(30.01.2003)
Am 16. Januar 2003 wurde offiziell erklärt, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg sechs Klagen aus Tschetschenien für zulässig erklärte. Die Klagen waren im Frühjahr 2000 eingereicht worden und betreffen Vorfälle im Zusammenhang mit dem bewaffneten Konflikt im Nordkaukasus. Das Gericht entschied am 19. Dezember 2002.
Die Interessen der Kläger werden durch einen Juristen des Menschenrechtszentrums Memorial, Kirlill Korotejew, und den Professor an der Universität Nord-London, William Bowring, vertreten. Bei der Vorbereitung der Klage wurde das Menschenrechtszentrum Memorial durch die internationale Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch unterstützt.
Insgesamt reichte Memorial 36 Klagen beim Straßburger Gerichtshof ein, 32 Klagen betreffen Vorfälle im Zusammenhang mit dem Tschetschenienkonflikt. Die beim Straßburger Gerichtshof für Menschenrrechte eingereichten Klagen werden zunächst auf ihre Zulässigkeit hin geprüft. Nach Klärung der formalen Kriterien erfolgt die sachliche Prüfung der Klage. Dies ist bei den sechs gegen Russland eingereichten Klagen der Fall.
Die sechs Klagen wurden zu drei Verfahren zusammengefasst. Das erste Verfahren betrifft Hinrichtungen ohne Gerichtsurteil, die nach einer "Säuberungsaktion" in Gosny im Januar 2000 durchgeführt wurden. Eine gerichtliche Untersuchung in Inguschetien wurde nach Aufnahme der Vorfälle durch die Richter im Februar 2002 immer wieder ausgesetzt. Bei dem zweiten Verfahren handelt es sich um den Luftangriff auf einen Flüchtlingstransport im Oktober 1999, bei dem mehr als zehn Personen zu Tode kamen oder verwundet wurden. Eine gerichtliche Untersuchung der Vorfälle wurde im Mai 2000 aufgenommen, wegen Abwesenheit der Piloten jedoch wieder ausgesetzt. Das dritte Verfahren betrifft die Opfer, die nach dem Beschuss des Dorfes Katyr-Jurt Anfang Februar 2000 unter der Zivilbevölkerung zu beklagen waren.
(31.01.2003)
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Berlin: (hib/RAB) Die Mitglieder des Ausschusses für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe sind "tief besorgt" über die anhaltenden schweren Menschenrechtsverletzungen in Tschetschenien. In einer am Freitagmorgen einstimmig verabschiedeten Erklärung heißt es, beide Konfliktparteien, das russische Militär und die tschetschenischen Kämpfer, seien für die Menschenrechtsverletzungen verantwortlich. Ein aktueller Bericht einer Delegation des Europarates, die sich vor wenigen Tagen in Tschetschenien ein Bild von der Situation vor Ort gemacht habe, hat diese Sorge noch verstärkt, schreiben die Parlamentarier weiter. In der Erklärung, die an Bundeskanzler Gerhard Schröder und Außenminister Joschka Fischer weitergeleitet werden soll, fordern die Abgeordneten den russischen Präsidenten Putin auf, sich für eine dauerhafte politische Lösung in Tschetschenien unter Einbeziehung authentischer tschetschenischer Repräsentanten einzusetzen. Darüber hinaus müsse das humanitäre Völkerrecht geachtet und den Menschenrechtsverletzungen mit Hilfe der russischen Armee Einhalt geboten werden. Von zentraler Bedeutung sei es auch, das Mandat der OSZE für Tschetschenien zu verlängern.
Rudolf Bindig (SPD), Mitglied der Delegation des Europarates für Tschetschenien, hatte zuvor im Ausschuss die Sicherheitslage vor Ort als "extrem schwierig" bezeichnet. Offiziell befänden sich 80 000 Sicherheitskräfte in der Region, während sich lediglich 505 000 erwachsene Menschen in Tschetschenien aufhielten. Die Darstellung russischer Vertreter gegenüber der Delegation des Europarates, die wirtschaftliche Lage in Tschetschenien würde sich verbessern, stehe in einem "krassen Widerspruch" zur Realität. Nach Auffassung Bindigs sind sowohl die russischen Seite als auch die tschetschenischen Kämpfer für die Konfliktlage verantwortlich. So gäbe es keine öffentliche Diskussion über den Entwurf einer Verfassung, über den am 23. März ein Referendum abgehalten werden soll. In dem Entwurf werde Tschetschenien als Bestandteil Russlands bezeichnet und Russisch als Amtssprache festgelegt. Den tschetschenischen Kämpfern warf der Abgeordnete Menschenrechtsverletzungen durch Terroranschläge vor, mit denen die Zusammenarbeit schwer belastet werde.
Die CDU erkundigte sich nach Möglichkeiten der Nichtregierungsorganisationen, auf die Lage vor Ort einzuwirken. Auch solle beleuchtet werden, inwiefern ein politischer Prozess ohne den tschetschenischen Präsidenten Aslan Maschadow, mit dem die russische Seite Verhandlungen ablehnt, möglich sei. Die FDP bedauerte, dass der Tschetschenienkonflikt aus dem Blickwinkel der Öffentlichkeit verschwunden sei. Dies sei fatal, da auf beiden Seiten Menschenrechtsverletzungen ausgeübt würden. Somit sei der internationale Druck auf Putin, für Frieden in der Region zu sorgen, zu gering. Die Fraktion forderte die Bundesregierung auf, in bilateralen Gesprächen und auf EU-Ebene auf die Menschenrechtsverletzungen in Tschetschenien hinzuweisen. Die Bündnisgrünen sprachen Schwierigkeiten in Zusammenhang mit dem geplanten Referendum an. Es sei unklar, wer sich an der Befragung beteiligen dürfe. Weiter müsse gefragt werden, welche Vorschläge die Russische Förderation mache, um das Problem zu lösen.
Weitere Informationen auf der Website des Deutschen Bundestages.
(07.12.2002)
Die erste Militäraktion in Tschetschenien (Tsch.) (1994-96) wurde bekanntlich nicht mit klaren Rechtsbegriffen bezeichnet, sondern durch Euphemismen wie "Wiederherstellung der verfassungsmäßigen Ordnung" oder "Lösung der Verfassungskrise" umschrieben.
Diese rechtliche Unklarheit herrscht auch in Bezug auf den derzeit durchgeführten militärischen Einsatz. Zu ihrer Rechtfertigung wird offiziell zumeist auf den notwendigen Kampf gegen den Terrorismus verwiesen und von Anti-Terror-Operation gesprochen; gelegentlich ist auch die Rede von der Antwort auf Angriffe durch organisierte Banden oder einfach nur "Tschetschenen". Diese Äusserungen besitzen deklaratorischen Wert, stellen jedoch keine rechtliche Begründung dar.
Das Konzept der nationalen Sicherheit, das mit Präsidentenerlass Nr. 1300 vom 17.12.97 bestätigt wurdet, sieht vor, dass "die Anwendung militärischer Gewalt gegen Zivilisten oder zur Umsetzung innenpolitischer Ziele nicht zulässig ist. Gleichzeitig ist der Einsatz von Einheiten der Streitkräfte der Russischen Föderation zusammen mit anderen Truppen, bewaffneten Kräften und Einrichtungen in Bezug auf illegale bewaffete Gruppen, die eine Gefahr für das nationale Interesse der Russischen Föderation darstellen, in strikter Übereinstimmung mit der Verfassung der Russischen Föderation und föderalen Gesetzen zulässig". Das Konzept unterstreicht auch die Notwendigkeit, "die Normen des Völkerrechts und die russischen Gesetze bei der Anwendung von Zwangsmaßnahmen(einschließlich der Anwendung militärischer Gewalt) einzuhalten".
Es ist also davon auszugehen, dass die Anwendung militärischer Gewalt mit dem Ziel der Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit nicht nur dadurch bestimmt werden kann, was die für die entsprechenden Entscheidungen zuständigen Stellen für zweckmäßig halten, sondern auf konkrete Rechtsnormen gestützt und in einen rechtlichen Rahmen gestellt sein muss.
Wie sehen also die rechtlichen Möglichkeiten aus, auf die die Regierung bei der Rechtfertigung der breitangelegten militärischen Aktionen in Tsch. verweisen kann?
