Herta Müller, Svetlana Alexievich und Jonathan Littell bitten um Solidarität mit Jurij Dmitriev
Nachstehend der Appell in deutscher Übersetzung.
Sehr geehrte Frau Mijatović,
wir sind in großer Sorge um das Leben und das Schicksal des russischen Historikers Jurij Dmitriev. Dmitriev ist ein bedeutender GULAG-Forscher, er hat die Stalinsche Hinrichtungsstätte in Sandarmoch (Republik Karelien, Russland) entdeckt. Sein Strafverfahren wird derzeit vor dem Stadtgericht in Petrozavodsk verhandelt.
Weiterlesen … Appell an europäische Menschenrechtskommissarin
Viktor Filinkov und Julij Bojarschinov sind im Petersburger Verfahren „Set“ [Netzwerk] am 22. Juni verurteilt worden. Filinkov muss für sieben Jahre, Bojarschinov für fünf Jahre und sechs Monate in Haft. Beide wurden wegen Teilnahme an einer terroristischen Vereinigung [Art. 205.4 Teil 2 StGB RF], Julij Bojarschinov zusätzlich wegen illegaler Aufbewahrung von Sprengstoff [Art. 222.1 Teil 1 StGB RF] verurteilt. Im gleichnamigen Verfahren waren im Februar 2020 in der Stadt Pensa bereits 7 junge Männer zu Lagerhaft zwischen sechs und achtzehn Jahren verurteilt worden.
Nachdem im Februar 2020 im Verfahren „Set“ [Netzwerk] in der Stadt Pensa bereits mehrere junge Menschen wegen Organisation einer terroristischen Vereinigung bzw. Teilnahme an einer solchen zu hohen Haftstrafen verurteilt wurden, hat nun die Staatsanwaltschaft in St. Petersburg im dortigen Prozess gegen weitere Angeklagte ebenfalls hohe Haftstrafen gefordert.
So verlangt die Anklage für Viktor Filinkov neun Jahre, für Julij Bojarschinov sechs Jahr Lagerhaft. Des weiteren verkündete der Staatsanwalt keinerlei überzeugende Belege für körperlichen oder psychischen Druck von Seiten des FSB gefunden zu haben. Sowohl Filinkov als auch Bojarschinov hatten von Folter, unter anderem mit Strom, berichtet; im gesamten Verfahren „Set“ waren Geständnisse durch Folter erpresst worden. Memorial hat alle bislang Verurteilten als politische Gefangene anerkannt. Das Urteil soll am 22. Juni verkündet werden.
19. Juni 2020
Weiterlesen … Staatsanwaltschaft fordert hohe Haftstrafen im Petersburger Verfahren gegen „Set“
Interview mit Anatolij Razumov
Im Juni soll der nächste Verhandlungstag im Verfahren gegen Jurij Dmitriev, Leiter von Memorial Karelien, stattfinden, dessen Verfolgung nach der Meinung vieler internationaler Organisationen in Zusammenhang mit seiner professionellen Tätigkeit steht und für dessen sofortige Freilassung sich russische und internationale Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens sowie Wissenschaftler derzeit ebenso einsetzen wie die Europäische Union und Großbritannien. Anatolij Razumov, Historiker, Leiter des Zentrums \'Vosvraschtschennye imena\' [Zurückgegebene Namen] und Zeuge der Verteidigung im Prozess spricht im Interview mit der Deutschen Welle über das Verfahren gegen Jurij Dmitriev und darüber, warum die Regierung eine Wiederherstellung der Erinnerung an die Opfer der Repressionen nicht will. Wir bringen das am 1. Juni bei der Deutschen Welle erschienene Interview in Übersetzung.
Aus diesem Anlass veröffentlichen wir hier ein am 14. Mai erschienenes Interview von Vladimir Lionter mit Sergej Krivenko in deutscher Übersetzung. Sergej Krivenko ist Leiter der NGO "Grazhdanin i armija"(Bürger und Armee), die sich für die Rechte Zivildienstleistender und Wehrpflichtiger einsetzt; er ist Mitglied im Vorstand von Memorial International und seit 2011 Mitglied der Moskauer Helsinki-Gruppe.
Am 12. Mai wurde die älteste Menschenrechtsorganisation Russlands 44 Jahre alt. Entstanden während der Epoche der Verfolgung von Dissidenten, als nur eine einzige Meinung – die der herrschenden Elite – als die richtige galt, verteidigt die Moskauer Helsinki Gruppe auch in den heutigen, unruhigen Zeiten weiterhin die vom Staat verletzten Rechte der Bürger.
