Erklärung des Menschenrechtszentrums Memorial
Vor 12 Jahren wurde Natascha Estemirova, unsere Kollegin, Mitstreiterin und Freundin entführt und ermordet. Natascha, Lehrerin aus Groznyj, kämpfte seit Beginn der 1990er Jahre für Gerechtigkeit – zunächst als Gewerkschaftsaktivistin, dann als Menschenrechtlerin und Journalistin. Seit September 1999, von Anbeginn des Zweiten Tschetschenischen Kriegs, arbeitete sie mit Memorial zusammen und wurde sehr schnell Herz und Motor unserer Arbeit.
Weiterlesen … Zur Ermordung von Natalja Estemirova vor zwölf Jahren
Erklärung der Internationalen Gesellschaft Memorial
Beim Obersten Gericht der Russischen Föderation wurde inzwischen Kassationsklage gegen das Urteil des Obersten Gerichts der Republik Kareliens gegen Jurij Dmitriev eingereicht.
Die Haltlosigkeit der gegen ihn erhobenen Anklagen wegen „Herstellung und Verbreitung von Kinderpornographie“ sowie „obszöner Handlungen“ war vom Stadtgericht Petrosavodsk zweimal bestätigt worden, nach langer und sorgfältiger Überprüfung aller Umstände. Aber das Oberste Karelische Gericht zwingt das Stadtgericht zu einer dritten Untersuchung.
In Belarus sitzt der 20-jährige Russe Egor Dudnikov in einem Minsker Untersuchungsgefängnis. Gegen ihn wurde ein Strafverfahren wegen der Organisation von Handlungen eröffnet, die die öffentliche Ordnung grob verletzen [Art. 342 Teil 1 StGB RB], weil er - nach Aussagen seines Anwaltes – Filme für die belarussische Opposition vertont hatte. Über seinen Anwalt nun berichtet er der Novaja Gazeta über seine Haftbedingungen. Wir bringen den Bericht leicht gekürzt in deutscher Übersetzung.
In russischen Haftanstalten befinden sich derzeit mehrere Belarussen, denen die Auslieferung nach Belarus droht, wo sie wegen Teilnahme an Massenprotesten, Widerstands gegen Mitarbeiter der Polizei und Gewaltanwendung gegen Sicherheitskräfte unter Anklage stehen. Alle wurden auf russischem Territorium festgenommen, nachdem sie auf internationale Fahndungslisten gesetzt worden waren. Belarus besteht auf ihrer Auslieferung. Die Menschenrechtsorganisation „Vjasna“ erzählt ihre Geschichte. Wir bringen vier der Berichte gekürzt.
Weiterlesen … Belarussen droht Auslieferung wegen Teilnahme an Protestaktionen
Erklärung des Menschenrechtszentrums Memorial
Am späten Abend des 9. Juni stufte der Richter des Moskauer Stadtgerichts Vjatscheslav Polyga den Fonds zur Korruptionsbekämpfung (FBK), den Fonds zum Schutz der Bürgerrechte (FZPG) sowie die Navalnyj-Stäbe als extremistisch ein – Strukturen, die mit dem politischen Häftling Aleksey Navalnyj in Verbindung stehen.
Weiterlesen … Navalnyj-Organisationen als extremistisch eingestuft
Im Dezember 2020 hat das Russische Justizministerium fünf Einzelpersonen, Journalisten und Aktivisten in das Register der "Ausländischen Agenten" aufgenommen. Die Betroffenen sind nun nicht nur gezwungen, jede ihrer Veröffentlichungen mit dem Hinweis „Ausländischer Agent“ zu versehen, sondern müssen sich zusätzlich als juristische Personen registrieren lassen, um als solche den Behörden Rechenschaft über ihre Einnahmen und Ausgaben abzulegen. Drei von ihnen haben zu diesem Zweck gemeinsam eine GmbH namens „Angeblich Ausländischer Agent“ gegründet, denn das Gesetz sagt nicht, dass sich jede Person einzeln als juristische Person registrieren lassen muss. Die von der Eintragung in das „Agentenregister“ betroffenen Journalisten Denis Kamaljagin, Sergej Markelov und die Journalistin Ljudmila Savizkaja haben dem ebenfalls kürzlich in dieses Register aufgenommenen Online-Medium Meduza von ihren Erfahrungen erzählt. Wir bringen ihre Berichte leicht gekürzt in deutscher Übersetzung.