1. Artikel 88 der Verfassung bestimmt, dass der Präsident im Falle einer realen Gefahr für die Sicherheit der Bürger oder die verfassungsmäßige Ordnung, die außerordentliche Maßnahmen erforderlich macht, durch Erlass im gesamten Hoheitsgebiet oder in einzelnen Regionen den Ausnahmezustand erklärt und den Föderationsrat sowie die Staatsduma unverzüglich davon in Kenntnis setzt. Der entsprechende Erlass muss durch den Föderationsrat bestätigt werden. Die Formulierung dieser Verfassungsnorm lässt jedoch die Frage offen, ob die Erklärung des Ausnahmezustands ein Recht des Präsidenten ist, das dieser nach eigenem Ermessen ausübt, oder eine Pflicht, die er zu erfüllen hat.
Das Gesetz über den Ausnahmezustand wurde bereits 1991 angenommen (Nr. 1252-1 vom 17.05.91). Es wurde jedoch weder während des ersten bewaffneten Einsatzes in Tsch. noch in der jetzigen Situation angewendet, obwohl die Machtorgane bei der Begründung des militärischen Einsatzes auf eben diese Situation Bezug genommen haben, die nach Artikel 4 Buchstabe a des Gesetzes Grundlage für die Erklärung des Ausnahmezustands sind: Versuch einer gewaltsamen Veränderung der verfassungsmäßigen Ordnung, Massenunruhen mit Gewaltanwendung, internationale Konflikte, Blockade einzelner Gebiete, Gefahr für Leben und Sicherheit der Bürger oder die ordentliche Tätigkeit staatlicher Einrichtungen.
Die Tatsache, dass das Gesetz über den Ausnahmezustand nicht angewendet werden soll, erklärt sich zunächst damit, dass dieses die Teilnahme der Streitkräfte an Maßnahmen zur Normalisierung der Lage nicht vorsieht und diese Aufgabe den Truppen des Innenministeriums (MWD) überträgt (der Einsatz der Streitkräfte ist ausschließlich im Rahmen der Katastrophenhilfe zugelässig). Ein weiterer Grund, der nicht offen ausgesprochen wird, sind die präzisen Vorschriften des Gesetzes über den Ausnahmezustand, das eine rechtliche Regelung für den Ausnahmezustand vorgibt und die genaue Angabe der staatlichen Stellen fordert, die für die entsprechenden Maßnahmen zuständig sind, sowie die Angabe von Ausmaß und Umfang der außerordentlichen Maßnahmen in dem entsprechenden Erlass und die erschöpfende Aufzählung der zeitweiligen Einschränkung der Rechte und Freiheiten der Bürger und darüber hinaus Garantien enthält für die Rechte des Bürgers und den Schutz dieser Rechte (Artikel 8, 17, 18 ff) schafft. Artikel 27 bestimmt deutlich, dass die Einführung des Ausnahmezustands nicht als Grund für die Anwendung von "Folter, grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung" dienen darf; die Artikel 28 und 33 bestimmen, dass die gesetzlich geregelte Anwendung von Gewalt und der Einsatz von Feuerwaffen während des Ausnahmezustand nicht geändert werden dürfen und Angehörige des Innenministeriums und Wehrpflichtige für die unrechtmäßige Anwendung von Gewalt und die Überschreitung ihrer dienstlichen Befugnisse, einschließlich der Verletzung der garantierten Bürgerrechte, zur Verantwortung gezogen werden. In der Tat werden mit dieser Regelung "die Hände gebunden" und der Ermessensspielraum (oder einfacher gesagt, die Willkür) bei der Durchführung bewaffneter Operationen erheblich eingeschränkt.
Man kann dem zustimmen, dass das Gesetz über den Ausnahmezustand extreme Situationen, die die zusätzliche Beteiligung der Streitkräfte zur Stabilisierung des Ausnahmezustands rechtfertigen, nicht in vollem Umfang in Betracht zieht; dass das Gesetz also auch Normen enthalten sollte, die eine solche Beteiligung und die Anwendung bewaffneter Gewalt in einen festen rechtlichen Rahmen stellen. Seit seiner Annahme wurde das Gesetz jedoch nicht geändert. Formal ist es weiterhin in Kraft, in der Praxis wird es jedoch ignoriert.
2. Nach dem föderalen Gesetz über die Verteidigung Nr. 61-FS vom 24.04.96 sind die Streitkräfte (die als "staatliche militärische Organisation (definiert werden,) die die Grundlage der Verteidigung der Russischen Föderation" bilden) dazu bestimmt, "einen Angriff gegen die Russische Föderation abzuwehren, die Integrität und Unverletztlichkeit des Hoheitsgebiets der Russischen Föderation mit Waffengewalt zu schützen und darüber hinaus Aufgaben zu erfüllen, die sich aus völkerrechtlichen Verträgen der Russischen Föderation ergeben. Das ihrer Zweckbestimmung nicht entsprechende Heranziehen der Streitkräfte der Russischen Föderation zur Erfüllung von Aufgaben mit Waffengewalt erfolgt durch den Präsidenten der Russischen Föderation nach Maßgabe der föderalen Gesetze" (Artikel 10 Absatz 2 und 3). Im Zusammenhang mit dem genannten Artikel ist ohne Frage die Rede von bewaffnetem Schutz vor einem Angriff von außen, denn rechtlich gesehen kann bei einem Subjekt der Föderation (d.h. einer territorialen Einheit innerhalb des Landes) &_65533; und als solches gilt Tsch. offiziell &_65533; nicht von einem Angriff gegen die Russische Föderation gesprochen werden. Doch selbst wenn man davon ausgeht, dass es sich im vorliegenden Fall um einen Angriff handelt, muss Artikel 19 des Gesetzes über die Verteidigung zur Anwendung gelangen, der die Einführung des Kriegszustands vorsieht. Der Artikel definiert den Kriegszustand als besondere rechtliche Regelung, die das Handeln der staatlichen und Selbstverwaltungsorgane bestimmt und mit der eine Einschränkung der Rechte und Freiheiten verbunden ist. "Im Kriegszustand können die Streitkräfte, andere Truppen, bewaffnete Kräfte und Einrichtungen militärisch zur Abwendung eines Angriffs unabhängig von der Ausrufung des Krieges eingreifen. Der Kriegszustand wird nach Artikel 87 der Verfassung jedoch durch den Präsidenten verhängt, der den Föderationsrat und die Staatsduma unverzüglich davon in Kenntnis setzt, der entsprechende Erlass muss durch den Föderationsrat bestätigt werden. Hier sollte nicht vergessen werden, dass der Kriegszustand in Übereinstimmung mit der Verfassung durch ein föderales Verfassungsgesetz geregelt werden muss (ein solches Gesetz wurde bislang nicht verabschiedet).
In diesem Fall wurde der Kriegszustand nicht ausgerufen. Wenn man also die Militäroperation in Tsch. aus Sicht des geltenden russischen Rechts betrachtet, kann man nur festgestellen, dass es sich hier um einen bewaffneten Einsatz der Streitkräfte handelt, der nicht zu ihrer Zweckbestimmung entspricht. Dies ist nicht grundsätzlich ausgeschlossen, das bereits zitierte Konzept der nationalen Sicherheit weist darauf hin; der "politische" Charakter des Konzept geht jedoch deutlich aus seinem Wortlaut hervor. Gesetze, die die Modalitäten des Einsatzes von Waffen und militärischer Kontingente außerhalb ihrer Zweckbestimmung regeln, gibt es gegenwärtig nicht. Es folgt jedoch aus Artikel 5 Absatz 1 Unterabsatz 3 des Gesetzes über die Verteidigung, dass ein Heranziehen der Streitkräfte und anderer bewaffneter Kräfte außerhalb ihrer Zweckbestimmung durch Erlass des Präsidenten erfolgen muss, der der durch den Föderationsrat bestätigt wird. In diesem Fall wurde kein derartiger Erlass veröffentlich und zur Bestätigung vorgelegt, der Einsatz der Streitkräfte zur Durchführung von Aufgaben, die nicht mit ihrer Zweckbestimmung verbunden sind, wird damit unmöglich.
3. Die breitangelegten militärischen Aktionen in Tsch. werden zumeist als Anti-Terror-Aktion begründet, wobei auf das Gesetz über den Kampf gegen den Terrorismus verwiesen wird (Nr. 130-FS vom 03.07.98). Tatsächlich heißt es in Artikel 7 dieses Gesetzes, das die Zuständigkeit der Stellen zur Bekämpfung des Terrorismus festlegt, dass das Verteidigungsministerium den Schutz von militärischen Objekten und Waffen, die Sicherheit der Seeschiffahrt und des Luftraums gewährleistet und auch an der Durchführung von "Anti-Terror-Operationen teilnimmt". Diese allgemeine Formulierung im Gesetzestext wird nicht näher erläutert und die Frage nach dem Wie, der Art und des Umfangs der Beteiligung bleibt offen.