Gegründet wurde die Organisation von elf Menschenrechtsaktivisten unter der Leitung des sowjetischen Physikers Jurij Orlov (geb. 1924) mit dem Ziel, die Einhaltung der Schlussakte der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa zu fördern, die vom 30. Juli bzw. 1 August .1975 von 35 Ländern in der Hauptstadt Finnlands Helsinki unterschrieben wurde. Von Anbeginn an waren die Mitglieder der Moskauer Helsinki Gruppe beständig Verfolgungen durch die sowjetischen Sicherheitsbehörden ausgesetzt. Ein großer Teil der Aktivisten wurde zu unterschiedlich langen Gefängnisstrafen verurteilt oder in die Verbannung geschickt. Sechs wies man aus der UdSSR aus und entzog ihnen die Staatsangehörigkeit.
Mahnwachen zur Unterstützung von Ilja Azar
Bei Einzelkundgebungen in Moskau sind am 28. Mai mehrere Journalisten und Aktivisten verhaftet worden, darunter Tatjana Felgengauer und Aleksandr Pljuschtschev (Echo Moskvy), Sergej Smirnov (Mediazona), Anastasia Lotareva, (Takie Dela), Michail Fischman (Telekanal Doshd), Viktoria Ivleva und die Schriftstellerin Alisa Ganieva. Die Journalisten hatten sich einzeln der Reihe nach mit Plakaten zur Unterstützung ihres Journalistenkollegen Ilja Azar vor dem Hauptgebäude des Innenministeriums platziert und waren dabei unmittelbar festgenommen worden. Ilja Azar, Journalist bei der Novaja Gazeta und Städtischer Abgeordneter, war am Morgen des 28. Mai verhaftet und wegen wiederholter Verletzung des Versammlungsrechts zu 15 Tagen Haft verurteilt worden.
Weiterlesen … Zahlreiche Festnahmen bei Solidaritätsaktionen in Moskau
Ljudmila Ulizkaja setzt sich schon lange aktiv und öffentlich für Jurij Dmitriev ein. Im nachstehenden Interview mit Jevgenija Tschirikova äußert sie sich zum Schicksal Dmitrievs, zurTaktik der Verteidigung eines Menschen, der wegen eines der schmutzigsten Paragraphen des Strafgesetzbuches angeklagt wird, und dazu, dass es keine Möglichkeit gibt, die eigene Unschuld öffentlich zu beweisen.
Der Prozess gegen Dmitriev dauert an. Der nächste Verhandlungstermin soll am 3. Juni stattfinden (nachdem der Termin mehrere Male wegen der Covid-19-Pandemie abgeetzt worden war).
Weiterlesen … Dmitriev hat moralische Eigenschaften, die die Machthaber enervieren
Am 7. Mai wurden in Tver zwei Gedenktafeln entfernt, die dort 1991 und 1992 zum Gedenken an Opfer politischer Verfolgungen zur Zeit des Stalinismus angebracht worden waren. Sie betrafen sowjetische Bürger und die polnischen Kriegsgefangenen des Lagers Ostaschkov, die 1940 in Kalinin (dem heutigen Tver) erschossen wurden.
Bereits im Herbst vergangenen Jahres hatte die Staatsanwaltschaft von Tver gefordert, diese beiden Tafeln abzumontieren. Anfang Dezember wandte sich Memorial Tver mit einem Appell an die Abgeordneten der Stadt Tver, um das zu verhindern.
Nach dem heutigen Urteil des Obersten Gericht Kareliens muss Jurij Dmitriev trotz extremer Gefährdung in Untersuchungshaft bleiben.
Seine Untersuchungshaft war am 23. März ein weiteres Mal um drei Monate verlängert worden (bis 25. Juni). Dmitrievs Anwalt hatte Berufung eingelegt. Nachdem die Entscheidung darüber bereits einmal vertagt worden war, erging heute dieses Urteil.
Zuvor hatte es eine Reihe von dringlichen Appellen gegeben mit der Aufforderung, Dmitriev für den Rest des Verfahrens in den Hausarrest zu entlassen, zumal nicht nur die Lage in Haftanstalten in Anbetracht des sich ausbreitenden Coronavirus immer bedrohlicher wird, sondern auch, weil es gerade in dem Gefängnis von Petrosavodsk, in dem sich Dmitriev befindet, bereits Fälle von Covid-19 gibt.
Am 6. Mai wurde eine von 160 Persönlichkeiten aus Gesellschaft, Kultur und Wissenschaft unterzeichnete Petition an Anatolij Nakvas, den Vorsitzenden des karelischen Obersten Gerichts, veröffentlicht. Die deutsche Übersetzung, die in Kürze in der Zeitschrift „Osteuropa“ erscheinen wird, finden Sie hier.