Als „Palast-Prozesse“ bezeichnet man eine Reihe von mittlerweile über hundert Gerichtsverfahren, die im Zuge der zahlreichen Proteste seit Januar 2021 in fast 130 Städten zur Unterstützung Alexej Navalnyjs gegen Demonstrationsteilnehmer in Russland eingeleitet wurden und werden. Einer der Auslöser der Proteste war der Dokumentarfilm des FBK (Fonds zur Korruptionsbekämpfung) „Ein Palast für Putin“, der mittlerweile millionenfach geklickt wurde. OVD-Info berichtet laufend von bislang namentlich bekannten Verhafteten gegen die Verfahren laufen oder die schon verurteilt wurden. Derzeit kommen täglich neue Verhaftungen hinzu.
Wir bringen den Bericht von ovdinfo in deutscher Übersetzung.
Weiterlesen … Die „Palast-Prozesse“ - Wer sind diese Menschen und warum stehen sie vor Gericht?
Nachdem 2015 das Gesetz über „unerwünschte“ ausländische Organisationen in Russland in Kraft getreten ist, wurden bereits etliche ausländische Stiftungen und Nichtregierungsorganisationen für „unerwünscht“ erklärt und ihre Tätigkeit sowie jegliche Kooperation mit ihnen - in Russland verboten. 2018 war die Europäische Plattform für Demokratische Wahlen (EPDE) betroffen. Am 26. Mai wurden drei weitere NGOs – der Deutsch-Russische Austausch, das Zentrum für Liberale Moderne und das Forum russischsprachiger Europäer – auf die Liste der „unerwünschten“ Organisationen gesetzt. Die beiden ersteren sowie die EPDE sind Mitglieder des „Petersburger Dialogs“.
Es folgt die Erklärung von Memorial International aus diesem Anlass
Jurij Dmitriev und die russische Medien-Organisation OVD-Info wurden am 5. Mai mit dem Lew Kopelew Preis für 2020 ausgezeichnet. Den Preis für 2021 erhielten die belarusischen Protagonistinnen der Protestbewegung Svetlana Tichanovskaja, Maria Kolesnikova und Veronika Zepkalo.
Ein unersetzlicher, schmerzlicher Verlust
Heute, am 4. Mai, ist unsere Freundin und Kollegin Anna Pastuchova, auf der Intensivstation in einem Krankenhaus in Jekaterinburg an Covid verstorben.
Im Petersburger Verfahren „Set“ [Netzwerk] hat das Militärberufungsgericht das Urteil vom Juni 2020 gegen Viktor Filinkov von sieben Jahren bestätigt.
Weiterlesen … Urteil im Revisionsverfahren gegen zwei Angeklagte von "Set", Schikanen im Vollzug
Fokus Turkmenistan zum internationalen Tag der Pressefreiheit
In keinem anderen Staat der ehem. UdSSR ist die Menschenrechtslage so angespannt wie in Turkmenistan. Im nahezu vollständig isolierten Staat gibt es weder Opposition, noch Meinungs- oder Pressefreiheit. Im aktuellen Ranking der weltweiten Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen landet Turkmenistan auf dem drittletzten Platz. Die Plattform „Turkmen.News“ gilt als einzig freies Medium, das im Exil erscheint und von mutigen Bürgern Turkmenistans mit Nachrichten versorgt wird.