Artikel 3 des Gesetzes über den Kampf gegen den Terrorismus definiert eine Anti-Terroroperation als "besondere Maßnahmen, die Terroranschläge verhindern, die Sicherheit von Menschen gewährleisten, Terroristen unschädlich machen und die Folgen eines Terroranschlags gering halten sollen". Kapitel III des Gesetzes regelt die Durchführung von Anti-Terror-Operationen. Das Gesetz sieht die Einrichtung eines Operationsstabs vor, der aufgrund eines Regierungsbeschlusses gebildet wird und die unmittelbare Leitung einer solchen Operation unter Führung eines Vertreters des FSB oder des Innenministeriums (je nachdem, in wessen Kompetenzbereich die Durchführung einer bestimmten Anti-Terror-Operation fällt) wahrnimmt und auf der Grundlage eines besonderen Richtlinienpapiers tätig wird, das den Rahmenbestimmungen des föderalen Anti-Terror-Ausschusses entspricht. Der Operationsstab für die Anti-Terror-Operation hat allerdings das Recht, die notwendigen Kräfte und Mittel der föderalen Organe anzufordern, die unmittelbar mit dem Kampf gegen den Terrorismus befasst sind, u.a. auch des Verteidigungsministeriums (Artikel 11). Eine Analyse der oben genannten Definition einer Anti-Terror-Operation sowie verschiedener weiterer Bestimmungen des Gesetzes, insbesondere des Artikels 2 über die Grundsätze des Kampfs gegen den Terrorismus ("Priorität der Maßnahmen zur Vorbeugung des Terrorismus", "Zusammenwirken offener und verdeckter Methoden des Kampfes", "Priorität des Schutzes der Rechte derjenigen, die aufgrund eines Terrorakts gefährdet sind"), führt zu dem Schluss, dass das Gesetz bei Durchführung einer Anti-Terror-Operation den Spezialdiensten vorrangige Bedeutung einräumt und der Einsatz der Streitkräfte und deren Waffen nur als ergänzende Unterstützung erfolgen kann, in jedem Fall jedoch nicht zu schwerwiegenderen Folgen im Verhältnis zum eigentlichen Terrorakt führen darf, der verhindert werden sollte (Tod von Zivilisten, Zerstörung von Gebäuden, Infrastruktur usw.).
Gleichzeitig folgt daraus, dass die Rechtsgrundlage für den Kampf gegen den Terrorismus nicht nur durch das genannte Gesetz, sondern auch durch die Verfassung und andere föderale Gesetze sowie die allgemeingültigen Grundsätze und Normen des Völkerrechts gegeben ist (Artikel 1 des Gesetzes über den Kampf gegen den Terrorismus). Das bedeutet insbesondere, dass die Normen des Gesetzes über den Kampf gegen den Terrorismus systematisch unter Berücksichtigung der bereits genannten Verfassungsnormen und Bestimmungen föderaler Gesetze über den Einsatz der Streitkräfte interpretiert und angewendet werden müssen.
Insofern entbehrt der breitangelegte Einsatz der schwer bewaffneten Streitkräfte in Tsch. einer überzeugenden Rechtsgrundlage durch Verfassung und föderale Gesetze sowie einer ordentlichen Rechtsform. Der Einsatz der Streitkräfte erfolgt im rechtlichen Vakuum und lässt breiten Raum für Willkür und Nichteinhaltung der grundlegenden Verfassungsrechte der Zivilbevölkerung.
Aus dem Russischen übersetzt im Dez. 2002; der Artikel wurde von Memorial am 27.12.1999 in russischer Sprache publiziert
(09.07.2004)
1. Wie bewerten Sie als verantwortlicher Wirtschaftsexperte der Weltbank in Moskau die Auswirkungen der Jukos-Affaire? Letztlich wird diese Sache den Haupterfolg Putins, die Stabilität nämlich, die die Investionstätigkeit angekurbelt hat, in Frage stellen. Die Investitionsquote ist erst Ende 2002 wieder angestiegen. Für Russland ist es nicht so wichtig, ausländische Investoren zu gewinnen; vielmehr muss die Rückkehr des seit 1991 ins Ausland geflossenen Kapitals bewirkt werden: dieses Kapital wird mit 245 Milliarden Dollar angegeben,das ist mehr als die Hälfte des Bruttoinlandsprodukts. Putin war es gelungen, die Kapitalflucht zu bremsen; das zurückgeflossene Geld kommt größtenteils aus Zypern oder off-shore-Gebieten, wo die Oligarchen angelegt haben; es sind Gewinne aus Erdölexporten, Gelder der Freunde Chodorkowskijs also! Jetzt stellen wir fest, dass das Geld erneut ins Ausland fließt. Die russischen Banken haben kürzlich ihre Aktiva im Ausland aufgestockt. Das alles verstärkt die Unruhe, die diesen Sektor erfasst hat. 2. Welche Ziele verfolgt der Kreml? Die entscheidende Frage lautet doch, ob die Jukos-Affäre ein Einzelfall oder aber Teil einer umfassenden Strategie ist? Im Kreml glaubt man wahrscheinlich, dass man überzeugend dartun kann, dass Jukos ein Einzelfall sein und diese Krise bei den ausländischen Investoren schnell in Vergessenheit geraten wird, so wie das auch 1998 der Fall war. Das Spiel mit den Eigentumsrechten in Russland ist aber ein Spiel mit dem Feuer, denn der Begriff des Privateigentums ist noch relativ neu. Die Jukos-Affäre zeigt, dass die Privatisierungen der neunziger Jahre kein abgeschlossenes Kapitel sind; dass immer wieder eine Revidierung dieser Verkäufe drohen kann. Wenn es sich hier um eine teilweise Wiederverstaatlichung handeln sollte, so wäre das verheerend. Alle Untersuchungen belegen, dass die vom Staat kontrollierten Unternehmen in Russland weitaus weniger erfolgreich sind als die Privatwirtschaft. 3. Ist der Konkurs von Jukos unvermeidlich? Mehrere Situationen sind denkbar. Es sieht so aus, als wolle der Staat einen Teil des Erdölgeschäfts wieder unter seine Kontrolle bringen. Die Lage ist nicht aussichtslos, ihre jetzige Entwicklung jedoch bedauerlich. Wenn es Regeln für die Geschäfte der Oligarchen geben soll, dann müsste zuallererst ein unabhängiges Rechtssystem geschaffen werden. Oder man müsste allgemein verbindliche Regeln aufstellen, die Monopolbildung verhindern oder den Wettbewerb schützen sollen. Nicht diese Art von Guerilla-Krieg gegen eine einzige Gruppe. Mich besorgt, dass es keine offene Debatte in Russland darüber gibt, welche Regeln für diese Gruppen gelten sollen. Übersetzt aus dem Französischen, LE MONDE vom 09.07.04
Weiterlesen … LE MONDE befragt Kristof Ruehl, Wirtschaftsexperte der Weltbank, zur Jukos-Affaire
Die Nationale Stiftung für Demokratie (National Endowment for Democracy, NED) wird ihre jährliche Auszeichnung, den "Demokratie-Preis" ("Democracy Award"), den Führern von vier herausragenden Nichtregierungsorganisationen verleihen, die sich für die Bewahrung und Entwicklung der Demokratie in Russland einsetzen. Die Preisverleihung findet am 9. Juni in Washington statt.
Preisträger sind Ljudmila Aleksejewa, Vertreterin der "Moskauer Helsinki-Gruppe", Arsenij Roginskij, Vorsitzender der Internationalen Gesellschaft "Memorial", Aleksej Simonow, Präsident der "Stiftung zur Verteidigung von Glasnost", und Mara Poljakowa, Direktorin des Unabhängigen Rechtsexpertenrats.
Der Preisverleihung wird eine Diskussion vorangehen - ein Runder Tisch zum Thema "Perspektiven von Demokratie und Menschenrechten in Russland". Moderator ist der Direktor der Kongressbibliothek James Billington, Teilnehmer sind die russische Bürgerrechtlerin und Witwe Andrej Sacharows, Jelena Bonner, und der Russlandexperte Michael McFaul. Kommentieren werden US-Senator John McCain, der Kolumnist der Washington Post Jackson Diehl sowie der Russlandexperte Stephen Sestanovich.
