und inhuman die russische Gesetzgebung zu Massenkundgebungen ist. Im Widerspruch zur Verfassung der Russischen Föderation sowie mehrmaligen Entscheidungen des Europäischen Menschenrechtsgerichts verletzen russische Gerichte immer wieder das durch die Verfassung garantierte Recht der Bürger auf friedliche Versammlungen.
Die Gesellschaft MEMORIAL hält die Verfolgung Lev Ponomarevs für gesetzwidrig und fordert seine umgehende Freilassung.
6. Dezember 2018
MEMORIAL International nicht mehr im Menschenrechtsrat vertreten
Nachdem in diesem Jahr die russischen Präsidentschaftswahlen stattgefunden haben, wurde nun auch, wie üblich, der „Rat für Entwicklung der Zivilgesellschaft und Menschenrechte beim Präsidenten der Russischen Föderation, kurz „Menschenrechtsrat“ genannt, neu besetzt.
Anders als bei der letzten Neubesetzung, bei der es zuvor eine Internet-Abstimmung gegeben hatte, verlief das jetzige Verfahren hinter den Kulissen und völlig intransparent.
Dessen ungeachtet sind einige namhafte Menschenrechtler und Vertreter zivilgesellschaftlicher Organisationen in den Rat aufgenommen worden – darunter erstmals die frühere Menschenrechtsbeauftragte für Perm Tatjana Margolina und die Leiterin von Grani Svetlana Makovezkaja, ebenfalls aus Perm, dann Igor Kaljapin („Komitee gegen Folter") und Pavel Tschikov („Agora") – sowie namhafte Juristen (die ehemalige Verfassungsrichterin Tamara Morschtschakova und der Anwalt Genri Reznik) im Rat vertreten, darüber hinaus ist Roman Romanov (der Leiter des GULAG-Museums) zu erwähnen.
Es fällt allerdings auf, dass von MEMORIAL International niemand mehr vertreten sein wird, ungeachtet der Expertise der Organisation in den hier relevanten Bereichen Menschenrechte und historische Aufarbeitung. Auch das langjährige Mitglied Sergej Krivenko, Leiter der Organisation „Grazhdanin i Armija“ (Bürger und Armee) und Vorstandsmitglied von MEMORIAL International, wurde nicht mehr aufgenommen.
4. Dezember 2018
Weiterlesen … Menschenrechtsrat beim Präsidenten neu besetzt
Jurij Dmitriev, Leiter des Memorialverbands in Karelien, war ursprünglich am 5. April 2018 vom Vorwurf der Pornographie freigesprochen und auf freien Fuß gesetzt worden. Bereits im Rahmen dieses ersten Verfahrens hatte sich Dmitriev einer gerichtsmedizinischen Untersuchung unterziehen müssen. Schon das damalige Gutachten hielt ausdrücklich fest, dass er nicht pädophil sei. Am 27. Juni wurde Dmitriev erneut verhaftet, diesmal wegen angeblicher gewaltsamer sexueller Handlungen gegen Minderjährige unter 14 Jahren nach Art. 132, Abschn. 4b des russ. StGB. Die Staatsanwaltschaft von Karelien und die Großmutter von Dmitrievs Pflegetochter war gegen den Freispruch vom April in Revision gegangen.
Es folgte eine erneute psychiatrische Untersuchung in St. Petersburg, die ihm nun in einem Gutachten vollständige psychische Gesundheit bescheinigt und keinerlei psychische Abweichungen oder pädophile Neigungen feststellt. Der nächste Verhandlungstag ist für den 18. Dezember anberaumt und findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.
Jurij Dmitriev seit vielen Jahren die Geschichte des sowjetischen Terrors in Karelien erforscht. Seiner Arbeit ist es zu verdanken, dass die Namen von über 13.000 Opfern ermittelt und in einem Gedenkbuch verzeichnet wurden. Sein Name ist außerdem vor allem mit der Gedenkstätte Sandormoch bei Medvezhgorsk verbunden, wo während der Zeit des Großen Terrors Tausende von Menschen erschossen wurden.
3. Dezember 2018
Weiterlesen … Erneutes Gutachten bescheinigt Jurij Dmitriev vollständige psychische Gesundheit