Zum internationalen Tag der Pressefreiheit sprach MEMORIAL Deutschland mit dem Gründer und Chefredakteur Ruslan Myatiev über die Lage im Land und das gefährliche Leben als Informant sowie die Mitschuld deutscher Unternehmen.
Ruslan, zunächst, wie drücken sich die massiven Einschränkungen der Diktatur in Turkmenistan für die Menschen im Alltag aus?
Die massiven Einschränkungen kommen in sehr unterschiedlich hässlichen Formen zum Ausdruck. Nehmen wir aktuell das Beispiel COVID. Viele Jahre lang war es turkmenischen Ärzten faktisch untersagt, an beruflichen Veranstaltungen wie Weiterbildungen, Symposien oder Seminaren im Ausland teilzunehmen. Die Ärzte durften nur dann zu Seminaren ins Ausland, wenn sie vorher ihre Entlassung unterschrieben haben. Bei einer Rückkehr durften sie sich dann neu bewerben. So wollten sich die Chefs der Ärzte absichern, dass sie im Ausland keine Informationen aus dem Land, etwa über die Kindersterblichkeit, preisgeben und nicht selbst dafür dann in Mithaftung gezogen werden. Kaum ein Arzt stimmt solchen Bedingungen zu. Als Corona, dessen Existenz in Turkmenistan offiziell geleugnet wird, Turkmenistan traf, waren die turkmenischen Ärzte auf diese Situation völlig unvorbereitet. Als Folge dieser Einschränkung sind hunderte Menschen durch COVID gestorben, auch Dutzende von Ärzten starben.
Weiterlesen … „Unabhängige Medien zu nutzen ist sehr gefährlich!“
In der Woche nach den Solidaritätskundgebungen für Alexej Navalnyj vom 21. April haben Polizeikräfte landesweit – in 23 Städten, meistens jedoch in Moskau - über hundert Personen festgenommen, die in irgendeinem Zusammenhang zu den Protesten standen oder von denen das vermutet wurde. Dazu gehörte auch die Weitergabe von Informationen in sozialen Netzen, das „Teilen“ oder „Retweeten“. Unter den Festgenommen sind auch zahlreiche prominente Persönlichkeiten, deren oppositionelle Einstellung bekannt ist, so z. B. der Schriftsteller Dmitrij Bykov und die Historikerin Tamara Ejdelman und viele andere.
Weiterlesen … Landesweite Festnahmen, Inhaftierungen, Schikanen nach Navalnyj-Kundgebungen
Gemeinsame Erklärung von Vertretern russischer Menschenrechtsorganisationen
Am 26. April 2021 beginnt der Prozess gegen den Fonds zur Korruptionsbekämpfung (FBK), die Navalnyj-Stäbe und die mit dem FBK zusammenhängenden juristischen Personen - zur Verhandlung steht ihre Einstufung als extremistische Organisationen sowie deren anschließende Liquidation und Verbot. Presse und Öffentlichkeit wurden von dem Prozess ausgeschlossen, das Anklagematerial wurde zum Staatsgeheimnis erklärt, nur Anwälte des FBK dürfen Einblick in diese Unterlagen nehmen, und auch das erst am Tag der Gerichtsverhandlung.
Zahlreiche Verhaftungen in mindestens 19 Städten im Vorfeld der Aktionen zum 21. April
Während Alexej Navalnyj, nachdem er in einen Hungerstreik getreten ist, sich mittlerweile auf der Krankenstation eines Straflagers befindet, geht die Verfolgung derjenigen weiter, die für seine Freilassung, für die Wahrung ihrer Recht auf Versammlungs- und Redefreiheit und gegen zunehmende politische Repressionen seit Januar 2021 auf die Straße gehen. Nachdem Navalnyjs Anhänger für den 21. April zu Protesten aufgerufen haben, kam es bis zum Vorabend bereits zu zahlreichen Verhaftungen in mindestens 19 russischen Städten. Unter den Verhafteten befinden sich zahlreiche Mitarbeiter des Navalnyj-Stabs, unter anderem die Juristin des Fonds zur Korruptionsbekämpfung Ljubov Sobol.