NED-Präsident Carl Gershman erläuterte die Auswahl der Preisträger mit folgenden Worten: "Mehr als ein Jahrzehnt nach dem Fall des Kommunismus steht Russland an einem Scheidewege. Es kann sich weiter in Richtung einer Demokratie, wirtschaftlichen Wohlstands und Gesetzlichkeit entwickeln oder aber zurück zu einer Gesellschaftsordnung, in der der Staat in Gesellschaft und Wirtschaft die beherrschende Stellung einnimmt, elementare Freiheiten beschnitten werden und die von Korruption und Autokratie geprägt ist. Die hier ausgezeichneten Gruppen sind führende Verfechter einer demokratischen und freiheitlichen Zukunft Russlands. Sie verdienen unsere uneingeschränkte Unterstützung."
Ljudmila Michailowna Aleksejewa: Gründungsmitglied der Moskauer Helsinki-Gruppe, seit 1998 Präsidentin der Internationalen Helsinki-Stiftung. 1950 Abschluss des Geschichtsstudiums in Moskau. Unterstützung politischer Gefangener und ihrer Familien. Ausführliche Schriften über Menschenrechte in der UdSSR. 1976 Mitglied der Moskauer Helsinki-Gruppe. Nach Verhaftung des Vorsitzenden Jurij Orlow Ausreise in die USA. 1993 Rückkehr nach Russland. Seit 1989 Mitglied der wiederhergestellten Moskauer Helsinki-Gruppe, 1996 Wahl zur Vorsitzenden.
Mara Fjodorowna Poljakowa: Führende Anwältin im Bereich der Menschenrechte und derzeit Direktorin des Unabhängigen Rechtsexpertenrats (dieser Rat überprüft die Gesetzgebung hinsichtlich der Grundrechte und leistet juristische Hilfe bei der Verteidigung dieser Rechte). Ebenfalls Mitglied der Moskauer Helsinki-Gruppe, Leiterin des Expertenrats im Büro des Menschenrechtsbevollmächtigten der Russischen Föderation, Mitglied der Russischen Sektion der Internationalen Kommission von Anwälten. In den 90er Jahren im Mitarbeiterstab der Duma-Abgeordneten Jurij Tschernitschenko, Galina Starowojtowa und Sergej Kowalew.
Arsenij Borisowitsch Roginskij: Geb. 1946. Mitbegründer der Gesellschaft Memorial für Geschichte, Aufklärung und Menschenrechte, seit 1988 im Vorstand, derzeit Vorsitzender der Internationalen Gesellschaft Memorial. In den 70er Jahren Sammlung von Samisdat-Materialien über die Geschichte der politischen Repression in der UdSSR für eine Publikation in Paris. Von 1981 bis 1985 wegen Veröffentlichung historischer, literarischer und politischer Schriften inhaftiert. Herausgeber des historischen Almanachs "Svenja" ("Kettenglieder").
Aleksej Kirillowitsch Simonow: Geb. 1939. Seit 1991 Präsident der Stiftung zur Verteidigung von Glasnost. 1991-1995 Dekan und Professor am Institut für Kinematographie. Autor zahlreicher Artikel zum Thema Pressefreiheit. Tätig in der Ausbildung von Journalisten für die Arbeit in Kriegsgebieten.
08.06.2004
Übersetzung aus dem Amerikanischen
Quelle: National Endowment for Democracy, NED
Seit gestern, dem 2. Juni, hält sich eine Delegation der Parlamentarischen Versammlung des Europarats in der militärischen Konfliktzone in Tschetschenien auf, unter anderem die Sonderberichterstatter Rudolf Binding und Andreas Gross. Zuvor waren die Treffen der Delegation mit gesellschaftlichen Organisationen, so auch mit "Memorial" in Grosnyj und Nasran, geplant und abgestimmt worden. Allerdings blockieren die russischen Begleiter der Berichterstatter mit Erfolg diesen Teil des Besuchsprogramms. Insbesondere teilte der Abgeordnete der Staatsduma Leonid Sluzkij (LDPR) Andreas Gross mit, die Büros von "Memorial" seien angeblich geschlossen, und die vorgesehenen Treffen könnten nicht stattfinden. Man kann sicher sein, dass auch alle übrigen Informationen, die die Berichterstatter aus dieser Quelle erhalten, ebenso "zutreffend" sind. Übrigens haben die Behörden auch früher schon bei anderen ausländischen Delegationen solche Methoden angewandt.
In den Büros von "Memorial" werden die Gäste des Europarats nach wie vor erwartet, in der Hoffnung, sie werden sich aus der "Gefangenschaft" befreien können.
Vertreter des Europarats trafen doch mit Menschenrechtlern zusammen
3.6.2004
Im Gebäude von "Memorial" in Nasran fand ein Treffen der Sonderberichterstatter des Europarats Rudolf Binding und Andreas Gross mit Einwohnern Tschetscheniens und Inguschetiens statt. Es handelt sich um Angehörige von Personen, die während des militärischen Konflikts entführt und ermordet wurden, sowie um Juristen, die ihre Interessen vertreten. Die Begegnung dauerte von 15 bis 17 Uhr.
Themen waren das Verschwinden von Personen, das Ausbleiben der Verfolgung von Verbrechen, die Lage der Zwangsmigranten - kurz, der Kontext des "politischen Prozesses" in der Tschetschenischen Republik.
Ursprünglich waren zwei Treffen geplant - heute in Grosnyj und morgen in Nasran, aber der Duma-Abgeordnete der LDPR Leonid Sluzkij, der die Delegation begleitete, gab vor, alle Büros von "Memorial" seien geschlossen. Bei der Begegnung erklärte er den Mitarbeitern von "Memorial", er habe nur die Räumlichkeiten in Grosnyj im Auge gehabt. Die Änderung des Termin- und Arbeitsplans der Delegation rechtfertigte er damit, dass man versuchen wolle, die Aufständischen zu überlisten.
Menschenrechtszentrum "Memorial"
Quelle: russischer Nachrichten-Server von MEMORIAL
Der Deutsch-Russische Austausch Berlin (DRA) verurteilt das tödliche Attentat auf den tschetschenischen Präsidenten Achmad Kadyrow und die anderen Mitglieder der tschetschenischen Führung. Der Mord an Menschen, so umstritten ihre politische Tätigkeit auch gewesen sein mag, ist nicht zu rechtfertigen.
Gleichzeitig warnt der DRA vor einer Eskalation der Gewalt in Grosnyj. Die Fahndung nach den Schuldigen des Anschlags darf nicht zu einer weiteren Einschränkung der Menschenrechte und bürgerlichen Freiheiten in der Republik führen. Für notwendig hält der DRA stattdessen eine Politik der Deeskalation, die die Spirale der Gewalt durchbricht, die auf die Bedürfnisse der örtlichen Bevölkerung eingeht und die die Tschetschenen an allen sie betreffenden Entscheidungen durch die Einbeziehung lokaler Initiativen beteiligt. Es darf nicht darüber hinweggesehen werden, dass viele Anhänger der Separatisten in Tschetschenien erst unter dem Eindruck von Menschenrechtsverletzungen durch die russischen Behörden und Streitkräfte auf die Seite aufständischer Gruppierungen gewechselt sind. Für die Legitimität der russischen Führung in Tschetschenien ist es daher unabdingbar, dass alle ihre Vertreter, vom Präsidenten bis zum einfachen Soldaten und Geheimdienstmitarbeiter, die Menschenrechte und die Rechtsstaatlichkeit uneingeschränkt achten.
In diesem Zusammenhang begrüßt der DRA ausdrücklich die Verleihung des Aachener Friedenspreises an die Organisation "Petersburger Soldatenmütter", mit der den DRA seit 1992 eine vielfältige, enge Zusammenarbeit verbindet. Die langjährige Arbeit der "Petersburger Soldatenmütter" für mehr Rechtsstaatlichkeit in den Streitkräften, gegenüber jedem einzelnen Angehörigen der Streitkräfte und gegenüber den Wehrpflichtigen hat Tausenden Menschen zur Wahrung ihrer Rechte verholfen und das Rechtsbewusstsein in den Streitkräften und in der Gesellschaft Russlands und nicht zuletzt in Tschetschenien insgesamt gestärkt.
Deutsch-Russischer Austausch e.V.
Stefanie Schiffer, Geschäftsführerin
Brunnenstrasse 181
10119 Berlin
Tel 030 446680 22, Fax 030 444 94 60
Berlin, 11. Mai 2004
Den diesjährigen Nansen-Flüchtlingspreis erhält das Moskauer Menschenrechtszentrum Memorial für seine Arbeit zugunsten von Tausenden von Flüchtlingen und Binnenvertriebenen in der russischen Föderation.