7. Mai 2020
Am 20. April fanden die Appellationsverfahren in den Prozessen gegen Konstantin Kotov und Sergej Surovzev vor dem Moskauer Stadtgericht statt. Beide waren im Rahmen des Moskauer Prozesses zur Haftstrafen verurteilt worden. Kotov, der in der Vergangenheit regelmäßiger Teilnehmer und Initiator von Aktionen für ukrainische politische Gefangene in Russland war und an den Protesten gegen den Ausschluss oppositioneller Kandidaten von den russischen Kommunalwahlen teilgenommen hatte, war am 5. September 2019 nach Artikel 212.1 (Teilnahme an Massenunruhen begleitet von Gewalt und Zerstörung von Eigentum) zu vier Jahren Lagerhaft verurteilt worden, Memorial hat ihn als politischen Gefangenen anerkannt.
Geschichten von Menschen, die Russland wegen politischer Verfolgung verlassen haben
Viele Aktivisten haben Russland aufgrund staatlicher Verfolgung in den letzten Jahren verlassen. OVD-Info hat mit dreien von ihnen gesprochen: über ihren Umzug, über Schwierigkeiten bei der Integration und darüber, wie sich ihr Leben verändert hat. Wir bringen die Gespräche in Übersetzung.
Weiterlesen … „Die Maschinerie ist in Gang, sie zerstört Schicksale.“
Nachdem Jelena Milaschina in der „Novaja Gazeta" am 12. April einen Artikel über Covid-19 in Tschetschenien veröffentlicht hatte (der inzwischen von der Website entfernt wurde), drohte ihr Ramsan Kadyrov offen mit Mord. In einer gemeinsamen Erklärung haben der französische Menschenrechtsbotschafter François Croquette und die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung Bärbel Kofler am 22. April die russischen Behörden dazu aufgefordert, „den Morddrohungen gegen die Journalistin Jelena Milaschina infolge ihrer Berichterstattung aus Tschetschenien nachzugehen." Jelena Milaschina hatte 2017 den deutsch-französischen Preis für Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit erhalten.
Zahlreiche Menschenrechtler und Personen des öffentlichen Lebens in Russland rufen in dem nachstehenden Appell vom 21. April ebenfalls zu ihrem Schutz auf - und fordern ein Strafverfahren gegen Ramsan Kadyrov.
Weiterlesen … Kadyrov droht mit Mord, mit stillschweigender Billigung des Kreml
Interview mit Alexander Daniel
Vor einiger Zeit erschien das nachstehende Interview mit Alexander Daniel, einem der „Memorialer“ der ersten Stunde, dem Sohn von Larissa Bogoraz und Julij Daniel.
Wir bringen das Interview mit minimalen Kürzungen in Übersetzung.
Aus der Biographie Ihrer Mutter, der bekannten Menschenrechtlerin, habe ich erfahren, dass Ihr Großvater ein Cousin von Vladimir Germanovitsch Tan-Bogoraz war, einem Volkstümler und Revolutionär, der zugleich ein renommierter Anthropologe und Ethnologe der Völker des hohen Nordens war.
Ich konnte den Verwandtschaftsgrad mit Tan-Bogoraz nie herausfinden, klar ist aber, dass er doch ziemlich entfernt ist. Entweder war er ein Onkel dritten Grades oder ein Cousin dritten Grades meines Großvaters. Nach Erzählungen meines Großvaters haben sich die beiden nie gesehen. Alle Mitglieder der Familie Bogoraz stammen aus der Stadt Ovrutsch [Kleinstadt in der Ukraine]. Nach der Familienüberlieferung war das eine weitverzweigte jüdische Sippe, die sich in zwei Zweige teilte: die reiche Familie Bogoraz und die arme Familie Bogoraz. Mein Großvater gehörte zu der armen, Vladimir Germanovitsch aber zu der reichen und er war ein Konvertit, das ist bekannt. Aber wenig bekannt ist, dass sein Vater (ich erinnere mich nicht, ob er selber Konvertit war oder Jude geblieben ist) seine Kinder aufteilte. Die einen blieben Juden, die anderen ließ er für alle Fälle zum Christentum übertreten. So wurde Tan-Bogoraz orthodoxer Christ. Das ist das, was ich weiß. Meine Mutter war Linguistin, deshalb interessierte sie sich sehr für Tan-Bogoraz, allerdings nicht für ihn als Vorfahren und Revolutionär, sondern als Linguisten und Anthropologen. Er war einer der ersten, der die Sprache der Tschuktschen beschrieb. Auf einer Expedition, die der Vater der modernen Anthropologie Franz Boas leitete, erforschte er die Sprache und Kultur der Tschuktschen, der Korjaken, der Itelmeny und der Eskimos. Man sagt, Tan-Bogoraz habe einen beachtlichen Beitrag nicht nur zur russischen, sondern auch zur weltweiten Anthropologie geleistet.