Weiterlesen … Russland im März 2021 und präventive Festnahmen vor dem 21. April
Erklärung des "Kongresses der Intelligenz"
Der „Kongress der Intelligenz“ veröffentlichte kürzlich den folgenden Aufruf gegen einen Krieg mit der Ukraine, der zunächst von mehreren hundert Personen, Vertretern aus Kultur und Wissenschaft, unterzeichnet wurde (der Appell kann auf der Plattform change.org unterschrieben werden).
Klage beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte eingereicht
Am 2. April wurde im Stadtgericht von Petrosavodsk das Revisionsverfahren gegen Jurij Dmitriev wieder aufgenommen, das im November vorigen Jahres begonnen hatte. Es geht um zwei Anklagepunkte (Kinderpornographie, sexuellen Missbrauch ohne Gewalt gegen Minderjährige), nach denen Dmitriev bereits zweimal – im April 2018 und im Juli 2020 - freigesprochen worden war, außerdem um Waffenbesitz (ein untaugliches Gewehr mit abgesägtem Lauf). In diesem Punkt war er im April 2018 verurteilt, im Juli 2020 aber ebenfalls entlastet worden. Das Oberste Gericht Kareliens hatte im September 2020 eine Neuverhandlung gefordert.
Weiterlesen … Jurij Dmitriev: Wiederaufnahme des Verfahrens in Petrosavodsk
Nach dem Inkrafttreten der erneuten Verschärfung des sogenannten Agentengesetzes am 1. März 2021, die die Arbeit der in Russland als „ausländischer Agent“ registrierten NGOs noch weiter einschränkt, hat der Vorsitzende der Bewegung „Za prava tscheloveka“ (Für Menschenrechte) Lev Ponomarev die Selbstauflösung der Organisation bekanntgegeben.
Weiterlesen … Menschenrechtsorganisation „Za prava tscheloveka“ erklärt Selbstauflösung
Bei den Verhaftungen im Rahmen der Proteste im Januar und Februar waren auch Medienvertreter betroffen. So erhielt der Chefredakteur des unabhängigen Online-Mediums Mediazona, Sergej Smirnov, wegen eines Retweets, in dem die nicht-genehmigten Demonstrationen für Alexej Navalnyj erwähnt wurden, eine Haftstrafe von 25 Tagen, die später auf 15 Tage herabgesetzt wurde. Smirnov verbrachte den Arrest, wie viele andere auch, in der Abschiebehaftanstalt Sacharovo und hat mittlerweile gegen seine Verurteilung Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte eingelegt. Im Interview mit der "Novaja Gazeta" erzählt er von seinen Erfahrungen. Wir bringen das Interview gekürzt in Übersetzung.
Weiterlesen … Stimmen der Proteste: „Politische Häftlinge, fertig machen zum Hofgang!“
Da man bei den massenhaften Verhaftungen während der Demonstrationen im Januar und Februar in Moskau nicht mehr genug Platz für alle Festgenommenen hatte, wurden etwa 800 Personen in eine Zwangsabschiebungseinrichtung für Ausländer im Dorf Sacharovo bei Moskau gebracht, wo zum Teil unhaltbare Bedingungen herrschten. MBX Media sprach mit einigen der Insassen nach ihrer Freilassung über die dortigen Haftbedingungen und die Verletzung ihrer Rechte. Wir bringen ihre Stimmen gekürzt in Übersetzung.
Viele, die sich an den Demonstrationen im Januar beteiligt haben, taten das für ein anderes Russland. Sie erzählen der Redaktion von „7x7“, in was für einem Land sie lebenwollen. Wir bringen ihre Erzählungen in Übersetzung.
Weiterlesen … Stimmen der Proteste: „Navalnyj? Nicht unbedingt.“