"Letztes Jahr hat das Zentrum mehr als 21.300 Menschen rechtlich beraten - unter ihnen Zwangsmigranten, Binnenvertriebene und Asylsuchende", sagte UN-Flüchtlingskommissar Ruud Lubbers zur Begründung für die Preisvergabe. Viele dieser Menschen stammten aus Ländern außerhalb der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS). Memorial habe seine Arbeit unter oft sehr schwierigen Bedingungen geleistet, zum Beispiel im Nordkaukasus, betonte Lubbers. "Ihnen gebührt der Respekt der internationalen humanitären Gemeinschaft".
Das Menschenrechtszentrum Memorial hat eine beeindruckende Geschichte. Formal wurde es im Jahre 1987 als eine Abteilung der Memorial-Gesellschaft gegründet, einer der ersten Nichtregierungsorganisationen des Landes. Das Zentrum wurde im Jahre 1993 unabhängig. Es übernahm die Aufgabe, die Menschenrechtssituation in Russland und auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion zu überprüfen und über diese zu berichten. Seine Aktivitäten richteten sich rasch auf Millionen von Zwangsmigranten aus den GUS-Staaten und dem Baltikum sowie Vertriebenen des Tschetschenien-Konfliktes. Zudem sammelte Memorial Erfahrung bei der Unterstützung Tausender von Flüchtlingen aus anderen Teilen der Welt.
Heute arbeiten für das Memorial-Zentrum rund 150 Mitarbeiter in über 45 Regionen der Russischen Föderation. Es hat über die Jahre eine zentrale Rolle bei wichtigen Entscheidungen russischer Gerichte gespielt, angefangen von Fragen der Staatsbürgerschaft und der Residenzgenehmigungen bis hin zu Entschädigungen für Binnenvertriebene. Im Jahr 2002 forderte Memorial eine Ergänzung des neuen russischen Staatsbürgerschaftgesetzes und setzte sich damit durch.
Der jährlich vergebene Nansen-Preis ist nach Fridtjof Nansen benannt, dem international bekannten Polarforscher, der 1921 vom Völkerbund zum Flüchtlingskommissar ernannt wurde. Der 1954 ins Leben gerufene Preis ist mit 100.000 US-Dollar dotiert, die der Preisträger für ein Flüchtlingsprojekt seiner Wahl verwenden kann.
Der Nansen-Preis an Memorial wird am 20. Juni, dem Weltflüchtlingstag, in Barcelona verliehen.
30.04.2004
Quelle: UNHCR
Weiterlesen … Nansen-Flüchtlingspreis 2004 des UNHCR geht an Moskauer Menschenrechtszentrum Memorial
Gestern, am 13. April 2004, verbreitete das Menschenrechtszentrum "Memorial" die vorläufige Mitteilung: "Am 9. April gegen 14 Uhr Moskauer Zeit sind in dem Bergdorf Rigachoj im Vedensker Bezirk von Tschetschenien nach einem Luftangriff eine Frau, Marit Zinzajewa, und fünf Kinder ums Leben gekommen. Das älteste war sieben Jahre alt. Als das Bombardement einsetzte, versammelte die Frau ihre Kinder um sich, aber die Bombe traf ihr Haus." Diese Mitteilung wurde von einigen Nachrichtenagenturen aufgegriffen, darunter "Interfaks", NEWSru.com, Polit.ru und andere.
Am selben Tag stritt der Pressesprecher der Luftstreitkräfte, Oberst Alexander Drobyschewskij, jegliche Beteiligung an der Tragödie in Rigachoj ab: "Am Freitag sind in dieser Region Russlands keine Bomber aufgestiegen." "Die diesbezüglichen Mitteilungen einiger russischer und ausländischer Massenmedien sind völlig falsch." (ITAR-TASS, 13.4.2004).
Heute, am 14. April, waren Mitarbeiter von "Memorial" am Ort des Geschehens. Nach präzisierten Informationen fand am 8. April tagsüber, zwischen 14 und 14.30 ein Bombenangriff auf den abgelegenen Berghof Rigachoj im Vedensker Bezirk statt (eine der Bomben trug die Nummer 350 F 5-90). Infolge des unmittelbaren Einschlags in das Haus Imar-Ali Damajews kam fast seine ganze Familie ums Leben: seine Frau - Maidat Kudusovna Zinzajewa, geb. 1975, die Kinder - Dshanasi, geb. 1999, Sharadat, geb. 2000, Umar-Chashi, geb. 2002, Sara, geb. 2003, Sura, geb. 2003. Wie gewaltig die Explosion war, geht daraus hervor, dass auch die Schafe und das Pferd der Familie getötet wurden, die sich außerhalb des Hauses befanden. Dank eines glücklichen Zufalls blieben der Vater der Familie, Imar-Ali, und der siebenjährige Sohn Umar am Leben: Ersterer war gerade auf dem Friedhof, wurde aber Zeuge der Bombardierung, und letzterer war im Nachbardorf in der Schule.
Nach Aussagen der Dorfbewohner trafen am 13. April gegen 10 Uhr Mitarbeiter der Militärstaatsanwaltschaft und der Vedensker Staatsanwaltschaft in Hubschraubern ein. Nach oberflächlicher Untersuchung des Orts des Geschehens erklärten sie, es habe sich um die Explosion einer Landmine gehandelt. Ein Grund zur Einleitung eines Strafverfahrens bestehe nicht.
In den letzten zehn Jahren haben die Vertreter der russischen Machtstrukturen immer wieder versucht, ihre Beteiligung an Bombardierungen und Artilleriebeschuss tschetschenischer Siedlungen abzustreiten und behauptet, "dass sie sich selbst in die Luft jagen". Im vorliegenden Fall sprechen die Umstände klar gegen solche "Versionen". Wir hoffen, dass die Tragödie in Rigachoj sorgfältig untersucht und die Schuldigen bestraft werden.
Quelle: russischer Nachrichtenserver von MEMORIAL
Weiterlesen … Bombardierung des Gehöfts Rigachoj - friedliche Einwohner getötet
Die Internationale Gesellschaft "Memorial"
Die Kommission für die Rehabilitierung der Opfer politischer Repressionen beim Präsidenten der Russischen Föderation
Das Sacharow-Museum und -Zentrum
Die regionale gesellschaftliche Organisation "Offenes Russland"
Am 24. März um 14 Uhr hat im "Haus des Journalisten", Nikinstij bulvar 8 (Metrostation: Arbatskaja) die Präsentation der neuen elektronischen Ausgabe "Opfer des politischen Terrors in der UdSSR" stattgefunden.
In der Datenbank finden sich Informationen über Repressionsopfer aus Russland (62 Regionen), Kasachstan, Usbeskistan sowie der Ukraine. Unter den über 1,3 Millionen Namen sind 120 Nationalitäten vertreten, aus allen Gebieten der ehemaligen UdSSR und vielen anderen Ländern. Ein großer Teil der Informationen war bisher noch nicht veröffentlicht.
In die Edition wurde ein kommentiertes Verzeichnis der Gedenkbände aufgenommen, die im Gebiet der ehemaligen UdSSR publiziert wurden, mit über 600 Positionen.
Darüber hinaus gibt es einen umfangreichen dokumentarischen Apparat mit Suchfunktionen. Die hier veröffentlichen Stalinschen Erschießungslisten beweisen unwiderleglich, dass die höchste Parteiführung an der Organisation des Terrors direkt und unmittelbar beteiligt war, sie demonstrieren den Mechanismus außergerichtlicher Entscheidungen. Nachschlagewerke zur Struktur des GULag und über die Leiter des NKWD, Dokumentensammlungen zur Geschichte der WTschK-OGPU-NKWD-KGB und des GULag, eine detaillierte Karte des GULag, die Geschichte der Rehabilitierungen, die Beschreibung der Gedenkstätten auf dem Territorium der ehemaligen UdSSR lassen das Ausmaß der Verbrechen des totalitären Regimes begreifen.
Die wesentlichen Ziele der Edition sind, den Verwandten der Opfer dabei behilflich zu sein, etwas über das Schicksal ihrer Angehörigen zu erfahren, eine breite Öffentlichkeit über den Terror zu informieren und vor der Gefahr einer Staatsmacht zu warnen, die keiner Kontrolle unterworfen ist.
Die Doppel-CD-ROM kann über das Büro von MEMORIAL Deutschland für 19 Euro erworben werden.