Am 23. März fand zwar die auf diesen Tag angesetzte Gerichtsverhandlung im Verfahren gegen Jurij Dmitriev statt, allerdings wegen des Coronavirus nur in eingeschränktem Rahmen (nur der Anwalt wurde zugelassen). Die Sitzung konnte nicht verschoben werden, weil über die Verlängerung der Untersuchungshaft zu entscheiden war, die andernfalls am 25. März ausgelaufen wäre. Sie wurde nun bis zum 25. Juni verlängert. Die geplanten Zeugenvernehmungen fanden nicht statt. Als nächster Verhandlungstag war zwar der 14. April vorgesehen, dieser Termin ist aber inzwischen hinfällig geworden, da ja der gesamte April wegen des Coronavirus für arbeitsfrei erklärt wurde.
Aufgrund der sich auch in Russland ausbreitenden Infektion durch Sars-CoV-2 ist die Situation in Einrichtungen wie Gefängnissen besonders prekär. Darauf hat die WHO in einer eigenen Erklärung hingewiesen und empfohlen, Gefangene, gegen die noch ermittelt wird und die keine besondere Gefahr darstellen, aus der Untersuchungshaft zu entlassen. Unter Hinweis darauf wurde vor einigen Tagen eine Petition gestartet mit dem Aufruf, Jurij Dmitriev aus dem Gefängnis in Petrozavodsk bis zum Abschluss seines Verfahrens in den Hausarrest zu überführen.
Die Petition kann hier unterzeichnet werden.
Unser Mitglied Kateryna Gamolina ist am 10. Februar zu einem der vorigen Verhandlungstermine nach Petrozavodsk gereist. Für diesen Tag wurden bereits die Plädoyers erwartet, wozu es aber nicht kam. Den Bericht von Kateryna Gamolina über ihre Eindrücke und Gespräche im Gerichtsgebäude (die Verhandlung selbst war, wie immer, nicht öffentlich) finden Sie in russischer Sprache hier, in englischer Übersetzung hier, auf Deutsch hier.
3. April 2020
Am 14. März hat Vladimir Putin das Gesetz zur sogenannten Verfassungsreform unterschrieben, dass ihm unter anderem zwei weitere Amtszeiten als Präsident ermöglicht. Bereits im Februar hatte es Demonstrationen gegen die angekündigte Reform gegeben. Am vergangenen Wochenende nun kam es zu weiteren Aktionen in Form von Einzelkundgebungen sowohl in Moskau als auch in St. Petersburg. Dabei wurden zahlreichen Menschen verhaftet, die Sicherheitskräfte gingen zum Teil mit großer Härte vor.
Weiterlesen … Festnahmen bei Protesten gegen die Verfassungsreform in Moskau und St. Petersburg
Erklärung des Menschenrechtszentrums Memorial
Am 26. Februar 2020 wurde in einem europäischen Land ein Anschlag auf Tumsu Abdurachmanov verübt. Abdurachmanov ist ein bekannter tschetschenischer Blogger und konsequenter Kritiker des Kadyrov-Regimes. Ein Unbekannter drang in seine Wohnung ein. Abdurachmanov war zu dem Zeitpunkt allein und schlief. Der Attentäter schlug ihm mit dem Hammer auf den Kopf. Der Schlag war nicht tödlich; Tumsu wachte auf und setzte sich zur Wehr, er entriss dem Angreifer den Hammer, verletzte ihn erheblich und rief dann die Polizei. Beide wurden ins Krankenhaus eingeliefert, wo sie unter Polizei-Aufsicht stehen.