Weitere Informationen zur CD-ROM
Weiterlesen … CD-ROM zur sowjetischen Repressionsgeschichte neu aufgelegt
„Jede Person hat das Recht, sich frei und friedlich mit anderen zu versammeln...“
(Art. 11 Europäische Konvention zum Schutz der
Menschenrechte und Grundfreiheiten)
„Die Bürger der Russischen Föderation haben das Recht, sich friedlich und ohne Waffen zu versammeln, Versammlungen, Kundgebungen, Demonstrationen und Umzüge durchzuführen sowie Streikposten aufzustellen“
(Art. 31 der Verfassung der Russischen Föderation)
Bei Demonstrationen und Mahnwachen von Menschenrechtsorganisationen oder oppositionellen Gruppen in der Russischen Föderation kommt es immer wieder zu Übergriffen. Demonstrationen werden mit Tricks der Behörden verhindert, Demonstranten verprügelt und festgenommen. Das ist ein klarer Verstoß gegen nationale und internationale Verpflichtungen, denen sich der russische Staat freiwillig unterworfen hat.
Die Verfassung der Russischen Föderation garantiert die Versammlungsfreiheit in Art.31. Menschenrechtsorganisationen in Russland demonstrieren deshalb seit einiger Zeit an jedem 31. eines Monats, um diesem Recht zum Durchbruch zu verhelfen und die papierne Garantie der Verfassung zur erlebbaren Realität zu machen. Sie wissen: Es gibt keine Demokratie ohne Versammlungsfreiheit! Und fordern: Schluss mit den Behinderungen und Übergriffen!
Um unsere Kolleginnen und Kollegen, unsere Freundinnen und Freunde dabei tatkräftig zu unterstützen, rufen wir zur Teilnahme an der Mahnwache für die Versammlungsfreiheit in Russland auf,
am 31. des jeweiligen Monats 2011 vor der Botschaft der Russischen Föderation,
Unter den Linden 63-65 (S-Bahnhof Brandenburger Tor).
A.I. MEMORIAL Deutschland e.V. Deutsch-Russischer Austausch e.V.
Der Münchner MEMORIAL-Verband organisierte auch
am 31. März 2011 von 17.30 bis 18.30 Uhr eine Mahnwache vor dem Russischen Konsulat/Europaplatz.
Weiterlesen … Mahnwachen für Versammlungsfreiheit zum 31. des jeweiligen Monats
Chodorkovskij wollte vor allem darauf aufmerksam machen, dass die fortwährenden Gesetzesverstöße der russischen Justiz die Autorität und die Reformbemühungen von Präsident Medvedev unterminieren, und darüber hinaus verhindern, dass die Missachtung der Gesetze in seinem prominenten Fall zu einem Präzedenzfall wird, der korrupte Beamten ermutigt, auch in weniger bekannten Fällen das Recht zu beugen.
Wie dringend und berechtigt dieses Anliegen ist, zeigt die Entscheidung des Moskauer Stadtgerichts, das die Berufung Chodorkovskijs gegen die Verlängerung der U-Haft ablehnte. Das Chodorkovskij&Lebedev-Kommunikationszentrum teilte am 21. Mai mit, dass gegen das Urteil vor dem Europäischen Menschenrechtsgerichtshof in Straßburg Berufung eingelegt werden wird.
In Moskau ist ein schreckliches Verbrechen verübt worden. Einmal mehr haben sich die Organisatoren eines furchtbaren Terroraktes ihre Opfer bewusst und vorsätzlich unter der Zivilbevölkerung gesucht.
Wir trauern um die Toten und empfinden tiefes Mitleid mit den Verletzten.
Es gibt und kann keine Rechtfertigung geben für jene, die dieses Verbrechen geplant und ausgeführt haben. Die Täter müssen gefunden und hart bestraft werden.
Der Präsident und die Strafverfolgungsbehörden halten überzeugt an der Version einer "tschetschenischen Spur" fest. Beweise dafür wurden bisher nicht vorgelegt. Aber wenn diese Version zutrifft, dann war diese Tragödie leider ganz offenkundig vorhersehbar.
Die Weigerung der Führung unseres Landes, auch nur kleinste Schritte in Richtung auf eine wirkliche und nicht nur kosmetische politische Regelung des Konflikts zu unternehmen, hat den Extremisten Vorschub geleistet, die keine vertretbaren politischen Ziele haben, auf deren Basis ein Kompromiss möglich wäre.
In den letzten Jahren haben Vertreter der Menschenrechtsorganisationen sowie zahlreiche Persönlichkeiten des öffentlichen und politischen Lebens immer wieder davor gewarnt, dass das unmenschliche Vorgehen der föderalen Kräfte in Tschetschenien eine Gefahr für jeden Bewohner Russlands darstelle.
Hunderttausende von Menschen sind seit vielen Jahren täglich mit dem Tod konfrontiert, werden daran gehindert, ein zivilisierten Leben zu führen. Tausende erniedrigter Menschen, deren Angehörige und Freunde ermordet, entführt, physisch und moralisch zerstört wurden, sind das Milieu, aus dem die zynischen und gewissenlosen Führer von Terrorgruppen ihre Gefolgschaft rekrutieren, die Selbstmordattentäter, die die Terrorakte ausführen.
Nur eine entschiedene Änderung der Politik der russischen Führung kann den Bürgern Russlands Frieden und Ruhe bringen.
Weiterlesen … Erklärung des Menschenrechtszentrums MEMORIAL zum Terrorakt in der Moskauer Metro
06.02.2004
Die heutige Explosion in der Moskauer Metro ist eine weitere furchtbare Tragödie, die die Einwohner der russischen Hauptstadt betroffen hat. Wir drücken den Angehörigen der Toten und Verletzten unser tiefes Mitgefühl aus.
Die Strafverfolgungsbehörden gehen davon aus, dass es sich um einen Terrorakt handelt. Wenn das zutrifft, wurden wir erneut Zeugen eines schrecklichen Verbrechens, der offenen Missachtung des Lebens von Zivilisten, einer brutalen Verletzung des Rechts auf Leben.
Menschen, die solche abscheulichen Gewaltakte organisieren und durchführen, sind Verbrecher, die gefunden und dem Gericht überantwortet werden müssen. Gewalt gegen die Zivilbevölkerung ist durch keinerlei politische, ideologische oder sonstige Ziele zu rechtfertigen.
Gewalt wird indes zu einer Alltagserscheinung, und sie wird immer häufiger ungezielt ausgeübt. In den letzten Jahren hat die Zahl der Terrorakte zugenommen. Das ist eine unmittelbare Folge des fortdauernden inneren bewaffneten Konflikts in Tschetschenien.
Die Weigerung der russischen Führung, eine echte politische Regelung, d. h. Verhandlungen unter Beteiligung aller interessierten politischen und gesellschaftlichen Kräfte in Angriff zu nehmen, sowie massenhafte brutale Verletzungen der Rechte der Zivilbevölkerung (einschließlich wahlloser und ungesetzlicher Gewaltanwendung) durch Vertreter der föderalen Machtstrukturen schaffen immer wieder die Basis für die Bildung und die Aktivitäten von Terrorgruppen.
Nach wie vor wird öffentlich nicht explizit eingestanden, dass in unserem Land bereits im fünften Jahr ein Krieg stattfindet und nicht etwa eine Anti-Terror-Operation. Damit wird das politische Problem auf ein kriminelles reduziert. Die Politiker schieben so die Verantwortung ausschließlich den Strafverfolgungsbehörden zu. Der tschetschenische Konflikt als politisches Problem ist im Rahmen der Terrorismusbekämpfung allerdings nicht zu lösen.
Nichtsdestoweniger appellieren wir an die russischen Behörden, eine sorgfältige Untersuchung durchzuführen und die Ergebnisse der Öffentlichkeit bekanntzugeben. Diese Untersuchung darf nicht so ablaufen wie bei den Sprengstoffanschlägen auf die Wohnhäuser im Jahre 1999 und der Geiselnahme an der Dubrowka im Theater "Nord-Ost" 2002. Hier hat das Fehlen vollständiger Informationen über Verlauf und Ergebnisse der Untersuchung zu einem erheblichen Vertrauensverlust der Bevölkerung in die Behörden geführt und den Verdacht eines schwerwiegenden Versagens der Sicherheitskräfte hervorgerufen.
Weiterlesen … Erklärung der Moskauer Helsinki-Gruppe anlässlich der Explosion in der Moskauer Metro
Vor fünfzehn Jahren, am 16. Januar 1989, wurde der Erlass des Präsidiums des Obersten Sowjets "Über die zusätzlichen Maßnahmen zur Wiederherstellung der Gerechtigkeit für die Opfer der Repression in den 30er/40er Jahren und den frühen 50er Jahren" verkündet.
Zu diesem Zeitpunkt war der Zuspruch für die Rehabilitierung der Opfer des politischen Terrors durch die Bevölkerung außerordentlich groß. Die Forderungen nach Rehabilitierung wurden nicht nur in den Zeitungen oder auf Demonstrationen formuliert, sie bestimmten das Handeln politisch aktiver Gruppen und führten zur Herausbildung erster unabhängiger Organisationen. Diese Reaktion war angesichts des ungeheuren Ausmasses der Repression in der UdSSR, von denen fast jede Familie betroffen war, nur natürlich.
Dieser Erlass war von sehr großer Bedeutung für die spätere Demokratisierung der Gesellschaft. Erstmals wurde ein rechtsstaatlicher Ansatz formuliert, der heute normal zu sein scheint, damals aber einen revolutionären Durchbruch darstellte. Die aus NKWD, OGPU (Vereinigte Staatliche Politische Verwaltung) und den "Sonderberatungen" bestehende Troika wurde für verfassungswidrig erklärt. Daraus ergab sich, dass alle von der Troika (außergerichtlich) verhängten Urteile nichtig und die betroffenen Bürger automatisch rehabilitiert waren.
Die Mehrheit der außergerichtlich Verurteilten wurde nach diesem Erlass rehabilitiert. Mit diesem Erlass begann die zweite Massenrehabilitierungswelle (Die erste Welle begann unter Chruschtschow und wurde abgeschlossen, als Breschnjew an die Macht kam.). Für einige Sowjetrepubliken blieb dieser Erlass die wichtigste Grundlage für die Rehabilitierung.
Sicherlich könnte man heute zahlreiche Unzulänglichkeiten (viele davon wurden im Gesetz der Russischen Föderation zur Rehabilitierung der Opfer politischer Repression von 1991 korrigiert) des Erlasses kritisieren. Diese sind aber nicht der Grund dafür, dass der Prozess der Rehabilitierung in Russland nach fünfzehn Jahren noch längst nicht abgeschlossen ist.
Nicht rehabilitiert bleiben nicht nur Zehntausende erschossene und in Lagern internierte Menschen, sondern auch Millionen Enteigneter und Deportierter, denen das Wahlrecht aberkannt wurde.
Man kann nicht behaupten, dass diesem Problem heute überhaupt keine Beachtung mehr geschenkt wird. So hat die Generalstaatsanwaltschaft im Jahre 2002 den schnellstmöglichen Abschluss der Überprüfungen angeordnet. Es wurden jedoch ungenügend Mittel bereit gestellt, so dass es nur langsam vorangeht. Schlechte Kenntnis der Sachlage, das Fehlen von wichtigen Dokumenten sowie der Mangel an qualifizierten Mitarbeitern verzögern den Prozess der Rehabilitierung.
Weitaus gefährlicher ist aber etwas anderes. Vieles deutet nämlich darauf hin, dass die russischen (und nicht nur die russischen) Verantwortlichen dieses Kapitel am liebsten abschließen würden. Natürlich wird niemand behaupten, dass es keine Repressionen gegeben hat. Die gab es, wir haben sie verurteilt, und nun können wir diese dunklen Seiten der Geschichte vergessen und uns unserer - insgesamt doch durchaus glorreichen - Vergangenheit rühmen.
Der Sinn einer Rehabilitierung besteht nicht nur darin, dass man den guten Ruf der Opfer (und nach Möglichkeit ihre Rechte) wiederherstellt. Dies ist natürlich unerlässlich, aber bei weitem nicht ausreichend. Wichtig ist, dass die Erinnerung daran erhalten bleibt, und zwar nicht nur in den Familien der Opfer, sondern in der Gesellschaft insgesamt. Dies kann nur erreicht werden, wenn das Wissen um die tragischen Kapitel der Geschichte nicht aus den Geschichtsbüchern und dem Bewusstsein der jungen Generation verschwindet, wenn es nicht hinter den verschlossenen Türen der historischen Archive verstaubt.
Die allerwichtigste Aufgabe besteht aber darin, diejenigen Besonderheiten unserer Gesellschaft zu verstehen und zu bekämpfen, die diese Tragödie erst möglich gemacht haben. Die alten russischen Laster, nämlich die unkontrollierte Macht der Machtinhaber und die Missachtung der Rechte und Freiheiten des Einzelnen, sind nicht nur nicht überwunden, sondern treten offenbar verstärkt wieder auf.
Wir möchten daran erinnern, dass die Unkenntnis der eigenen Geschichte nicht vor Verantwortung schützt und dass die Verdrängung der Vergangenheit verheerende Folgen für die Gesellschaft haben kann.
Moskau, den 16. Januar 2004
Der Vorstand der internationalen Gesellschaft MEMORIAL
Weiterlesen … MEMORIAL zum 15. Jahrestag der Rehabilitierung der Repressionsopfer
The Martin Ennals Foundation announced today that Lida Yusupova has been selected as the winner of the 2004 Martin Ennals Award for Human Rights Defenders (MEA).
Lida Yusupova is since 3 years the coordinator of the Grozny office of the Moscow-based human rights organisation Memorial. It is a small office with only 6 staff members and one of the few human rights organisations still operating in Chechnya, providing the world with crucial information on violations of human rights in this Russian republic.
Lida collects testimonies from those victims who dare to come to the Grozny office but also goes herself out to the places where killings and disappearances have occurred. She accompanies the victims in their claims to the Russian Army and Security Services and provides legal assistance to the extent that the judicial system still functions in that part of Russia.
The Chairman of the Jury of the MEA, Hans Thoolen, called Lida one of the most courageous women in Europe today. He states that "there is complete consensus among all human rights organisations that Lida deserves the award for her tireless efforts in a situation of war and extreme danger, with increased risk for women". Moreover, the Grozny office has to function in almost complete isolation, the access to Chechnya for international NGOs, intergovernmental organisations and independent media being very restricted. Last year Lida`s office was the target of a direct attack by the army but the staff has continued its indispensable monitoring work.
The ceremony will take place in Geneva on 7 April 2004. It will be transmitted live by Swiss Television and re-transmitted by TV5 to millions of households.
The Martin Ennals Award for Human Rights Defenders (MEA) is a unique collaboration among ten of the world`s leading non-governmental human rights organisations. The Jury is composed of the following: Amnesty International, Defence for Children, German Diakonie, Human Rights Watch, Huridocs, International Alert, International Commission of Jurists, International Federation for Human Rights, International Service for Human Rights and the World Organisation Against Torture. The previous 10 recipients of the MEA are: Alirio Uribe Muńoz, Colombia (2003); Jacqueline Moudeina, Chad; Peace Brigades International, Immaculée Birhaheka, DRCongo; Natasa Kandic, Yugoslavia; Eyad El Sarraj, Palestine; Samuel Ruiz García; Mexico; Clement Nwankwo, Nigeria; Asma Jahangir, Pakistan; Harry Wu, China (1994).
Martin Ennals (1927-1991) was instrumental to the modern human rights movement. He was the first Secretary-General of Amnesty International and the driving force behind many other organisations. His deep desire was to see more cooperation and solidarity among NGOs: the MEA is evidence that this is possible.