Zum aktuellen Stand der Dinge
Nach den Demonstrationen in Moskau am 27. Juli 2019 leitete das Ermittlungskomitee ein Verfahren wegen Massenunruhen (§ 212 StGB RF) ein. Diese konnten nicht bewiesen werden, dennoch wurden seither über 31 Personen – Demonstrationsteilnehmer, zufällige Passanten und Blogger - angeklagt. Vorgeworfen wird ihnen Widerstand gegen die Staatsgewalt, Extremismus, Bedrohung von Richtern sowie mehrfacher Verstoß gegen das Versammlungsrecht. 19 Personen wurden bereits verurteilt, 11 davon zu Freiheitsstrafen, die übrigen zu Geld- und Bewährungsstrafen, gegen neun Angeklagte wurden die Verfahren eingestellt. Ende Januar nun wies Präsident Putin die Generalstaatsanwaltschaft an, das Urteil gegen Konstantin Kotov, der im September 2019 wegen mehrfachen Verstoßes gegen das Versammlungsrecht zu vier Jahren Lagerhaft verurteilt worden war, auf Gesetzmäßigkeit und Stichhaltigkeit des Schuldspruchs zu überprüfen. Als Reaktion forderte die Generalstaatsanwaltschaft das Gericht nun auf, das Urteil gegen Konstantin Kotov auf ein Jahr abzusenken. Wir berichten, wie es um ihn und die übrigen Angeklagten, Verhafteten und Verurteilten der Moskauer Prozesse derzeit steht.
Am 17. Februar hat ein Bezirksgericht in Jekaterinburg das erste von insgesamt sechs Verfahren gegen den dortigen Memorial-Verband verhandelt. Es ging um den notorischen Vorwurf der fehlenden Markierung als angeblicher „Agent“, im konkreten Fall auf der Facebook-Seite von „Memorial Ural“.
Mehrere Zeugen wiesen jedoch darauf hin, dass diese Facebook-Seite auf die Initiative einer Reihe von Aktivisten zurückgeht und keiner speziellen Organisation zuzuordnen ist.
Die Richterin ließ daraufhin das Verfahren einstellen, da kein Gesetzesverstoß vorliege.
Das nächste der Verfahren steht am 27. Februar zur Verhandlung an.
17. Februar 2020
Weiterlesen … Memorial Jekaterinburg - eines von sechs Verfahren eingestellt
Das Militärgericht der zentralrussischen Stadt Pensa hat am 10. Februar die Angeklagten im Verfahren "Set" (Netzwerk) wegen Organisation von bzw. Teilnahme an einer terroristischen Vereinigung (Art. 205.4 Teil 1 bzw. Art. 205.4 Teil 2 StGB RF) mit dem Ziel des Regierungssturzes zu hohen Haftstrafen verurteilt. Die Angeklagten hatten sich in der Vergangenheit in unterschiedlichem Maße als Aktivisten engagiert, interessierten sich für linke Ideen, einige bezeichnen sich als Anarchisten oder Antifaschisten. Alle verband ein - allerdings unterschiedlich starkes - Interesse an Strikeball, einige trafen sich zu „Trainings“ im Wald, wo sie Erste Hilfe und „Überlebenstraining“ praktizierten.
Weiterlesen … Angeklagte im Verfahren "Set" zu hohen Haftstrafen verurteilt
Anders als erwartet, kam es am letzten Verhandlungstag gegen Jurij Dmitriev am 10. Februar noch nicht zu den Plädoyers. Es wurden noch weitere Zeugen und ein Experte der Verteidigung vernommen. Weitere Einzelheiten sind nicht dazu bekannt, da das Verfahren unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindet. Der nächste Termin wurde auf den 20. Februar angesetzt.
Da mit dem Beginn der Plädoyers gerechnet wurde, waren besonders viele Unterstützer gekommen, um ihre Solidarität zu bekunden und ihn im Gang (auf dem Weg zum Gericht und zurück) mit Applaus zu begrüßen.
Dmitriev sitzt insgesamt bereits mehr als zweieinhalb Jahre in Untersuchungshaft. Seine Arbeit hat er in der Haft fortgesetzt. Im Januar wurde ein weiterer Band zu Sandarmoch in Moskau, Petersburg und Petrozavodsk vorgestellt, an dem er entscheidend mitgewirkt hat.
Eine zusammenfassende Information zum Fall Dmitriev von Memorial in deutscher Übersetzung finden Sie hier (und in der nächsten Nummer der Zeitschrift Osteuropa).
11. Februar 2020
Solidarität mit Memorial
Das Komitee für zivilgesellschaftliche Initiativen ist eine Gruppe von Experten, die sich zum Ziel gesetzt haben, die Modernisierung des Landes zu fördern und seine demokratischen Institutionen zu stärken. Am 6. Februar 2020 hat das Komitee eine Erklärung zur Unterstützung von Memorial International veröffentlicht, die wir nachstehend dokumentieren.
Weiterlesen … Komitee für zivilgesellschaftliche Initiativen fordert Aufhebung des "Agentengesetzes"