Stockholm, 5/12/03
Copyright 1994-2003 Martin Ennals Foundation
Quelle: Martin Ennals Award for Human Rights Defenders
23.09.2003
Die Internationale Gesellschaft MEMORIAL wird auf der Frankfurter Buchmesse 2003 mit einem eigenen Stand vertreten sein sowie in Zusammenarbeit mit der Heinrich-Böll-Stiftung die Ausstellung "Langes Echo: Russland im 20. Jahrhundert: Konstanten und Variablen" präsentieren. Nachfolgend der Veranstaltungsplan von MEMORIAL: Donnerstag, 9 Oktober 17:00-18:30 Uhr Buchpräsentation "Russlands Gedächtnis. Jugendliche entdecken vergessene Lebensgeschichten" (Memorial-Körber-Stiftung) und Diskussion: "Braucht Russland ein anderes historisches Gedächtnis?" Fritz Pleitgen im Gespräch mit der Menschenrechtsorganisation MEMORIAL und Russlandexperten über die "Gegenwart der Vergangenheit" in Russland. TeilnehmerInnen: Gernot Erler (MdB, SPD), Arsenij Roginskij (Memorial) Gabriele Bucher-Dinc (Körber-Stiftung), Katja Gloger (Stern), Sonja Margolina (Journalistin). Irina Scherbakowa (Memorial) Empfang im Forum. Veranstalter: Körber-Stiftung( Hambug) und MEMORIAL (Moskau) Ort: Mittel- und Osteuropaforum der Frankfurter Buchmesse, Halle 5.0 Freitag, 10. Oktober 17.30-18.15 Uhr Pressekonferenz/Eröffnung der Ausstellung "Langes Echo": Alexander Jakowlew (Vorsitzender der Rehabilitierungskommission beim Präsidenten der Russischen Föderation) eröffnet die Ausstellung "Langes Echo - Variablen und Kontinuitäten im Russland des XX. Jahrhunderts". TeilnehmerInnen: Arsenij Roginskij (Memorial), Jens Siegert (Heinrich-Böll-Stiftung), Irina Scherbakowa (Memorial), Pawel Poljan (Institut für Geographie der Akademie der Wissenschaften der RF), Marckus Meckel (MdB, SPD. Veranstalter:Heinrich-Böll-Stiftung (Berlin) und MEMORIAL (Moskau) Ort: Stand Memorial, bei Ausstellung "Langes Echo", Halle 5.0, C942-44 18.30-20.00 Uhr Podiumsdiskussion "Russlands Vergangenheit heute - Langes Echo" Deutsche Politiker und Historiker im Gespräch mit russischen Historikern und Menschenrechtlern über die Mythen und Stereotypen der heutigen und der vergangenen Epoche in Russland. TeilnehmerInnen: Elisabeth Weber (Moderation), Arsenij Roginskij (Memorial), Alexander Jakowlew (Stiftung der Demokratie), Wolfgang Eichwede (Osteuropa-Institut, Universität Bremen) Marcus Meckel(MdB, SPD) Veranstalter:Heinrich-Böll-Stiftung (Berlin) und MEMORIAL (Moskau) Ort: Forum Halle 5.0 20.00 Emfang am Stand von Memorial (Halle 5.0, C942) Samstag, 11. Oktober 11.30-13.30 Uhr Buchvorstellung "Die Häftlinge von Algier" Diskussion "Das Frauengesicht des GULAG" TeilnehmerInnen: Ljudmila Ulitzkaja(Moskau) Irina Scherbakowa (Memorial), Marina Beyer (OWEN), Veranstalter: Heinrich-Böll-Stiftung(Berlin) und MEMORIAL, Moskau Ort: Stand Memorial, Halle 5.0, C942 19.30-22.00 Uhr Roundtable zum Thema "Welche Vergangenheit braucht Russland?" TeilnehmerInnen: Gerd Koenen (Moderation), Elena Zhemkova, Swetlana Gannuschkina, Irina Scherbakowa und Arseni Roginski Alexander Tscherkassow (Memorial Moskau), Jörg Baberowski, (Humboldt-Universität Berlin, Frank Westerman ( Amsterdam) Mitveranstalter: Palais Jalta e.V. (Frankfurt) und Heinrich Böll Stiftung (Berlin) Im Anschluss (ab 22.00 Uhr) ein West-östlicher Diwan mit Büffet, Musik und Gesprächen zum Ausklang der Messe und zum Abschied vom Palais Jalta, dem 1989 gegründeten Ost/Westeuropäischen Kulturzentrum in Frankfurt am Main Diese Veranstaltung findet in den Räumen der ehemaligen Theologischen Zentralbibiliothek, Römerberg 9, 60311 Frankfurt, statt. Sonntag 12.Oktober 15.30-17.00 Uhr Diskussion : "Menschenrechte in Russland heute. Flüchtlinge. Ethnische Diskriminierung" Russische und deutsche Politiker, Journalisten, Historiker im Gespräch über die Menschenrechtssituation im heutigen Russland TeilnehmerInnen: Jens Siegert (Moderation), Swetlana Gannuschkina (Memorial), Alexander Tscherkassow (Memorial), Gerd Poppe ( Heinrich Boell- Stiftung ), Veranstalter: Heinrich-Böll-Stiftung(Berlin) und MEMORIAL, Moskau Ort: Forum Halle 5.0.
20.08.2003
Am 14.08.03 wurde das Büro von MEMORIAL St. Petersburg überfallen. Ziel der Aktion war das gesammelte Datenmaterial der Organisation. Die maskierten und mit Hämmern bewaffneten Männer gaben sich als Sympathisanten des kürzlich verurteilten Oberst Budanow aus. Laptop, Organiser und private Datenträger der Mitarbeiter wurden gestohlen. Die Mitarbeiter selbst waren in einen Nebenraum gefesselt und später durch Passanten befreit worden.
MEMORIAL St. Petersburg leistet vor allem praktische Hilfe zur Verbesserung der sozialen und rechtlichen Situation ehemals Verfolgter. Weitere Arbeitsschwerpunkte sind die aktuelle Menschenrechtsarbeit und die Aufarbeitung der Geschichte.
Auch das Moskauer Büro der Organisation wurde vor kurzem Opfer gezielter Störaktionen. Die von MEMORIAL Moskau betriebene Site www.kavkaz.memorial.de, auf der Nachrichten über die aktuelle Lage in Tschetschenien abgerufen werden können, wurde von Hackern gezielt angegriffen und konnte kurzzeitig nicht mehr aufgerufen werden.
Das MEMORIAL-Büro in Grosny ist im Juli vergangenen Jahres im Zuge einer "Säuberungsaktion" überfallen worden.
(05.06.2003)
Kowaljow (Dumaabgeordneter/Vorstand Memorial) und Orlow (Vorstand Memorial) sind Mitunterzeichner einer Erklärung vom 05.06.03, deren Autoren tiefe Besorgnis über die jüngste Eskalation des Krieges in Tschetschenien zum Ausdruck bringen.
Seit Durchführung des Verfassungsreferendums im März habe sich die dortige Lage nur noch verschärft. Die Hoffnung auf mehr Sicherheit, die die Menschen zur Teilnahme am Referendum bewog, sei nicht erfüllt worden. Im Gegenteil, neue Terroranschläge durch unabhängig operierende Selbstmordattentäter ließen befürchten, dass es zu einer "Palästinisierung" des Konflikts komme.
Direkte Gespräche zwischen der Föderation und dem politischen Flügel der Rebellen seien dringend erforderlich, solange dieser als Gesprächspartner überhaupt noch zur Verfügung stehe. Putin und Maschadow werden aufgefordert, gemeinsam der katastrophalen Radikalisierung des Krieges entgegenzutreten. Die politische Initiative müsse vom Kreml ausgehen. Umfragen zufolge würden mehr als 60% der russischen Bevölkerung eine friedliche Lösung des Konflikts befürworten.
Den Wortlaut der Erklärung in russischer Sprache finden Sie auf www.memo.ru
Der furchtbare Terroranschlag, der am gestrigen 12. Mai 2003 im tschetschenischen Snamenskoje verübt wurde, forderte mehr als 50 Menschleben.
Die Mehrzahl der Toten und Verwundeten sind Zivilisten, obgleich der Anschlag offensichtlich gegen die Bezirksämter des Innenministeriums und des Föderalen Sicherheitsdienstes FSB gerichtet war. Die Terroristen haben die Opfer unter den Bewohnern der benachbarten Häuser wissentlich in Kauf genommen. Der Tod von Zivilisten macht allen -vor allem den Bewohnern Tschetscheniens - klar, dass den Auftraggebern, Planern und Vollstreckern von Terrorakten das Leben gänzlich unschuldiger Menschen gleichgültig ist. Die Antwort der Streitkräfte der Föderation lässt sich aufgrund des bisherigen Verlaufs des "Zweiten Tschetschenienkriegs" voraussagen: "Sonderoperationen", bei denen die Festgenommenen ermordet werden oder verschwinden, Folter und Gewaltanwendung gegenüber Zivilisten.
Der Kampf gegen den Terrorismus muss geführt werden, und der russische Staat hat die Pflicht, die erforderlichen Maßnahmen zum Schutz seiner Bürger vor diesem Übel zu unternehmen. Ebenso offensichtlich ist jedoch, dass der Terrorismus mit Mitteln des Terrorismus nicht besiegt werden kann. Nur eine politische Lösung kann dem Terrorismus im Nordkaukasus ernsthaft gefährlich werden und ihm den Boden unter den Füßen entziehen.
Der Staat hat jedoch anders entschieden. Das sogenannte "Referendum" in Tschetschenien ist nur dem Schein nach eine Willensäußerung des Volkes, der Beginn eines politischen Prozesses wird vorgetäuscht und steht in keinerlei realem Bezug zur Lösung des Konflikts. Hinter der Fassade geht der Kreislauf der Gewalt weiter: Terror gegenüber der Bevölkerung Tschetscheniens durch die Streitkräfte der Föderation einerseits und Sabotage und Anschläge der Rebellen andererseits.
Es ist dringend erforderlich, den Teufelskreis der Gewalt zu durchbrechen und tatsächlich eine politische Lösung des bewaffneten Konflikts in der Republik Tschetschenien einzuleiten.
Der Vorstand der internationalen Menschenrechtsgesellschaft MEMORIAL
13.5.2003